Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Die neunzehende
dicit. Luth. ad h. l. Tom. 3. Lat.) Er seye der zum Himmelreich Schriff-
gelehrte/ der aus seinem (wiewol nicht eigenen) Schatz könne herfür ge-
ben Neues und Altes/ das ist/ aus dem Alten und Neuen Testament/ die er
außwendig gelernet/ daher recitiren/ und Schülerisch auffsagen/ der sich
bedüncken lasse/ wann er ohne Rhetoric und Zierlichkeit der Wort daher
rede/ so sey er der ander Paulus/ der auch mit hohen Worten menschlicher
Weißheit nichts wollen zu thun haben/ da er doch wegen seiner Wolredenheit
von den Heyden zu Lystra für Mercurium angesehen und gehört worden.
Mancher meynt/ wann er den Kopff grösser oder wol so groß mache als
den Leib/ er habe gar geschickt geprediget/ aber im Maccab. 2. v. ult. sagt
der Autor/ Es soll die Vorrede nicht grösser reden als die gantze
Historie.
Matthes. in Syrac. 21. p. 142. gibt manchem einen Haarrupff/
wann er schreibt (*). Aus folgenden Predigten wird zu vernehmen seyn/
wie so gar viel zur rechten erbaulichen didactic und zum heylsamen Lehr-
Ampt erfordert werde/ welch inbrünstig Gebet? welche Gelehrsamkeit?
daß der HErr erwecken wolle/ das Ohr alle Morgen zu hören/ wie ein
Jünger/ Lobsaget ihm klüglich. Er wil/ daß man im Pre-
digen das Wort mit Fleiß handele/ und darauff bleibe/
nicht hinein schreye und plaudere/ wie die wilde wüste
Schreyer und Speyer und freche Prediger/ die da reden was

D. Diete-
rich in Ec-
cles. part. 2.
p.
103.
sie dünckt. Da gehört nun allerseits ein Kopff zu/ es gehö-
ret sonderbarer Verstand und Discretion zu/ es gehöret ein
sonderbarer Fleiß/ Mühe und Arbeit darzu/ daß es hie mit
dem Postilliren nicht außgericht/ daß einer entweder ein
Maul voll aus einer Postill fassen/ damit auf die Cantzel tre-
ten/ und den Leuten die Ohren füllen/ oder aber eine Predigt
gantz unstudiret/ aus dem Ermel heraus schütteln/ ein ledi-
ges Wort-
dicentes machen/ ohn einige disposition und Ord-

nung
(*) Jst der Zanck von drey jungen Zicklein/ so sagen sie vom Mithridatischen
Kriege/ sollen sie von der Geburt des HErrn Christi ein Sermon thun/ so ma-
chen sie ein Geschmetter her von des Käysers Augusti Schatzung/ und fahen ein
greßlich und heßlich Zettergeschrey an/ als wären sie rasend wider die Obrig-
keit/ sollen sie von der Aufferstebung und Sieg deß HErrn Christi predigen/ so
sagen sie vom Fladen-backen/ so sie doch kein Pfannenkuchen zu commandiren
und zu comediren/ weder zu lehren noch zu essen haben/ Summa/ Narren neh-
men alles mit/ grüssen jederman/ erregen alles/ confutiren und widerlegen al-
les/ und werffen das hundert ins tausende/ daß niemand weiß/ wo Thrumb oder
Ende ist.

Die neunzehende
dicit. Luth. ad h. l. Tom. 3. Lat.) Er ſeye der zum Him̃elreich Schriff-
gelehrte/ der aus ſeinem (wiewol nicht eigenen) Schatz koͤnne herfuͤr ge-
ben Neues und Altes/ das iſt/ aus dem Alten und Neuen Teſtament/ die er
außwendig gelernet/ daher recitiren/ und Schuͤleriſch auffſagen/ der ſich
beduͤncken laſſe/ wann er ohne Rhetoric und Zierlichkeit der Wort daher
rede/ ſo ſey er der ander Paulus/ der auch mit hohen Worten menſchlicher
Weißheit nichts wollẽ zu thun haben/ da er doch wegen ſeiner Wolredenheit
von den Heyden zu Lyſtra fuͤr Mercurium angeſehen und gehoͤrt worden.
