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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Die drey und zwantzigste
und Früchte heisset/ denn es ist bald gesagt/ das ist eine Feige/
oder eine Distel/ ein guter Apffel/ oder saure Schlehen/ und
mit den Augen und Vernunfft leicht zusehen und verstehen/
aber da es Christus hinzeucht/ ist unmüglich/ ohne allein
durch den geistlichen Verstand/ nach Gottes Wort zu örte-
ren. Denn wir haben droben gehöret/ wie dieselbige falsche
Lehrer bringen solchen Schein und glatte Wort/ daß die
Vernunfft nicht vermag zu richten/ noch sich kan dafür hü-
ten. Ja es ist eben solche Lehre und Leben/ die aus der Ver-
nunfft gewachsen und ihr gemäß ist/ und uns natürlich wol
gefällt/ weil sie von unserm eigen Thun und Wercken leh-
ret/ so wir verstehen und vermögen/ das heißt aber kürtzlich
ein guter Baum der gute Früchte bringet/ der da lebt/ und
sein Wesen und Wandel führet nach Gottes Wort rein und
lauter.
Als da ist der gantze Anti-Decalogus, die umbgekehrete/ wider-
wärtige Zehen Gebot/ Lügen und Mord/ beyde deß Obersten Jrrgeistes
Characteres, wie auch Sicherheit/ Verzweiffelung/ Aergernuß/ vid. Salv.
Reform. p. 442. 451. 500. 510. Hodomor. Spir. Pap. & Calv. Fideifra-
gium & Regicidium Papaeo Spiritui objicit Spiritus Calvini; sed &
eadem spiritus Papaeus spiritui Calv. Rosv veyd Lojolita dissert. de
fid. Haeret. serv. c. 17. p. 190. & seqq. decis. Sax. p.
198. Theils aus dem
Ursprung/ daraus ein und die andere Lehre gesogen worden/ aus der ver-
dächtigen Tradition vergiffteter Vernunfft/ träumender Phantasey/ oder
den ungezweiffelten Schrifften der Propheten und Aposteln/ theils aus der
degustation oder Versuch derselben/ doch als wie Christus den Essig ver-
sucht und wiederumb außgespiehen. Timete (ait Augustinus Tract. 6. in Joh.
p. 62.) insidias, imo cavete & excipite verba contradicentium respuenda, non
transglutienda & visceribus danda. Facite inde, quod fecit Dominus, quando
illi obtulerunt amarum potum. Gustavit & respuit: sic & abjicite
.

Es bestehet 2. der methodus medendi, die geistliche Artzney-Kunst
en diakrisei, in der Unterscheidung deß guten und bösen/ dessen was
wahr und gut/ und was falsch und böse. Welcher Sensus numinis ve-
rus,
welcher der wahre ungezweiffelte Sinn von GOtt und Göttlichen
Sachen sey/ und welcher nicht sey? wie man an GOtt recht glauben/ recht
von ihm halten und reden soll/ und welches die Colores, Larven und Far-
ben seyn/ damit man die Göttliche Warheit verdunckelt/ verfälscht/ GOtt
und sein Wort anders einbildet/ als es in der Warheit ist/ und also der
Unterscheid deß Liechts und Finsternuß/ deß Tags und der Nacht/ War-

heit

Die drey und zwantzigſte
und Fruͤchte heiſſet/ denn es iſt bald geſagt/ das iſt eine Feige/
oder eine Diſtel/ ein guter Apffel/ oder ſaure Schlehen/ und
mit den Augen und Vernunfft leicht zuſehen und verſtehen/
aber da es Chriſtus hinzeucht/ iſt unmuͤglich/ ohne allein
durch den geiſtlichen Verſtand/ nach Gottes Wort zu oͤrte-
ren. Denn wir haben droben gehoͤret/ wie dieſelbige falſche
Lehrer bringen ſolchen Schein und glatte Wort/ daß die
Vernunfft nicht vermag zu richten/ noch ſich kan dafuͤr huͤ-
ten. Ja es iſt eben ſolche Lehre und Leben/ die aus der Ver-
nunfft gewachſen und ihr gemaͤß iſt/ und uns natuͤrlich wol
gefaͤllt/ weil ſie von unſerm eigen Thun und Wercken leh-
ret/ ſo wir verſtehen und vermoͤgen/ das heißt aber kuͤrtzlich
ein guter Baum der gute Fruͤchte bringet/ der da lebt/ und
ſein Weſen und Wandel fuͤhret nach Gottes Wort rein und
lauter.
Als da iſt der gantze Anti-Decalogus, die umbgekehrete/ wider-
waͤrtige Zehen Gebot/ Luͤgen und Mord/ beyde deß Oberſten Jrrgeiſtes
Characteres, wie auch Sicherheit/ Verzweiffelung/ Aergernuß/ vid. Salv.
Reform. p. 442. 451. 500. 510. Hodomor. Spir. Pap. & Calv. Fideifra-
gium & Regicidium Papæo Spiritui objicit Spiritus Calvini; ſed &
eadem ſpiritus Papæus ſpiritui Calv. Roſv veyd Lojolita diſſert. de
fid. Hæret. ſerv. c. 17. p. 190. & ſeqq. deciſ. Sax. p.
198. Theils aus dem
Urſprung/ daraus ein und die andere Lehre geſogen worden/ aus der ver-
daͤchtigen Tradition vergiffteter Vernunfft/ traͤumender Phantaſey/ oder
den ungezweiffelten Schrifften der Propheten und Apoſteln/ theils aus der
deguſtation oder Verſuch derſelben/ doch als wie Chriſtus den Eſſig ver-
ſucht und wiederumb außgeſpiehen. Timete (ait Auguſtinus Tract. 6. in Joh.
p. 62.) inſidias, imò cavete & excipite verba contradicentium reſpuenda, non
transglutienda & viſceribus danda. Facite inde, quod fecit Dominus, quando
illi obtulerunt amarum potum. Guſtavit & reſpuit: ſic & abjicite
.

