polu men to thauma, polu de to paradoxon ekhon; Mysterium sic inco- gnitum & arcanum dicens, quod multum admirationis, & mul- tum paradoxi habet. (*)
(*) conf. Disput. nostr. in cap. 11, 25. Epist. ad Rom. p. 9.
Er nennets 1. Agnooumenon, ein geheim/ verborgen/ uner- käntlich/ unempfindlich und unsichtbarliches Ding/ up er- nounn kai katalepsin: unerkäntlich gar nicht absolute, und ohne Unter- scheid bloß dahin/ sondern dunckel und unerkändtlich in und vor unsern sinnlichen und Vernunffts-Augen/ gleichwie es dort bey der aggelophaneia oder Englischen Erscheinung 2. Reg. 6. hergangen/ daß Gehasi der Diener Elisae die feurige Roß und Wagen der H. Engel mit den rohen unerleuchteten leiblichen Augen nicht ersehen können/ biß ihm die Augen/ durch von Elisa erbettene göttliche Erleuchtung/ auffgangen/ da ers als- dann hell und klar gesehen. Also können auch die Glaubens-Geheimnüß mit Vernunffts/ weniger mit eusserlichen sinnlichen Augen nicht/ doch wol mit den Augen deß Glaubens/ der ein Grundvest ist dessen was man nicht sihet/ gesehen und gemercket werden.
2. ApoRReton & ineffabile, ein solch geheim und verborgen Ding/ daß wie es mit Sinnen und Gedancken nicht kan erreicht/ also mit dem Munde oder mit Worten nicht kan angezeigt und außgesprochen werden. Ineffabile sag ich/ aber nicht negative, als solt es gantz nicht außgespro- chen werden können/ Christus lehrt anders Matth. 10/ 26. seq. da er zu sei- nen Jüngern spricht: Es ist nichts verborgen/ daß nicht offenbar werde/ und ist nichts heimlich/ daß man nicht wissen werde: Was ich euch sage im Finsternüß/ das redet im Liecht/ und was ihr höret in das Ohr/ das prediget auff den Dächern. Sondern to phaulos ekhein, weil es hoch und schwer ist davon zu reden und außzudeuten. Darum muß man sobrie und religiose gar behut- sam und vernünfftig davon reden und handeln/ analogice ad fidei re gulam, daß kein Wort an der Glaubens-regul anstreiche. Unauß- sprechlich ist auch ein mysterium, dieweil kein menschliche Zung es per- fecte gnugsam und vollkommen außsprechen kan/ gleichwie den Ver- stand und Krafft deß Namens Jehovah, doch aber so viel in dieser sterb- lichen Unvollkommenheit geschehen kan; dann warum hats GOtt ge- offenbaret/ als daß mans nennen und erkennen sol?
3. Paradoxon, oder vor der Vernunfft unglaublich/ thöricht und veracht. Massen von den Heyden die Beschneidung der Juden genen- net worden/ pragma gelomenon para pollois, ein lächerlichs Ding. Daher das Sacrament der H. Tauff so gar veracht/ daß (wie Lutherus
berich-
E 2
Predigt.
πολὺ μὲν τὸ ϑαῦμα, πολὺ δὲ τό παράδοξον ἔχον; Myſterium ſic inco- gnitum & arcanum dicens, quod multum admirationis, & mul- tum paradoxi habet. (*)
(*) conf. Diſput. noſtr. in cap. 11, 25. Epiſt. ad Rom. p. 9.
Er nennets 1. Αγνοούμενον, ein geheim/ verborgen/ uner- kaͤntlich/ unempfindlich und unſichtbarliches Ding/ ὑπ ὲρ- νου̃ν καὶ κατάληψιν: unerkaͤntlich gar nicht abſolutè, und ohne Unter- ſcheid bloß dahin/ ſondern dunckel und unerkaͤndtlich in und vor unſern ſinnlichen und Vernunffts-Augen/ gleichwie es dort bey der ἀγγελοφάνεια oder Engliſchen Erſcheinung 2. Reg. 6. hergangen/ daß Gehaſi der Diener Eliſæ die feurige Roß und Wagen der H. Engel mit den rohen unerleuchteten leiblichen Augen nicht erſehen koͤnnen/ biß ihm die Augen/ durch von Eliſa erbettene goͤttliche Erleuchtung/ auffgangen/ da ers als- dann hell und klar geſehen. Alſo koͤnnen auch die Glaubens-Geheimnuͤß mit Vernunffts/ weniger mit euſſerlichen ſinnlichen Augen nicht/ doch wol mit den Augen deß Glaubens/ der ein Grundveſt iſt deſſen was man nicht ſihet/ geſehen und gemercket werden.
