bet/ mangelt an dem Catechismo nicht/ aber an den lehrhafften Cateche- ten gar sehr. Catechismus sufficit, sed catechesis deficit; bevorab wann man Narren über die Eyer setzt/ und die promotiones in casu obli- quo anstellt. Unzehlbar viel methodi studendi seynd erdacht/ und an Tag gegeben worden/ es mangelt aber allenthalben am rechten. Wer den- selben wolte einführen/ der wird neue Götter predigen/ wie weit aber vom rechten Zweck der Christlichen Schulen abgesprungen (damit wir aus dem recto obliquum, aus dem Geraden das Krumme erkennen lernen) ausEngl. Christen- Schutz conc. 8. p. 149. dem Bethel ein Bethaven/ aus Gottes-Haus ein Götzen- Spiel-Trutz-Spott- und Mord-Haus worden/ das ist an- derswo ausgeführet worden. Eigene Ehre herrschet in unsern Schulen für Christi Ehre. Wie die Heyden nichts anders gelehret/ getrieben und gesucht/ als eigene Ehre/ daß sie in der Welt möchten grosse Leute werden/ einen unsterblichen Namen nach dem Tode zu haben/ sich beworben. Massen Augustinus in seinem ersten Beicht-Buche c. 9. hierüber eine erbärmliche Klage führet. Mihi puero proponebatur obtem perare monentibus, ut in hoc seculo florerem, & excellerem linguosis artibus ad hono- rem hominum. Das ist/ als ich noch ein Knabe war/ wurde mir vorge- tragen/ daß ich denen/ so mich anreitzten/ gehorchen solte/ wie ich nemlich in der Welt groß würde/ und in der Wolredenheit fürtreffe/ zu keinem an- dern Zweck/ als menschlicher Ehre.
So sind unserer Studenten Hertzen mit der Vanität und eigenen Ehrsucht dermassen inficirt und eingenommen/ daß Christo und seiner Ehre nichts überblieben. Christi gründliche Erkäntnuß findet (wie dort zu Bethlehem) kein Raum in der Gelehrten Herberge sondern er muß mit seinen Jüngern und Aposteln exuliren. Er wird aus der Schule zu Nazareth hinaus gestossen/ Moses und die Propheten/ Pau- lus und die Apostel/ werden gleichsam per ostracismum abgewiesen/ die gute disciplin wird conculcirt und mit Füssen getretten und fürchten sich die Schüler mehr für einem Soloecismo in der Gramm atic, als in der Ethic. Welches auch Augustinus gebeichtet lib. 1. confess. c. 19. Horum ergo puer morum in limine jacebam miser, & hujus arenae palaestra erat illa, ubi magis timebam barbarismum facere, quam cavebam, si facerem, non facientibus invi- derem. Pater meus non detegit, qualis crescerem tibi, aut quam castus essem dummodo essem disertus, vel desertus potius a cultura tua, Deus. Quin imo, ubi me ille pater in balneis vidit pubescentem, & inquieta indutum adolescentia, quasi jam ex hoc in nepotes gestiret, gaudens matri indicavit, gaudens vinolen- tia. Welch ein corrupt Wesen in den hohen Schulen grassirt/ darvon
seynd
Achter Theil. F f f f f
Predigt.
bet/ mangelt an dem Catechiſmo nicht/ aber an den lehrhafften Cateche- ten gar ſehr. Catechiſmus ſufficit, ſed catecheſis deficit; bevorab wann man Narren uͤber die Eyer ſetzt/ und die promotiones in caſu obli- quo anſtellt. Unzehlbar viel methodi ſtudendi ſeynd erdacht/ und an Tag gegeben worden/ es mangelt aber allenthalben am rechten. Wer den- ſelben wolte einfuͤhren/ der wird neue Goͤtter predigen/ wie weit aber vom rechten Zweck deꝛ Chriſtlichen Schulen abgeſprungen (damit wir aus dem recto obliquum, aus dem Geraden das Krumme erkennen lernen) ausEngl. Chriſten- Schutz conc. 8. p. 149. dem Bethel ein Bethaven/ aus Gottes-Haus ein Goͤtzen- Spiel-Trutz-Spott- und Mord-Haus worden/ das iſt an- derswo ausgefuͤhret worden. Eigene Ehre herꝛſchet in unſern Schulen fuͤr Chriſti Ehre. Wie die Heyden nichts anders gelehret/ getrieben und geſucht/ als eigene Ehre/ daß ſie in der Welt moͤchten groſſe Leute werden/ einen unſterblichen Namen nach dem Tode zu habẽ/ ſich beworben. Maſſen Auguſtinus in ſeinem erſten Beicht-Buche c. 9. hieruͤber eine erbaͤrmliche Klage fuͤhret. Mihi puero proponebatur obtem perare monentibus, ut in hoc ſeculo florerem, & excellerem linguoſis artibus ad hono- rem hominum. Das iſt/ als ich noch ein Knabe war/ wurde mir vorge- tragen/ daß ich denen/ ſo mich anreitzten/ gehorchen ſolte/ wie ich nemlich in der Welt groß wuͤrde/ und in der Wolredenheit fuͤrtreffe/ zu keinem an- dern Zweck/ als menſchlicher Ehre.