Mancher meynt/ wann er den Kopff groͤſſer oder wol ſo groß mache als
den Leib/ er habe gar geſchickt geprediget/ aber im Maccab. 2. v. ult. ſagt
der Autor/ Es ſoll die Vorrede nicht groͤſſer reden als die gantze
Hiſtorie.
Mattheſ. in Syrac. 21. p. 142. gibt manchem einen Haarrupff/
wann er ſchreibt (*). Aus folgenden Predigten wird zu vernehmen ſeyn/
wie ſo gar viel zur rechten erbaulichen didactic und zum heylſamen Lehr-
Ampt erfordert werde/ welch inbruͤnſtig Gebet? welche Gelehrſamkeit?
daß der HErr erwecken wolle/ das Ohr alle Morgen zu hoͤren/ wie ein
Juͤnger/ Lobſaget ihm kluͤglich. Er wil/ daß man im Pre-
digen das Wort mit Fleiß handele/ und darauff bleibe/
nicht hinein ſchreye und plaudere/ wie die wilde wuͤſte
Schreyer und Speyer und freche Prediger/ die da reden was

D. Diete-
rich in Ec-
cleſ. part. 2.
p.
103.
ſie duͤnckt. Da gehoͤrt nun allerſeits ein Kopff zu/ es gehoͤ-
ret ſonderbarer Verſtand und Diſcretion zu/ es gehoͤret ein
ſonderbarer Fleiß/ Muͤhe und Arbeit darzu/ daß es hie mit
dem Poſtilliren nicht außgericht/ daß einer entweder ein
Maul voll aus einer Poſtill faſſen/ damit auf die Cantzel tre-
ten/ und den Leuten die Ohren fuͤllen/ oder aber eine Predigt
gantz unſtudiret/ aus dem Ermel heraus ſchuͤtteln/ ein ledi-
ges Wort-
dicentes machen/ ohn einige diſpoſition und Ord-

nung
(*) Jſt der Zanck von drey jungen Zicklein/ ſo ſagen ſie vom Mithridatiſchen
Kriege/ ſollen ſie von der Geburt des HErrn Chriſti ein Sermon thun/ ſo ma-
chen ſie ein Geſchmetter her von des Kaͤyſers Auguſti Schatzung/ und fahen ein
greßlich und heßlich Zettergeſchrey an/ als waͤren ſie raſend wider die Obrig-
keit/ ſollen ſie von der Aufferſtebung und Sieg deß HErrn Chriſti predigen/ ſo
ſagen ſie vom Fladen-backen/ ſo ſie doch kein Pfannenkuchen zu commandiren
und zu comediren/ weder zu lehren noch zu eſſen haben/ Summa/ Narren neh-
men alles mit/ gruͤſſen jederman/ erregen alles/ confutiren und widerlegen al-
les/ und werffen das hundert ins tauſende/ daß niemand weiß/ wo Thrumb oder
Ende iſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0640" n="616"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die neunzehende</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">dicit. Luth. ad h. l. Tom. 3. Lat.</hi>) Er &#x017F;eye der zum Him&#x0303;elreich Schriff-<lb/>
gelehrte/ der aus &#x017F;einem (wiewol nicht eigenen) Schatz ko&#x0364;nne herfu&#x0364;r ge-<lb/>
ben Neues und Altes/ das i&#x017F;t/ aus dem Alten und Neuen Te&#x017F;tament/ die er<lb/>
außwendig gelernet/ daher <hi rendition="#aq">reciti</hi>ren/ und Schu&#x0364;leri&#x017F;ch auff&#x017F;agen/ der &#x017F;ich<lb/>
bedu&#x0364;ncken la&#x017F;&#x017F;e/ wann er ohne <hi rendition="#aq">Rhetoric</hi> und Zierlichkeit der Wort daher<lb/>
rede/ &#x017F;o &#x017F;ey er der ander Paulus/ der auch mit hohen Worten men&#x017F;chlicher<lb/>
Weißheit nichts wolle&#x0303; zu thun haben/ da er doch wegen &#x017F;einer Wolredenheit<lb/>
von den Heyden zu Ly&#x017F;tra fu&#x0364;r Mercurium ange&#x017F;ehen und geho&#x0364;rt worden.<lb/>
