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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Predigt.
den hieher geführet bist: Wiltu auff Erden leben/ so mustu dich der War-
helt äussern. Also verstehe ichs/ daß es ein Heydnischer Posse sey/ gere-
det auß einem frechen Gewissen. (*)(*) Sind
Wort Lu-
theri Tom.
1. Isleb. p.
451. f.
2.

Der Evangelist (ita Luth. ibid.) zeiget an/ daß die Welt so verböset und
vergifftet sey/ daß ehe sie die Warheit unverdammet liesse/ ehe nehme sie den Bar-
rabam und alle Vntugend und Laster an/ so auff Erden mögen genennet werden.
Darum sollen wir auß der Histori deß Leidens Christi lernen/ was die Welt ist/
daß wir uns nicht verwundern/ warum die Welt so arg und boßhafftig ist.
Wunder ists nicht/ daß Ehebruch/ Hurerey/ Diebstal/ Mord und Todschlag/ und
andere Laster in der Welt seyn. Was ist das Wunder? Weil die Welt also ver-
gifftet und verteuffelt ist/ daß sie die Warheit verdammen darff/ und ehe sie die
Warheit zuliesse/ eher liesse sie alle Vntugend und Laster zu. Das ist so grosse
und übermachte Boßheit/ daß einen nicht soll Wunder haben/ daß Ehebruch und
Todschläge geschehen/ auch sich nicht verwundern/ daß GOtt Pestilentz/ Krieg/
und andere greuliche Straffen über die Welt sendet. Die Warheit wollen sie
nit allein nit zulassen/ sondern verdammen sie auch/ und ehe sie sich von solchem Für-
nehmen abkehren und abwenden/ ehe nehmen sie den Teuffel selbst an. Bißh. Luth.

Was unsere alte Teutschen für Leute gewesen/ welche Blindlinge/
welche Sünden-Knechte/ welche wilde Unmenschen/ davon hat man etli-
cher massen Nachricht beym Tacito von der Teutschen Sitten/ und an-
dern Historien erlangt/ daß sie wie noch/ tolle und wütende Säuffer/ ver-
pichte Spieler und Raßler/ allerhand Aberglauben ergeben; die Norici
haben dem Tibellino, das ist/ dem Tüfelin/ die Sachsen dem Jrrminseul
(oder jedermans Seul/) die Tribocer und Elsasser dem Krutzmann ge-
dienet und Gottesdienst erwiesen.

Nicht allein aber braucht der Herr das blosse Wort/ die Welt/
gehet hin in die Welt/
sondern er setzt darzu/ apas, alle Welt/ gehet
hin in ALLE Welt/
an alle Ort und Ende der Welt/ alle ungeheure
Oerter/ die nicht gangheilig und sicher sind: Welches Wort als vox be-
nefica,
als ein gütiges Wort Gottes/ freylich in keine Enge zu spannen/
sondern weit weit hinauß zu thänen ist: und begreifft in sich to katholikon
loci, temporis & subjectorum, alle Welt/ alle Welt-Alter/ alle Welt-Gäste
und Einwohner. Zuvor war Gottes Kirche enge zusammen gezogen in
dem Jüdischen Lande/ da Gott der Herr gleichsam Feuer und Rauch
gehalten/ da man an ein gewissen Ort/ Zeit/ Person gebunden gewesen:
Jch bin/ sagt der Herr selbst/ nicht gesand/ denn nur zu den ver-
lohrnen Schaafen von dem Hause Jsrael/
Matth. 24. Nun-
mehr solte der Paß offen seyn zum Himmelreich/ der Fürhang für dem Al-
lerheiligsten muste zerrissen/ die Riegel-Wand zwischen Juden und Heyden
auffgehoben werden/ und solte nun/ gleichwie in Adam dem ersten
Menschen und Welt-Vater/ alle und jede Menschen
virtua-

liter
Achter Theil. O o o

Predigt.
den hieher gefuͤhret biſt: Wiltu auff Erden leben/ ſo muſtu dich der War-
helt aͤuſſern. Alſo verſtehe ichs/ daß es ein Heydniſcher Poſſe ſey/ gere-
det auß einem frechen Gewiſſen. (*)(*) Sind
Wort Lu-
theri Tom.
1. Isleb. p.
451. f.
2.

