Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.Die fünffte zubrach für dem HErrn her/ der HErr aber war nicht imWinde: Nach dem Winde aber kam ein Erdbeben/ aber der HErr war nicht im Erdbeben/ und nach dem Erdbeben kam ein Feur/ aber der HErr war nicht im Feur. Wie? war dann der allgegenwärtige HErr/ der von sich selbst rühmet Jerem. 23/24. Bin ichs nicht der Himmel und Erden füllet/ dem Wind/ dem Erdbeben nicht zugegen? Freylich was d[as] blosse Beyseyn anlangt/ aber die rechte Göttliche Gegenwart hat sich alein im stillen sanfften Sausen spüren lassen/ als in welchem Elias vermeickt/ daß er in dem- selben auff eine sonderbare tröstliche Weise würcklich vorhanden geweßt/ darum auch von dieser Gegenwart allein/ das Jn- und Beyseyn können außgesprochen werden. Deßgleichen wann der Messias am Creutz ge- klagt über das Verlassen seines Gottes/ gesprochen/ mein Gott/ mein Gott warum hastu mich verlassen? So meynet er damit nicht eine Entfrembdung seines Göttlichen Wesens/ sintemahl durch die Pas- sion der persönlichen Vereinbarung in Christo nichts abgangen/ das persönliche Band ist unversehrt und unzertrennt geblieben: Aber weil die influentz und Einfluß Göttlicher Hülff/ lebendigen Trostes/ innerli- chen Hertzens-Erguickung/ zurück gehalten worden/ darum nennet ers Ecclesiae caput se- paratum est a cor- pore, visi- one non praesentia. Augustin. in Psal. 50.ein Verlassen und absentz oder Abwesenheit. Weil nun Christus all- hie mit seinen Jüngern einen freundlichen valet gehalten/ und/ als ein guter Freund vom andern/ einen liebreichen Abschied genommen/ und doch sein Beyseyn zugesagt/ so ist demnach dieses Beyseyn ein gnad-wür- ckendes/ und liebthätige Gegenwart gewesen/ als eines Geleitsmannes/ der Jacob auß Labans Hauß in sein Heimat und Vaterland/ seine deß Jacobs Kinder durchs rothe Meer und wilde Wüsten ins gelobte Land geführet/ und deß Nachts in einer Feuer-Seul/ deß Tags in einer Wol- cken-Seul fürgeleuchtet; Der sich gefüget zu den Jüngern/ so nach E- mauß gespatziret/ und holdselige Gespräche mit denselben gehalten: Als eines Feld-Obristens/ der mit/ vor/ und unter seinem streitenden Heer krieget und sieget; Eines Vaters und Hauß-Herrn/ der in und bey sei- nen Kindern wohnet/ in und unter denselben wandlet/ sie verpfleget und versorget; Eines Mittlers und Advocaten, der seiner Parthey starcken Beystand leistet/ mit und für sie bittet/ und für sie trittet; Eines Hirten/ der auch im finstern Thal seine Schäflein weidet und schirmet; Eines freygebigen Wirthes und Gastes zugleich/ der für der Thür stehet/ an- klopffet/ eingehet/ und das Abendmahl haltet mit dem/ den er seiner gnä- digen Gegenwart gewürdiget/ und dieser mit ihm/ sonderlich geschicht solches