Mancher meynt/ wann er den Kopff gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er oder wol &#x017F;o groß mache als<lb/>
den Leib/ er habe gar ge&#x017F;chickt geprediget/ aber im Maccab. 2. <hi rendition="#aq">v. ult.</hi> &#x017F;agt<lb/>
der Autor/ <hi rendition="#fr">Es &#x017F;oll die Vorrede nicht gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er reden als die gantze<lb/>
Hi&#x017F;torie.</hi> <hi rendition="#aq">Matthe&#x017F;. in Syrac. 21. p.</hi> 142. gibt manchem einen Haarrupff/<lb/>
wann er &#x017F;chreibt <note place="foot" n="(*)">J&#x017F;t der Zanck von drey jungen Zicklein/ &#x017F;o &#x017F;agen &#x017F;ie vom Mithridati&#x017F;chen<lb/>
Kriege/ &#x017F;ollen &#x017F;ie von der Geburt des HErrn Chri&#x017F;ti ein Sermon thun/ &#x017F;o ma-<lb/>
chen &#x017F;ie ein Ge&#x017F;chmetter her von des Ka&#x0364;y&#x017F;ers Augu&#x017F;ti Schatzung/ und fahen ein<lb/>
greßlich und heßlich Zetterge&#x017F;chrey an/ als wa&#x0364;ren &#x017F;ie ra&#x017F;end wider die Obrig-<lb/>
keit/ &#x017F;ollen &#x017F;ie von der Auffer&#x017F;tebung und Sieg deß HErrn Chri&#x017F;ti predigen/ &#x017F;o<lb/>
&#x017F;agen &#x017F;ie vom Fladen-backen/ &#x017F;o &#x017F;ie doch kein Pfannenkuchen zu commandiren<lb/>
und zu comediren/ weder zu lehren noch zu e&#x017F;&#x017F;en haben/ Summa/ Narren neh-<lb/>
men alles mit/ gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;en jederman/ erregen alles/ confutiren und widerlegen al-<lb/>
les/ und werffen das hundert ins tau&#x017F;ende/ daß niemand weiß/ wo Thrumb oder<lb/>
Ende i&#x017F;t.</note>. Aus folgenden Predigten wird zu vernehmen &#x017F;eyn/<lb/>
wie &#x017F;o gar viel zur rechten erbaulichen <hi rendition="#aq">didactic</hi> und zum heyl&#x017F;amen Lehr-<lb/>
Ampt erfordert werde/ welch inbru&#x0364;n&#x017F;tig Gebet? welche Gelehr&#x017F;amkeit?<lb/>
daß der HErr erwecken wolle/ das Ohr alle Morgen zu ho&#x0364;ren/ wie ein<lb/>
Ju&#x0364;nger/ <hi rendition="#fr">Lob&#x017F;aget ihm klu&#x0364;glich. Er wil/ daß man im Pre-<lb/>
digen das Wort mit Fleiß handele/ und darauff bleibe/<lb/>
nicht hinein &#x017F;chreye und plaudere/ wie die wilde wu&#x0364;&#x017F;te<lb/>
Schreyer und Speyer und freche Prediger/ die da reden was</hi><lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">D. Diete-<lb/>
rich in Ec-<lb/>
cle&#x017F;. part. 2.<lb/>
p.</hi> 103.</note><hi rendition="#fr">&#x017F;ie du&#x0364;nckt. Da geho&#x0364;rt nun aller&#x017F;eits ein Kopff zu/ es geho&#x0364;-<lb/>
ret &#x017F;onderbarer Ver&#x017F;tand und Di&#x017F;cretion zu/ es geho&#x0364;ret ein<lb/>
&#x017F;onderbarer Fleiß/ Mu&#x0364;he und Arbeit darzu/ daß es hie mit<lb/>
dem Po&#x017F;tilliren nicht außgericht/ daß einer entweder ein<lb/>
Maul voll aus einer Po&#x017F;till fa&#x017F;&#x017F;en/ damit auf die Cantzel tre-<lb/>
ten/ und den Leuten die Ohren fu&#x0364;llen/ oder aber eine Predigt<lb/>
gantz un&#x017F;tudiret/ aus dem Ermel heraus &#x017F;chu&#x0364;tteln/ ein ledi-<lb/>
