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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Predigt.
Mensch in dieser Welt auff einen beredten Fürsprecher? Ey
so traue du diesem/ du wirst nicht zu Grund gehen. Ein Heil-
Port/
ein Lebens-Thür/ ostium vitae, so nennets abermal Augusti-
nus: (*) vigilanti verbo usus est Evangelista, non dicit percussit
(*) Tract.
120. in
Joh.
Memora-
bilis hist.
de Vraca.
vid.
im
Denckm.
p. 222.

vel vulneravit, sed aperuit, ut illic quodammodo vitae ostium
apertum intelligeremus,
das ist/ der Evangelist sagt nicht/ der
Kriegs-Knecht habe Christum geschlagen oder verwundet/
sondern eröffnet/ daß wir daher etlicher massen verstünden/
es seye die Lebens-Thür eröffnet.

Diß ist also das Signaculum vulneris in corde, das Siegel und
Denckzeichen der Wunden Christi. Aber was ist Dencken ohne Gedan-
cken und Andacht/ was Andacht ohne Anblicken und Schau? Worauff
Zacharias gedeutet Cap. 12/ 10. Sie werden mich ansehen/ wel-
chen jene zustochen haben.
Jene zu vorderst die alte Schlang Tra-
goediarcha
der Sathan/ deß allerheiligsten Schlangen-Tretters aller-
gifftigste Versen-Stecher; darnach seine organa und Werckzeug durch
welche er gestochen; der Stratiot, der sein stachelicht Speer in Christi
Seit umgekehrt/ der gantze Schwarm und Schwahl der grimmigen
und rasenden Tod-Feinde die ihn zerstochen/ Lancea & Lingua, nicht
nur mit dem Speer/ sondern auch der Zungen/ und sonderlich noch heu-
tiges Tags/ die ihn zu stechen mit ihren gifftigen Zungen kein Scheu tra-
gen. Wer ist unter uns/ wann er hört von diesem wütenden Bluthund
dem Kriegs Knecht/ der sich erkühnet Christi Seiten anzustechen/ daß er
nicht solt drüber eiffern/ und wann derselbige böse Bub noch lebendig unter
uns herumgienge/ der nicht solt ihn anspeyen und vermaledeyen? Und wir
gedencken nicht/ daß viel solcher Gesellen unter uns her wohnen und herum
gehen/ sonderlich die blasphemanten und Gottes-Lästerer. Wer ist der nicht
erschrickt/ wann er lesen solte/ wie die Puritaner oder Bildstürmer vorzei-
ten mit dem crucifix umgangen? Nach demselben/ als einer Scheibe/ in
die Wett geschossen etc. Und doch geschicht solches noch täglich an den
Menschen als imagine crucifixi, der das Ebenbild deß gecreutzigten Chri-
sti an sich trägt/ und sehen läst/ so offt er mit außgespannten Armen auffrecht
stehet/ wann derselbe durch aller hand falsche calumnien und Lästerungen
mit der Zungen als einem gedoppelten Spieß nnd zweyschneidigen
Schwerdt angedastet/ durchstochen und geplaget wird? Bernhardus
vergleicht solche calumnianten oder Läster-Zungen einer Lantzen oder
Spieß/ der in einem Stich ihrer drey verwundet oder tödtet; den Ver-
leumbdeten/ den Hörenden/ und den Verleumbder selbst; ja er hält auch

dafür
B 3

Predigt.
Menſch in dieſer Welt auff einen beredten Fuͤrſprecher? Ey
ſo traue du dieſem/ du wirſt nicht zu Grund gehen. Ein Heil-
Port/
ein Lebens-Thuͤr/ oſtium vitæ, ſo nennets abermal Auguſti-
nus: (*) vigilanti verbo uſus eſt Evangeliſta, non dicit percuſſit
(*) Tract.
120. in
Joh.
Memora-
bilis hiſt.
de Vraca.
vid.
im
Denckm.
p. 222.

vel vulneravit, ſed aperuit, ut illic quodammodo vitæ oſtium
apertum intelligeremus,
das iſt/ der Evangeliſt ſagt nicht/ der
Kriegs-Knecht habe Chriſtum geſchlagen oder verwundet/
ſondern eroͤffnet/ daß wir daher etlicher maſſen verſtuͤnden/
es ſeye die Lebens-Thuͤr eroͤffnet.