Die fuͤnffte zubrach fuͤr dem HErꝛn her/ der HErꝛ aber war nicht imWinde: Nach dem Winde aber kam ein Erdbeben/ aber der HErꝛ war nicht im Erdbeben/ und nach dem Erdbeben kam ein Feur/ aber der HErꝛ war nicht im Feur. Wie? war dann der allgegenwaͤrtige HErꝛ/ der von ſich ſelbſt ruͤhmet Jerem. 23/24. Bin ichs nicht der Himmel und Erden fuͤllet/ dem Wind/ dem Erdbeben nicht zugegen? Freylich was d[as] bloſſe Beyſeyn anlangt/ aber die rechte Goͤttliche Gegenwart hat ſich alein im ſtillen ſanfften Sauſen ſpuͤren laſſen/ als in welchem Elias vermeickt/ daß er in dem- ſelben auff eine ſonderbare troͤſtliche Weiſe wuͤrcklich vorhanden geweßt/ darum auch von dieſer Gegenwart allein/ das Jn- und Beyſeyn koͤnnen außgeſprochen werden. Deßgleichen wann der Meſſias am Creutz ge- klagt uͤber das Verlaſſen ſeines Gottes/ geſprochen/ mein Gott/ mein Gott warum haſtu mich verlaſſen? So meynet er damit nicht eine Entfrembdung ſeines Goͤttlichen Weſens/ ſintemahl durch die Paſ- ſion der perſoͤnlichen Vereinbarung in Chriſto nichts abgangen/ das perſoͤnliche Band iſt unverſehrt und unzertreñt geblieben: Aber weil die influentz und Einfluß Goͤttlicher Huͤlff/ lebendigen Troſtes/ innerli- chen Hertzens-Erguickung/ zuruͤck gehalten worden/ darum nennet ers Eccleſiæ caput ſe- paratum eſt à cor- pore, viſi- one non præſentiâ. Auguſtin. in Pſal. 50.ein Verlaſſen und abſentz oder Abweſenheit. Weil nun Chriſtus all- hie mit ſeinen Juͤngern einen freundlichen valet gehalten/ und/ als ein guter Freund vom andern/ einen liebreichen Abſchied genommen/ und doch ſein Beyſeyn zugeſagt/ ſo iſt demnach dieſes Beyſeyn ein gnad-wuͤr- ckendes/ und liebthaͤtige Gegenwart geweſen/ als eines Geleitsmannes/ der Jacob auß Labans Hauß in ſein Heimat und Vaterland/ ſeine deß Jacobs Kinder durchs rothe Meer und wilde Wuͤſten ins gelobte Land gefuͤhret/ und deß Nachts in einer Feuer-Seul/ deß Tags in einer Wol- cken-Seul fuͤrgeleuchtet; Der ſich gefuͤget zu den Juͤngern/ ſo nach E- mauß geſpatziret/ und holdſelige Geſpraͤche mit denſelben gehalten: Als eines Feld-Obriſtens/ der mit/ vor/ und unter ſeinem ſtreitenden Heer krieget und ſieget; Eines Vaters und Hauß-Herꝛn/ der in und bey ſei- nen Kindern wohnet/ in und unter denſelben wandlet/ ſie verpfleget und verſorget; Eines Mittlers und Advocaten, der ſeiner Parthey ſtarcken Beyſtand leiſtet/ mit und fuͤr ſie bittet/ und fuͤr ſie trittet; Eines Hirten/ der auch im finſtern Thal ſeine Schaͤflein weidet und ſchirmet; Eines freygebigen Wirthes und Gaſtes zugleich/ der fuͤr der Thuͤr ſtehet/ an- klopffet/ eingehet/ und das Abendmahl haltet mit dem/ den er ſeiner gnaͤ- digen Gegenwart gewuͤrdiget/ und dieſer mit ihm/ ſonderlich geſchicht ſolches
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0318" n="294"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die fuͤnffte</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">zubrach fuͤr dem HErꝛn her/ der HErꝛ aber war nicht im<lb/> Winde: Nach dem Winde aber kam ein Erdbeben/ aber<lb/> der HErꝛ war nicht im Erdbeben/ und nach dem Erdbeben<lb/> kam ein Feur/ aber der HErꝛ war nicht im Feur.</hi> Wie? war<lb/> dann der allgegenwaͤrtige HErꝛ/ der von ſich ſelbſt ruͤhmet Jerem. 23/24.