ges Wort-</hi><hi rendition="#aq">dicentes</hi> <hi rendition="#fr">machen/ ohn einige</hi> <hi rendition="#aq">di&#x017F;po&#x017F;ition</hi> <hi rendition="#fr">und Ord-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">nung</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[616/0640] Die neunzehende dicit. Luth. ad h. l. Tom. 3. Lat.) Er ſeye der zum Him̃elreich Schriff- gelehrte/ der aus ſeinem (wiewol nicht eigenen) Schatz koͤnne herfuͤr ge- ben Neues und Altes/ das iſt/ aus dem Alten und Neuen Teſtament/ die er außwendig gelernet/ daher recitiren/ und Schuͤleriſch auffſagen/ der ſich beduͤncken laſſe/ wann er ohne Rhetoric und Zierlichkeit der Wort daher rede/ ſo ſey er der ander Paulus/ der auch mit hohen Worten menſchlicher Weißheit nichts wollẽ zu thun haben/ da er doch wegen ſeiner Wolredenheit von den Heyden zu Lyſtra fuͤr Mercurium angeſehen und gehoͤrt worden. Mancher meynt/ wann er den Kopff groͤſſer oder wol ſo groß mache als den Leib/ er habe gar geſchickt geprediget/ aber im Maccab. 2. v. ult. ſagt der Autor/ Es ſoll die Vorrede nicht groͤſſer reden als die gantze Hiſtorie. Mattheſ. in Syrac. 21. p. 142. gibt manchem einen Haarrupff/ wann er ſchreibt (*). Aus folgenden Predigten wird zu vernehmen ſeyn/ wie ſo gar viel zur rechten erbaulichen didactic und zum heylſamen Lehr- Ampt erfordert werde/ welch inbruͤnſtig Gebet? welche Gelehrſamkeit? daß der HErr erwecken wolle/ das Ohr alle Morgen zu hoͤren/ wie ein Juͤnger/ Lobſaget ihm kluͤglich. Er wil/ daß man im Pre- digen das Wort mit Fleiß handele/ und darauff bleibe/ nicht hinein ſchreye und plaudere/ wie die wilde wuͤſte Schreyer und Speyer und freche Prediger/ die da reden was ſie duͤnckt. Da gehoͤrt nun allerſeits ein Kopff zu/ es gehoͤ- ret ſonderbarer Verſtand und Diſcretion zu/ es gehoͤret ein ſonderbarer Fleiß/ Muͤhe und Arbeit darzu/ daß es hie mit dem Poſtilliren nicht außgericht/ daß einer entweder ein Maul voll aus einer Poſtill faſſen/ damit auf die Cantzel tre- ten/ und den Leuten die Ohren fuͤllen/ oder aber eine Predigt gantz unſtudiret/ aus dem Ermel heraus ſchuͤtteln/ ein ledi- ges Wort-dicentes machen/ ohn einige diſpoſition und Ord- nung D. Diete- rich in Ec- cleſ. part. 2. p. 103. (*) Jſt der Zanck von drey jungen Zicklein/ ſo ſagen ſie vom Mithridatiſchen Kriege/ ſollen ſie von der Geburt des HErrn Chriſti ein Sermon thun/ ſo ma- chen ſie ein Geſchmetter her von des Kaͤyſers Auguſti Schatzung/ und fahen ein greßlich und heßlich Zettergeſchrey an/ als waͤren ſie raſend wider die Obrig- keit/ ſollen ſie von der Aufferſtebung und Sieg deß HErrn Chriſti predigen/ ſo ſagen ſie vom Fladen-backen/ ſo ſie doch kein Pfannenkuchen zu commandiren und zu comediren/ weder zu lehren noch zu eſſen haben/ Summa/ Narren neh- men alles mit/ gruͤſſen jederman/ erregen alles/ confutiren und widerlegen al- les/ und werffen das hundert ins tauſende/ daß niemand weiß/ wo Thrumb oder Ende iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/640
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/640>, abgerufen am 24.11.2024.