Diß iſt alſo das Signaculum vulneris in corde, das Siegel und
Denckzeichen der Wunden Chriſti. Aber was iſt Dencken ohne Gedan-
cken und Andacht/ was Andacht ohne Anblicken und Schau? Worauff
Zacharias gedeutet Cap. 12/ 10. Sie werden mich anſehen/ wel-
chen jene zuſtochen haben.
Jene zu vorderſt die alte Schlang Tra-
gœdiarcha
der Sathan/ deß allerheiligſten Schlangen-Tretters aller-
gifftigſte Verſen-Stecher; darnach ſeine organa und Werckzeug durch
welche er geſtochen; der Stratiot, der ſein ſtachelicht Speer in Chriſti
Seit umgekehrt/ der gantze Schwarm und Schwahl der grimmigen
und raſenden Tod-Feinde die ihn zerſtochen/ Lanceâ & Linguâ, nicht
nur mit dem Speer/ ſondern auch der Zungen/ und ſonderlich noch heu-
tiges Tags/ die ihn zu ſtechen mit ihren gifftigen Zungen kein Scheu tra-
gen. Wer iſt unter uns/ wann er hoͤrt von dieſem wuͤtenden Bluthund
dem Kriegs Knecht/ der ſich erkuͤhnet Chriſti Seiten anzuſtechen/ daß er
nicht ſolt druͤber eiffern/ und wann derſelbige boͤſe Bub noch lebendig unter
uns herumgienge/ der nicht ſolt ihn anſpeyen und vermaledeyen? Und wir
gedencken nicht/ daß viel ſolcher Geſellen unter uns her wohnen und herum
gehẽ/ ſonderlich die blaſphemanten und Gottes-Laͤſterer. Wer iſt der nicht
erſchrickt/ wann er leſen ſolte/ wie die Puritaner oder Bildſtuͤrmer vorzei-
ten mit dem crucifix umgangen? Nach demſelben/ als einer Scheibe/ in
die Wett geſchoſſen ꝛc. Und doch geſchicht ſolches noch taͤglich an den
Menſchen als imagine crucifixi, der das Ebenbild deß gecreutzigten Chri-
ſti an ſich traͤgt/ und ſehen laͤſt/ ſo offt er mit außgeſpañten Armen auffrecht
ſtehet/ wann derſelbe durch aller hand falſche calumnien und Laͤſterungen
mit der Zungen als einem gedoppelten Spieß nnd zweyſchneidigen
Schwerdt angedaſtet/ durchſtochen und geplaget wird? Bernhardus
vergleicht ſolche calumnianten oder Laͤſter-Zungen einer Lantzen oder
Spieß/ der in einem Stich ihrer drey verwundet oder toͤdtet; den Ver-
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[13/0035] Predigt. Menſch in dieſer Welt auff einen beredten Fuͤrſprecher? Ey ſo traue du dieſem/ du wirſt nicht zu Grund gehen. Ein Heil- Port/ ein Lebens-Thuͤr/ oſtium vitæ, ſo nennets abermal Auguſti- nus: (*) vigilanti verbo uſus eſt Evangeliſta, non dicit percuſſit vel vulneravit, ſed aperuit, ut illic quodammodo vitæ oſtium apertum intelligeremus, das iſt/ der Evangeliſt ſagt nicht/ der Kriegs-Knecht habe Chriſtum geſchlagen oder verwundet/ ſondern eroͤffnet/ daß wir daher etlicher maſſen verſtuͤnden/ es ſeye die Lebens-Thuͤr eroͤffnet. (*) Tract. 120. in Joh. Memora- bilis hiſt. de Vraca. vid. im Denckm. p. 222. Diß iſt alſo das Signaculum vulneris in corde, das Siegel und Denckzeichen der Wunden Chriſti. Aber was iſt Dencken ohne Gedan- cken und Andacht/ was Andacht ohne Anblicken und Schau? Worauff Zacharias gedeutet Cap. 12/ 10. Sie werden mich anſehen/ wel- chen jene zuſtochen haben. Jene zu vorderſt die alte Schlang Tra- gœdiarcha der Sathan/ deß allerheiligſten Schlangen-Tretters aller- gifftigſte Verſen-Stecher; darnach ſeine organa und Werckzeug durch welche er geſtochen; der Stratiot, der ſein ſtachelicht Speer in Chriſti Seit umgekehrt/ der gantze Schwarm und Schwahl der grimmigen und raſenden Tod-Feinde die ihn zerſtochen/ Lanceâ & Linguâ, nicht nur mit dem Speer/ ſondern auch der Zungen/ und ſonderlich noch heu- tiges Tags/ die ihn zu ſtechen mit ihren gifftigen Zungen kein Scheu tra- gen. Wer iſt unter uns/ wann er hoͤrt von dieſem wuͤtenden Bluthund dem Kriegs Knecht/ der ſich erkuͤhnet Chriſti Seiten anzuſtechen/ daß er nicht ſolt druͤber eiffern/ und wann derſelbige boͤſe Bub noch lebendig unter uns herumgienge/ der nicht ſolt ihn anſpeyen und vermaledeyen? Und wir gedencken nicht/ daß viel ſolcher Geſellen unter uns her wohnen und herum gehẽ/ ſonderlich die blaſphemanten und Gottes-Laͤſterer. Wer iſt der nicht erſchrickt/ wann er leſen ſolte/ wie die Puritaner oder Bildſtuͤrmer vorzei- ten mit dem crucifix umgangen? Nach demſelben/ als einer Scheibe/ in die Wett geſchoſſen ꝛc. Und doch geſchicht ſolches noch taͤglich an den Menſchen als imagine crucifixi, der das Ebenbild deß gecreutzigten Chri- ſti an ſich traͤgt/ und ſehen laͤſt/ ſo offt er mit außgeſpañten Armen auffrecht ſtehet/ wann derſelbe durch aller hand falſche calumnien und Laͤſterungen mit der Zungen als einem gedoppelten Spieß nnd zweyſchneidigen Schwerdt angedaſtet/ durchſtochen und geplaget wird? Bernhardus vergleicht ſolche calumnianten oder Laͤſter-Zungen einer Lantzen oder Spieß/ der in einem Stich ihrer drey verwundet oder toͤdtet; den Ver- leumbdeten/ den Hoͤrenden/ und den Verleumbder ſelbſt; ja er haͤlt auch dafuͤr B 3

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/35>, abgerufen am 29.11.2024.