Der Evangeliſt (ita Luth. ibid.) zeiget an/ daß die Welt ſo verboͤſet und
vergifftet ſey/ daß ehe ſie die Warheit unverdammet lieſſe/ ehe nehme ſie den Bar-
rabam und alle Vntugend und Laſter an/ ſo auff Erden moͤgen genennet werden.
Darum ſollen wir auß der Hiſtori deß Leidens Chriſti lernen/ was die Welt iſt/
daß wir uns nicht verwundern/ warum die Welt ſo arg und boßhafftig iſt.
Wunder iſts nicht/ daß Ehebruch/ Hurerey/ Diebſtal/ Mord und Todſchlag/ und
andere Laſter in der Welt ſeyn. Was iſt das Wunder? Weil die Welt alſo ver-
gifftet und verteuffelt iſt/ daß ſie die Warheit verdammen darff/ und ehe ſie die
Warheit zulieſſe/ eher lieſſe ſie alle Vntugend und Laſter zu. Das iſt ſo groſſe
und uͤbermachte Boßheit/ daß einen nicht ſoll Wunder haben/ daß Ehebruch und
Todſchlaͤge geſchehen/ auch ſich nicht verwundern/ daß GOtt Peſtilentz/ Krieg/
und andere greuliche Straffen uͤber die Welt ſendet. Die Warheit wollen ſie
nit allein nit zulaſſen/ ſondern verdam̃en ſie auch/ und ehe ſie ſich von ſolchem Fuͤr-
nehmen abkehren und abwenden/ ehe nehmen ſie den Teuffel ſelbſt an. Bißh. Luth.

Was unſere alte Teutſchen fuͤr Leute geweſen/ welche Blindlinge/
welche Suͤnden-Knechte/ welche wilde Unmenſchen/ davon hat man etli-
cher maſſen Nachricht beym Tacito von der Teutſchen Sitten/ und an-
dern Hiſtorien erlangt/ daß ſie wie noch/ tolle und wuͤtende Saͤuffer/ ver-
pichte Spieler und Raßler/ allerhand Aberglauben ergeben; die Norici
haben dem Tibellino, das iſt/ dem Tuͤfelin/ die Sachſen dem Jrꝛminſeul
(oder jedermans Seul/) die Tribocer und Elſaſſer dem Krutzmann ge-
dienet und Gottesdienſt erwieſen.

Nicht allein aber braucht der Herr das bloſſe Wort/ die Welt/
gehet hin in die Welt/
ſondern er ſetzt darzu/ ἅϖας, alle Welt/ gehet
hin in ALLE Welt/
an alle Ort und Ende der Welt/ alle ungeheure
Oerter/ die nicht gangheilig und ſicher ſind: Welches Wort als vox be-
nefica,
als ein guͤtiges Wort Gottes/ freylich in keine Enge zu ſpannen/
ſondern weit weit hinauß zu thaͤnen iſt: und begreifft in ſich τὸ ϰαθολιϰὸν
loci, temporis & ſubjectorum, alle Welt/ alle Welt-Alter/ alle Welt-Gaͤſte
und Einwohner. Zuvor war Gottes Kirche enge zuſammen gezogen in
dem Juͤdiſchen Lande/ da Gott der Herr gleichſam Feuer und Rauch
gehalten/ da man an ein gewiſſen Ort/ Zeit/ Perſon gebunden geweſen:
Jch bin/ ſagt der Herr ſelbſt/ nicht geſand/ denn nur zu den ver-
lohrnen Schaafen von dem Hauſe Jſrael/
Matth. 24. Nun-
mehr ſolte der Paß offen ſeyn zum Himmelreich/ der Fuͤrhang fuͤr dem Al-
lerheiligſten muſte zerriſſen/ die Riegel-Wand zwiſchen Juden und Heyden
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Menſchen und Welt-Vater/ alle und jede Menſchen
virtua-