<lb/><hi rendition="#fr">Bin ichs nicht der Himmel und Erden fuͤllet/</hi> dem Wind/<lb/> dem Erdbeben nicht zugegen? Freylich was d<supplied>as</supplied> bloſſe Beyſeyn anlangt/<lb/> aber die rechte Goͤttliche Gegenwart hat ſich alein im ſtillen ſanfften<lb/> Sauſen ſpuͤren laſſen/ als in welchem Elias vermeickt/ daß er in dem-<lb/> ſelben auff eine ſonderbare troͤſtliche Weiſe wuͤrcklich vorhanden geweßt/<lb/> darum auch von dieſer Gegenwart allein/ das Jn- und Beyſeyn koͤnnen<lb/> außgeſprochen werden. Deßgleichen wann der Meſſias am Creutz ge-<lb/> klagt uͤber das Verlaſſen ſeines Gottes/ geſprochen/ <hi rendition="#fr">mein <hi rendition="#k">Gott/</hi> mein<lb/><hi rendition="#k">Gott</hi> warum haſtu mich verlaſſen?</hi> So meynet er damit nicht<lb/> eine Entfrembdung ſeines Goͤttlichen Weſens/ ſintemahl durch die Paſ-<lb/> ſion der perſoͤnlichen Vereinbarung in Chriſto nichts abgangen/ das<lb/> perſoͤnliche Band iſt unverſehrt und unzertreñt geblieben: Aber weil die<lb/><hi rendition="#aq">influentz</hi> und Einfluß Goͤttlicher Huͤlff/ lebendigen Troſtes/ innerli-<lb/> chen Hertzens-Erguickung/ zuruͤck gehalten worden/ darum nennet ers<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Eccleſiæ<lb/> caput ſe-<lb/> paratum<lb/> eſt à cor-<lb/> pore, viſi-<lb/> one non<lb/> præſentiâ.<lb/> Auguſtin.<lb/> in Pſal.</hi> 50.</note>ein Verlaſſen und <hi rendition="#aq">abſentz</hi> oder Abweſenheit. Weil nun Chriſtus all-<lb/> hie mit ſeinen Juͤngern einen freundlichen <hi rendition="#aq">valet</hi> gehalten/ und/ als ein<lb/> guter Freund vom andern/ einen liebreichen Abſchied genommen/ und<lb/> doch ſein Beyſeyn zugeſagt/ ſo iſt demnach dieſes Beyſeyn ein gnad-wuͤr-<lb/> ckendes/ und liebthaͤtige Gegenwart geweſen/ als eines Geleitsmannes/<lb/> der Jacob auß Labans Hauß in ſein Heimat und Vaterland/ ſeine deß<lb/> Jacobs Kinder durchs rothe Meer und wilde Wuͤſten ins gelobte Land<lb/> gefuͤhret/ und deß Nachts in einer Feuer-Seul/ deß Tags in einer Wol-<lb/> cken-Seul fuͤrgeleuchtet; Der ſich gefuͤget zu den Juͤngern/ ſo nach E-<lb/> mauß geſpatziret/ und holdſelige Geſpraͤche mit denſelben gehalten: Als<lb/> eines Feld-Obriſtens/ der mit/ vor/ und unter ſeinem ſtreitenden Heer<lb/> krieget und ſieget; Eines Vaters und Hauß-Herꝛn/ der in und bey ſei-<lb/> nen Kindern wohnet/ in und unter denſelben wandlet/ ſie verpfleget und<lb/> verſorget; Eines Mittlers und <hi rendition="#aq">Advocaten,</hi> der ſeiner Parthey ſtarcken<lb/> Beyſtand leiſtet/ mit und fuͤr ſie bittet/ und fuͤr ſie trittet; Eines Hirten/<lb/> der auch im finſtern Thal ſeine Schaͤflein weidet und ſchirmet; Eines<lb/> freygebigen Wirthes und Gaſtes zugleich/ der fuͤr der Thuͤr ſtehet/ an-<lb/> klopffet/ eingehet/ und das Abendmahl haltet mit dem/ den er ſeiner gnaͤ-<lb/> digen Gegenwart gewuͤrdiget/ und dieſer mit ihm/ ſonderlich geſchicht<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſolches</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [294/0318]
Die fuͤnffte
zubrach fuͤr dem HErꝛn her/ der HErꝛ aber war nicht im
Winde: Nach dem Winde aber kam ein Erdbeben/ aber
der HErꝛ war nicht im Erdbeben/ und nach dem Erdbeben
kam ein Feur/ aber der HErꝛ war nicht im Feur. Wie? war
dann der allgegenwaͤrtige HErꝛ/ der von ſich ſelbſt ruͤhmet Jerem. 23/24.