2. Ἀπόῤῥητον & ineffabile, ein ſolch geheim und verborgen Ding/ daß wie es mit Sinnen und Gedancken nicht kan erreicht/ alſo mit dem Munde oder mit Worten nicht kan angezeigt und außgeſprochen werden. Ineffabile ſag ich/ aber nicht negativè, als ſolt es gantz nicht außgeſpro- chen werden koͤnnen/ Chriſtus lehrt anders Matth. 10/ 26. ſeq. da er zu ſei- nen Juͤngern ſpricht: Es iſt nichts verborgen/ daß nicht offenbar werde/ und iſt nichts heimlich/ daß man nicht wiſſen werde: Was ich euch ſage im Finſternuͤß/ das redet im Liecht/ und was ihr hoͤret in das Ohr/ das prediget auff den Daͤchern. Sondern τῷ φαύλως ἔχειν, weil es hoch und ſchwer iſt davon zu reden und außzudeuten. Darum muß man ſobriè und religiosè gar behut- ſam und vernuͤnfftig davon reden und handeln/ analogicè ad fidei re gulam, daß kein Wort an der Glaubens-regul anſtreiche. Unauß- ſprechlich iſt auch ein myſterium, dieweil kein menſchliche Zung es per- fectè gnugſam und vollkommen außſprechen kan/ gleichwie den Ver- ſtand und Krafft deß Namens Jehovàh, doch aber ſo viel in dieſer ſterb- lichen Unvollkommenheit geſchehen kan; dann warum hats GOtt ge- offenbaret/ als daß mans nennen und erkennen ſol?
3. Παράδοξον, oder vor der Vernunfft unglaublich/ thoͤricht und veracht. Maſſen von den Heyden die Beſchneidung der Juden genen- net worden/ πράγμα γελώμενον παρὰ πολλοῖς, ein laͤcherlichs Ding. Daher das Sacrament der H. Tauff ſo gar veracht/ daß (wie Lutherus
berich-
E 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0057"n="35"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Predigt.</hi></fw><lb/>πολὺμὲντὸϑαῦμα, πολὺδὲτόπαράδοξονἔχον; <hirendition="#aq">Myſterium ſic inco-<lb/>
gnitum & arcanum dicens, quod multum admirationis, & mul-<lb/>
tum paradoxi habet.</hi> (*)</p><noteplace="right">(*) <hirendition="#aq">conf.<lb/>
Diſput.<lb/>
noſtr. in<lb/>
cap. 11, 25.<lb/>
Epiſt. ad<lb/>
Rom. p.</hi> 9.</note><lb/><p>Er nennets 1. Αγνοούμενον, <hirendition="#fr">ein geheim/ verborgen/ uner-<lb/>
kaͤntlich/ unempfindlich und unſichtbarliches Ding/</hi>ὑπὲρ-<lb/>νου̃νκαὶκατάληψιν: unerkaͤntlich gar nicht <hirendition="#aq">abſolutè,</hi> und ohne Unter-<lb/>ſcheid bloß dahin/ ſondern dunckel und unerkaͤndtlich in und vor unſern<lb/>ſinnlichen und Vernunffts-Augen/ gleichwie es dort bey der ἀγγελοφάνεια<lb/><hirendition="#fr">oder Engliſchen Erſcheinung</hi> 2. <hirendition="#aq">Reg.</hi> 6. hergangen/ daß <hirendition="#aq">Gehaſi</hi><lb/>
der Diener Eliſ<hirendition="#aq">æ</hi> die feurige Roß und Wagen der H. Engel mit den rohen<lb/>
unerleuchteten leiblichen Augen nicht erſehen koͤnnen/ biß ihm die Augen/<lb/>
durch von Eliſa erbettene goͤttliche Erleuchtung/ auffgangen/ da ers als-<lb/>
dann hell und klar geſehen. Alſo koͤnnen auch die Glaubens-Geheimnuͤß<lb/>
mit Vernunffts/ weniger mit euſſerlichen ſinnlichen Augen nicht/ doch<lb/>
wol mit den Augen deß Glaubens/ der ein Grundveſt iſt deſſen was man<lb/>
nicht ſihet/ geſehen und gemercket werden.</p><lb/><p>2. Ἀπόῤῥητον&<hirendition="#aq">ineffabile,</hi> ein ſolch geheim und verborgen Ding/<lb/>
daß wie es mit Sinnen und Gedancken nicht kan erreicht/ alſo mit dem<lb/>
Munde oder mit Worten nicht kan angezeigt und außgeſprochen werden.<lb/><hirendition="#aq">Ineffabile</hi>ſag ich/ aber nicht <hirendition="#aq">negativè,</hi> als ſolt es gantz nicht außgeſpro-<lb/>
chen werden koͤnnen/ Chriſtus lehrt anders Matth. 10/ 26. <hirendition="#aq">ſeq.</hi> da er zu ſei-<lb/>
nen Juͤngern ſpricht: <hirendition="#fr">Es iſt nichts verborgen/ daß nicht offenbar<lb/>
werde/ und iſt nichts heimlich/ daß man nicht wiſſen werde:<lb/>
Was ich euch ſage im Finſternuͤß/ das redet im Liecht/ und<lb/>
was ihr hoͤret in das Ohr/ das prediget auff den Daͤchern.</hi><lb/>
Sondern τῷφαύλωςἔχειν, weil es hoch und ſchwer iſt davon zu reden<lb/>