So ſind unſerer Studenten Hertzen mit der Vanitaͤt und eigenen Ehrſucht dermaſſen inficirt und eingenommen/ daß Chriſto und ſeiner Ehre nichts uͤberblieben. Chriſti gruͤndliche Erkaͤntnuß findet (wie dort zu Bethlehem) kein Raum in der Gelehrten Herberge ſondern er muß mit ſeinen Juͤngern und Apoſteln exuliren. Er wird aus der Schule zu Nazareth hinaus geſtoſſen/ Moſes und die Propheten/ Pau- lus und die Apoſtel/ werden gleichſam per oſtraciſmum abgewieſen/ die gute diſciplin wird conculcirt und mit Fuͤſſen getretten und fuͤrchten ſich die Schuͤler mehr fuͤr einem Solœciſmo in der Gram̃ atic, als in der Ethic. Welches auch Auguſtinus gebeichtet lib. 1. confeſſ. c. 19. Horum ergo puer morum in limine jacebam miſer, & hujus arenæ palæſtra erat illa, ubi magis timebam barbariſmum facere, quàm cavebam, ſi facerem, non facientibus invi- derem. Pater meus non detegit, qualis creſcerem tibi, aut quàm caſtus eſſem dummodò eſſem diſertus, vel deſertus potiùs à cultura tua, Deus. Quin imò, ubi me ille pater in balneis vidit pubeſcentem, & inquieta indutum adoleſcentia, quaſi jam ex hoc in nepotes geſtiret, gaudens matri indicavit, gaudens vinolen- tia. Welch ein corrupt Weſen in den hohen Schulen graſſirt/ darvon
ſeynd
Achter Theil. F f f f f
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Predigt.
bet/ mangelt an dem Catechiſmo nicht/ aber an den lehrhafften Cateche-
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Tag gegeben worden/ es mangelt aber allenthalben am rechten. Wer den-
ſelben wolte einfuͤhren/ der wird neue Goͤtter predigen/ wie weit aber vom
rechten Zweck deꝛ Chriſtlichen Schulen abgeſprungen (damit wir aus dem
recto obliquum, aus dem Geraden das Krumme erkennen lernen) aus
dem Bethel ein Bethaven/ aus Gottes-Haus ein Goͤtzen-
Spiel-Trutz-Spott- und Mord-Haus worden/ das iſt an-
derswo ausgefuͤhret worden. Eigene Ehre herꝛſchet in unſern Schulen
fuͤr Chriſti Ehre. Wie die Heyden nichts anders gelehret/ getrieben und
geſucht/ als eigene Ehre/ daß ſie in der Welt moͤchten groſſe Leute werden/
einen unſterblichen Namen nach dem Tode zu habẽ/ ſich beworben. Maſſen
Auguſtinus in ſeinem erſten Beicht-Buche c. 9. hieruͤber eine erbaͤrmliche
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ut in hoc ſeculo florerem, & excellerem linguoſis artibus ad hono-
rem hominum. Das iſt/ als ich noch ein Knabe war/ wurde mir vorge-
tragen/ daß ich denen/ ſo mich anreitzten/ gehorchen ſolte/ wie ich nemlich in
der Welt groß wuͤrde/ und in der Wolredenheit fuͤrtreffe/ zu keinem an-
dern Zweck/ als menſchlicher Ehre.
Engl.
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Schutz
conc. 8.
p. 149.
So ſind unſerer Studenten Hertzen mit der Vanitaͤt und eigenen
Ehrſucht dermaſſen inficirt und eingenommen/ daß Chriſto und ſeiner
Ehre nichts uͤberblieben. Chriſti gruͤndliche Erkaͤntnuß findet (wie dort
zu Bethlehem) kein Raum in der Gelehrten Herberge ſondern
er muß mit ſeinen Juͤngern und Apoſteln exuliren. Er wird aus der
Schule zu Nazareth hinaus geſtoſſen/ Moſes und die Propheten/ Pau-
lus und die Apoſtel/ werden gleichſam per oſtraciſmum abgewieſen/ die
gute diſciplin wird conculcirt und mit Fuͤſſen getretten und fuͤrchten ſich
die Schuͤler mehr fuͤr einem Solœciſmo in der Gram̃ atic, als in der Ethic.
Welches auch Auguſtinus gebeichtet lib. 1. confeſſ. c. 19. Horum ergo puer
morum in limine jacebam miſer, & hujus arenæ palæſtra erat illa, ubi magis
timebam barbariſmum facere, quàm cavebam, ſi facerem, non facientibus invi-
derem. Pater meus non detegit, qualis creſcerem tibi, aut quàm caſtus eſſem
dummodò eſſem diſertus, vel deſertus potiùs à cultura tua, Deus. Quin imò, ubi
me ille pater in balneis vidit pubeſcentem, & inquieta indutum adoleſcentia,
quaſi jam ex hoc in nepotes geſtiret, gaudens matri indicavit, gaudens vinolen-
tia. Welch ein corrupt Weſen in den hohen Schulen graſſirt/ darvon
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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/801>, abgerufen am 23.11.2024.
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