Es beſtehet 2. der methodus medendi, die geiſtliche Artzney-Kunſt
ἐν διακρίσει, in der Unterſcheidung deß guten und boͤſen/ deſſen was
wahr und gut/ und was falſch und boͤſe. Welcher Senſus numinis ve-
rus,
welcher der wahre ungezweiffelte Sinn von GOtt und Goͤttlichen
Sachen ſey/ und welcher nicht ſey? wie man an GOtt recht glauben/ recht
von ihm halten und reden ſoll/ und welches die Colores, Larven und Far-
ben ſeyn/ damit man die Goͤttliche Warheit verdunckelt/ verfaͤlſcht/ GOtt
und ſein Wort anders einbildet/ als es in der Warheit iſt/ und alſo der
Unterſcheid deß Liechts und Finſternuß/ deß Tags und der Nacht/ War-

heit
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[710/0734] Die drey und zwantzigſte und Fruͤchte heiſſet/ denn es iſt bald geſagt/ das iſt eine Feige/ oder eine Diſtel/ ein guter Apffel/ oder ſaure Schlehen/ und mit den Augen und Vernunfft leicht zuſehen und verſtehen/ aber da es Chriſtus hinzeucht/ iſt unmuͤglich/ ohne allein durch den geiſtlichen Verſtand/ nach Gottes Wort zu oͤrte- ren. Denn wir haben droben gehoͤret/ wie dieſelbige falſche Lehrer bringen ſolchen Schein und glatte Wort/ daß die Vernunfft nicht vermag zu richten/ noch ſich kan dafuͤr huͤ- ten. Ja es iſt eben ſolche Lehre und Leben/ die aus der Ver- nunfft gewachſen und ihr gemaͤß iſt/ und uns natuͤrlich wol gefaͤllt/ weil ſie von unſerm eigen Thun und Wercken leh- ret/ ſo wir verſtehen und vermoͤgen/ das heißt aber kuͤrtzlich ein guter Baum der gute Fruͤchte bringet/ der da lebt/ und ſein Weſen und Wandel fuͤhret nach Gottes Wort rein und lauter. Als da iſt der gantze Anti-Decalogus, die umbgekehrete/ wider- waͤrtige Zehen Gebot/ Luͤgen und Mord/ beyde deß Oberſten Jrrgeiſtes Characteres, wie auch Sicherheit/ Verzweiffelung/ Aergernuß/ vid. Salv. Reform. p. 442. 451. 500. 510. Hodomor. Spir. Pap. & Calv. Fideifra- gium & Regicidium Papæo Spiritui objicit Spiritus Calvini; ſed & eadem ſpiritus Papæus ſpiritui Calv. Roſv veyd Lojolita diſſert. de fid. Hæret. ſerv. c. 17. p. 190. & ſeqq. deciſ. Sax. p. 198. Theils aus dem Urſprung/ daraus ein und die andere Lehre geſogen worden/ aus der ver- daͤchtigen Tradition vergiffteter Vernunfft/ traͤumender Phantaſey/ oder den ungezweiffelten Schrifften der Propheten und Apoſteln/ theils aus der deguſtation oder Verſuch derſelben/ doch als wie Chriſtus den Eſſig ver- ſucht und wiederumb außgeſpiehen. Timete (ait Auguſtinus Tract. 6. in Joh. p. 62.) inſidias, imò cavete & excipite verba contradicentium reſpuenda, non transglutienda & viſceribus danda. Facite inde, quod fecit Dominus, quando illi obtulerunt amarum potum. Guſtavit & reſpuit: ſic & abjicite. Es beſtehet 2. der methodus medendi, die geiſtliche Artzney-Kunſt ἐν διακρίσει, in der Unterſcheidung deß guten und boͤſen/ deſſen was wahr und gut/ und was falſch und boͤſe. Welcher Senſus numinis ve- rus, welcher der wahre ungezweiffelte Sinn von GOtt und Goͤttlichen Sachen ſey/ und welcher nicht ſey? wie man an GOtt recht glauben/ recht von ihm halten und reden ſoll/ und welches die Colores, Larven und Far- ben ſeyn/ damit man die Goͤttliche Warheit verdunckelt/ verfaͤlſcht/ GOtt und ſein Wort anders einbildet/ als es in der Warheit iſt/ und alſo der Unterſcheid deß Liechts und Finſternuß/ deß Tags und der Nacht/ War- heit

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/734>, abgerufen am 22.11.2024.