und außzudeuten. Darum muß man <hirendition="#aq">ſobriè</hi> und <hirendition="#aq">religiosè</hi> gar behut-<lb/>ſam und vernuͤnfftig davon reden und handeln/ <hirendition="#aq">analogicè ad fidei re<lb/>
gulam,</hi> daß kein Wort an der Glaubens-<hirendition="#aq">regul</hi> anſtreiche. Unauß-<lb/>ſprechlich iſt auch ein <hirendition="#aq">myſterium,</hi> dieweil kein menſchliche Zung es <hirendition="#aq">per-<lb/>
fectè</hi> gnugſam und vollkommen außſprechen kan/ gleichwie den Ver-<lb/>ſtand und Krafft deß Namens <hirendition="#aq">Jehovàh,</hi> doch aber ſo viel in dieſer ſterb-<lb/>
lichen Unvollkommenheit geſchehen kan; dann warum hats GOtt ge-<lb/>
offenbaret/ als daß mans nennen und erkennen ſol?</p><lb/><p>3. Παράδοξον, oder vor der Vernunfft unglaublich/ thoͤricht und<lb/>
veracht. Maſſen von den Heyden die Beſchneidung der Juden genen-<lb/>
net worden/ πράγμαγελώμενονπαρὰπολλοῖς, <hirendition="#fr">ein laͤcherlichs Ding.</hi><lb/>
Daher das Sacrament der H. Tauff ſo gar veracht/ daß (wie <hirendition="#aq">Lutherus</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">berich-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[35/0057]
Predigt.
πολὺ μὲν τὸ ϑαῦμα, πολὺ δὲ τό παράδοξον ἔχον; Myſterium ſic inco-
gnitum & arcanum dicens, quod multum admirationis, & mul-
tum paradoxi habet. (*)
Er nennets 1. Αγνοούμενον, ein geheim/ verborgen/ uner-
kaͤntlich/ unempfindlich und unſichtbarliches Ding/ ὑπ ὲρ-
νου̃ν καὶ κατάληψιν: unerkaͤntlich gar nicht abſolutè, und ohne Unter-
ſcheid bloß dahin/ ſondern dunckel und unerkaͤndtlich in und vor unſern
ſinnlichen und Vernunffts-Augen/ gleichwie es dort bey der ἀγγελοφάνεια
oder Engliſchen Erſcheinung 2. Reg. 6. hergangen/ daß Gehaſi
der Diener Eliſæ die feurige Roß und Wagen der H. Engel mit den rohen
unerleuchteten leiblichen Augen nicht erſehen koͤnnen/ biß ihm die Augen/
durch von Eliſa erbettene goͤttliche Erleuchtung/ auffgangen/ da ers als-
dann hell und klar geſehen. Alſo koͤnnen auch die Glaubens-Geheimnuͤß
mit Vernunffts/ weniger mit euſſerlichen ſinnlichen Augen nicht/ doch
wol mit den Augen deß Glaubens/ der ein Grundveſt iſt deſſen was man
nicht ſihet/ geſehen und gemercket werden.
2. Ἀπόῤῥητον & ineffabile, ein ſolch geheim und verborgen Ding/
daß wie es mit Sinnen und Gedancken nicht kan erreicht/ alſo mit dem
Munde oder mit Worten nicht kan angezeigt und außgeſprochen werden.
Ineffabile ſag ich/ aber nicht negativè, als ſolt es gantz nicht außgeſpro-
chen werden koͤnnen/ Chriſtus lehrt anders Matth. 10/ 26. ſeq. da er zu ſei-
nen Juͤngern ſpricht: Es iſt nichts verborgen/ daß nicht offenbar
werde/ und iſt nichts heimlich/ daß man nicht wiſſen werde:
Was ich euch ſage im Finſternuͤß/ das redet im Liecht/ und
was ihr hoͤret in das Ohr/ das prediget auff den Daͤchern.
Sondern τῷ φαύλως ἔχειν, weil es hoch und ſchwer iſt davon zu reden
und außzudeuten. Darum muß man ſobriè und religiosè gar behut-
ſam und vernuͤnfftig davon reden und handeln/ analogicè ad fidei re
gulam, daß kein Wort an der Glaubens-regul anſtreiche. Unauß-
ſprechlich iſt auch ein myſterium, dieweil kein menſchliche Zung es per-
fectè gnugſam und vollkommen außſprechen kan/ gleichwie den Ver-
ſtand und Krafft deß Namens Jehovàh, doch aber ſo viel in dieſer ſterb-
lichen Unvollkommenheit geſchehen kan; dann warum hats GOtt ge-
offenbaret/ als daß mans nennen und erkennen ſol?
3. Παράδοξον, oder vor der Vernunfft unglaublich/ thoͤricht und
veracht. Maſſen von den Heyden die Beſchneidung der Juden genen-
net worden/ πράγμα γελώμενον παρὰ πολλοῖς, ein laͤcherlichs Ding.
Daher das Sacrament der H. Tauff ſo gar veracht/ daß (wie Lutherus
berich-
E 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/57>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.