Bin ichs nicht der Himmel und Erden fuͤllet/ dem Wind/
dem Erdbeben nicht zugegen? Freylich was das bloſſe Beyſeyn anlangt/
aber die rechte Goͤttliche Gegenwart hat ſich alein im ſtillen ſanfften
Sauſen ſpuͤren laſſen/ als in welchem Elias vermeickt/ daß er in dem-
ſelben auff eine ſonderbare troͤſtliche Weiſe wuͤrcklich vorhanden geweßt/
darum auch von dieſer Gegenwart allein/ das Jn- und Beyſeyn koͤnnen
außgeſprochen werden. Deßgleichen wann der Meſſias am Creutz ge-
klagt uͤber das Verlaſſen ſeines Gottes/ geſprochen/ mein Gott/ mein
Gott warum haſtu mich verlaſſen? So meynet er damit nicht
eine Entfrembdung ſeines Goͤttlichen Weſens/ ſintemahl durch die Paſ-
ſion der perſoͤnlichen Vereinbarung in Chriſto nichts abgangen/ das
perſoͤnliche Band iſt unverſehrt und unzertreñt geblieben: Aber weil die
influentz und Einfluß Goͤttlicher Huͤlff/ lebendigen Troſtes/ innerli-
chen Hertzens-Erguickung/ zuruͤck gehalten worden/ darum nennet ers
ein Verlaſſen und abſentz oder Abweſenheit. Weil nun Chriſtus all-
hie mit ſeinen Juͤngern einen freundlichen valet gehalten/ und/ als ein
guter Freund vom andern/ einen liebreichen Abſchied genommen/ und
doch ſein Beyſeyn zugeſagt/ ſo iſt demnach dieſes Beyſeyn ein gnad-wuͤr-
ckendes/ und liebthaͤtige Gegenwart geweſen/ als eines Geleitsmannes/
der Jacob auß Labans Hauß in ſein Heimat und Vaterland/ ſeine deß
Jacobs Kinder durchs rothe Meer und wilde Wuͤſten ins gelobte Land
gefuͤhret/ und deß Nachts in einer Feuer-Seul/ deß Tags in einer Wol-
cken-Seul fuͤrgeleuchtet; Der ſich gefuͤget zu den Juͤngern/ ſo nach E-
mauß geſpatziret/ und holdſelige Geſpraͤche mit denſelben gehalten: Als
eines Feld-Obriſtens/ der mit/ vor/ und unter ſeinem ſtreitenden Heer
krieget und ſieget; Eines Vaters und Hauß-Herꝛn/ der in und bey ſei-
nen Kindern wohnet/ in und unter denſelben wandlet/ ſie verpfleget und
verſorget; Eines Mittlers und Advocaten, der ſeiner Parthey ſtarcken
Beyſtand leiſtet/ mit und fuͤr ſie bittet/ und fuͤr ſie trittet; Eines Hirten/
der auch im finſtern Thal ſeine Schaͤflein weidet und ſchirmet; Eines
freygebigen Wirthes und Gaſtes zugleich/ der fuͤr der Thuͤr ſtehet/ an-
klopffet/ eingehet/ und das Abendmahl haltet mit dem/ den er ſeiner gnaͤ-
digen Gegenwart gewuͤrdiget/ und dieſer mit ihm/ ſonderlich geſchicht
ſolches
Eccleſiæ
caput ſe-
paratum
eſt à cor-
pore, viſi-
one non
præſentiâ.
Auguſtin.
in Pſal. 50.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/318 |
Zitationshilfe: | Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/318>, abgerufen am 19.07.2024. |