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[473/0497] Predigt. den hieher gefuͤhret biſt: Wiltu auff Erden leben/ ſo muſtu dich der War- helt aͤuſſern. Alſo verſtehe ichs/ daß es ein Heydniſcher Poſſe ſey/ gere- det auß einem frechen Gewiſſen. (*) (*) Sind Wort Lu- theri Tom. 1. Isleb. p. 451. f. 2. Der Evangeliſt (ita Luth. ibid.) zeiget an/ daß die Welt ſo verboͤſet und vergifftet ſey/ daß ehe ſie die Warheit unverdammet lieſſe/ ehe nehme ſie den Bar- rabam und alle Vntugend und Laſter an/ ſo auff Erden moͤgen genennet werden. Darum ſollen wir auß der Hiſtori deß Leidens Chriſti lernen/ was die Welt iſt/ daß wir uns nicht verwundern/ warum die Welt ſo arg und boßhafftig iſt. Wunder iſts nicht/ daß Ehebruch/ Hurerey/ Diebſtal/ Mord und Todſchlag/ und andere Laſter in der Welt ſeyn. Was iſt das Wunder? Weil die Welt alſo ver- gifftet und verteuffelt iſt/ daß ſie die Warheit verdammen darff/ und ehe ſie die Warheit zulieſſe/ eher lieſſe ſie alle Vntugend und Laſter zu. Das iſt ſo groſſe und uͤbermachte Boßheit/ daß einen nicht ſoll Wunder haben/ daß Ehebruch und Todſchlaͤge geſchehen/ auch ſich nicht verwundern/ daß GOtt Peſtilentz/ Krieg/ und andere greuliche Straffen uͤber die Welt ſendet. Die Warheit wollen ſie nit allein nit zulaſſen/ ſondern verdam̃en ſie auch/ und ehe ſie ſich von ſolchem Fuͤr- nehmen abkehren und abwenden/ ehe nehmen ſie den Teuffel ſelbſt an. Bißh. Luth. Was unſere alte Teutſchen fuͤr Leute geweſen/ welche Blindlinge/ welche Suͤnden-Knechte/ welche wilde Unmenſchen/ davon hat man etli- cher maſſen Nachricht beym Tacito von der Teutſchen Sitten/ und an- dern Hiſtorien erlangt/ daß ſie wie noch/ tolle und wuͤtende Saͤuffer/ ver- pichte Spieler und Raßler/ allerhand Aberglauben ergeben; die Norici haben dem Tibellino, das iſt/ dem Tuͤfelin/ die Sachſen dem Jrꝛminſeul (oder jedermans Seul/) die Tribocer und Elſaſſer dem Krutzmann ge- dienet und Gottesdienſt erwieſen. Nicht allein aber braucht der Herr das bloſſe Wort/ die Welt/ gehet hin in die Welt/ ſondern er ſetzt darzu/ ἅϖας, alle Welt/ gehet hin in ALLE Welt/ an alle Ort und Ende der Welt/ alle ungeheure Oerter/ die nicht gangheilig und ſicher ſind: Welches Wort als vox be- nefica, als ein guͤtiges Wort Gottes/ freylich in keine Enge zu ſpannen/ ſondern weit weit hinauß zu thaͤnen iſt: und begreifft in ſich τὸ ϰαθολιϰὸν loci, temporis & ſubjectorum, alle Welt/ alle Welt-Alter/ alle Welt-Gaͤſte und Einwohner. Zuvor war Gottes Kirche enge zuſammen gezogen in dem Juͤdiſchen Lande/ da Gott der Herr gleichſam Feuer und Rauch gehalten/ da man an ein gewiſſen Ort/ Zeit/ Perſon gebunden geweſen: Jch bin/ ſagt der Herr ſelbſt/ nicht geſand/ denn nur zu den ver- lohrnen Schaafen von dem Hauſe Jſrael/ Matth. 24. Nun- mehr ſolte der Paß offen ſeyn zum Himmelreich/ der Fuͤrhang fuͤr dem Al- lerheiligſten muſte zerriſſen/ die Riegel-Wand zwiſchen Juden und Heyden auffgehoben werden/ und ſolte nun/ gleichwie in Adam dem erſten Menſchen und Welt-Vater/ alle und jede Menſchen virtua- liter Achter Theil. O o o

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/497>, abgerufen am 22.11.2024.