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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Neun und Viertzigste (Vierte)
Wir wissen aber/ wann Er erscheinen wird/ daß wir ihm gleich
Apoc. 22,
4.
seyn werden/ dann wir werden ihn sehen/ wie Er ist. Die
Knechte Gottes werden sein Angesicht sehen.

Sondern es bezeugens auch die gläubige/ sehnliche Wündsche der
Iob. 19, 26.
Ps.
17, 15.
Heiligen: Jch will/ sagt David/ schauen dein Antlitz in Gerech-
tigkeit/ und satt werden/ wann ich erwache nach deinem Bilde.

Ps. 27, 13.Jch glaube/ daß ich sehen werde das Gut des HErren im Lan-
Ps. 36, 10.
Ps.
42, 2. 3.
de der Lebendigen. Jn deinem Liechte sehen wir das Liecht.
Wie der Hirsch schreyet nach frischem Wasser/ so schreyet
meine Seele Gott zu dir/ meine Seele durstet nach Gott/
nach dem lebendigen Gott/ wann werde ich dahin kommen/
daß ich Gottes Angesicht schaue.
Auch die isaggelotes, die Engli-
sche Gleich- und ähnligkeit/ die wir erlangen sollen/ stehet uns gleichsam zum
exemplar da; wie die heiligen Engel/ als himmlische apparitores allezeit
vor Gottes Throne stehen/ und dia pantos anschauen das Angesichte Got-
tes/ so truncken sind sie nicht von himmlischer Freude/ daß sie nicht auch
auff die Kinder sehen solten/ und dieselben bewachen: Das ist ihre
Seeligkeit; Wir aber werden dermahl eins den heiligen Engeln
Matth. 22,
30.
gleich seyn/ Matth. 22. Es stimmen auch mit zu die Lehrer der Kir-
chen; Gregorius Nyssenus, der nennet die glori des Göttlichen Anblicks
pases ilpidos korupheu, pas es ipithumias peras, kai ton aRReton agathon
kephalaion, Das eusserste aller Hoffnung/ das Ende aller Begierde/ und
August. l.
de spir. &
anima.
c.
55.
das vornehmste Hauptstuck der unaußsprechlichen Güter. Augustinus
schreibet: Visio Dei est tota vita aeterna; si mali Dei faciem viderent,
poenis carerent,
Das Anschauen Gottes ist das gantze ewige Leben;
wann die Bösen und Verdamten Gottes Angesichte sehen/ so stünden sie
keine Straffe aus. An einem andern Ort schreibt er: Si Dei praesentia
cum sanctis habitatoribus in inferno appareret, continuo infernus in
paradisum converteretur,
Wann Gott mit seinen heiligen Himmels-
Burgern in der Höllen erschiene/ so würde alsobald die Hölle in ein lieb-
liches Paradiß verwandelt. Bleibet also dabey/ daß das ewige Leben
formaliter seye vita visiva Dei, ein Gott-schauendes Leben.

Damit wir aber dieses Geheimnüß etwas genauers verstehen/ müs-
sen wir folgende Frage abhandeln I. Quis? Wer ist der schöne
Augen-Lust/ daran wir uns freuen und unsere Augen weiden
sollen?
Er heisset Col tobh, Das höchste Gut. Als Moses ge-

betten

Die Neun und Viertzigſte (Vierte)
Wir wiſſen aber/ wann Er erſcheinen wird/ daß wir ihm gleich
Apoc. 22,
4.
ſeyn werden/ dann wir werden ihn ſehen/ wie Er iſt. Die
Knechte Gottes werden ſein Angeſicht ſehen.

Sondern es bezeugens auch die glaͤubige/ ſehnliche Wuͤndſche der
Iob. 19, 26.
Pſ.
17, 15.
Heiligen: Jch will/ ſagt David/ ſchauen dein Antlitz in Gerech-
tigkeit/ und ſatt werden/ wann ich erwache nach deinem Bilde.

Pſ. 27, 13.Jch glaube/ daß ich ſehen werde das Gut des HErren im Lan-
Pſ. 36, 10.
Pſ.
42, 2. 3.
de der Lebendigen. Jn deinem Liechte ſehen wir das Liecht.
Wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer/ ſo ſchreyet
meine Seele Gott zu dir/ meine Seele důrſtet nach Gott/
nach dem lebendigen Gott/ wann werde ich dahin kommen/
daß ich Gottes Angeſicht ſchaue.
Auch die ἰσαγγελότης, die Engli-
ſche Gleich- und aͤhnligkeit/ die wir erlangen ſollen/ ſtehet uns gleichſam zum
exemplar da; wie die heiligen Engel/ als himmliſche apparitores allezeit
vor Gottes Throne ſtehen/ und διὰ παντὸς anſchauen das Angeſichte Got-
tes/ ſo truncken ſind ſie nicht von himmliſcher Freude/ daß ſie nicht auch
auff die Kinder ſehen ſolten/ und dieſelben bewachen: Das iſt ihre
Seeligkeit; Wir aber werden dermahl eins den heiligen Engeln
Matth. 22,
30.
gleich ſeyn/ Matth. 22. Es ſtimmen auch mit zu die Lehrer der Kir-
chen; Gregorius Nyſſenus, der nennet die glori des Goͤttlichen Anblicks
πάσης ἰλπίδος κορυφηὺ, πάσ ης ἰπιϑυμίας πέρας, καὶ τῶν ἀῤῥήτων ἀγαθῶν
κεφάλαιον, Das euſſerſte aller Hoffnung/ das Ende aller Begierde/ und
Auguſt. l.
de ſpir. &
animâ.
c.
55.
das vornehmſte Hauptſtuck der unaußſprechlichen Guͤter. Auguſtinus
ſchreibet: Viſio Dei eſt tota vita æterna; ſi mali Dei faciem viderent,
pœnis carerent,
Das Anſchauen Gottes iſt das gantze ewige Leben;
wann die Boͤſen und Verdamten Gottes Angeſichte ſehen/ ſo ſtuͤnden ſie
keine Straffe aus. An einem andern Ort ſchreibt er: Si Dei præſentia
cum ſanctis habitatoribus in inferno appareret, continuò infernus in
paradiſum converteretur,
Wann Gott mit ſeinen heiligen Himmels-
Burgern in der Hoͤllen erſchiene/ ſo wuͤrde alſobald die Hoͤlle in ein lieb-
liches Paradiß verwandelt. Bleibet alſo dabey/ daß das ewige Leben
formaliter ſeye vita viſiva Dei, ein Gott-ſchauendes Leben.

Damit wir aber dieſes Geheimnuͤß etwas genauers verſtehen/ muͤſ-
ſen wir folgende Frage abhandeln I. Quis? Wer iſt der ſchöne
Augen-Luſt/ daran wir uns freuen und unſere Augen weiden
ſollen?
Er heiſſet Col tobh, Das hoͤchſte Gut. Als Moſes ge-

betten
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[602/0634] Die Neun und Viertzigſte (Vierte) Wir wiſſen aber/ wann Er erſcheinen wird/ daß wir ihm gleich ſeyn werden/ dann wir werden ihn ſehen/ wie Er iſt. Die Knechte Gottes werden ſein Angeſicht ſehen. Apoc. 22, 4. Sondern es bezeugens auch die glaͤubige/ ſehnliche Wuͤndſche der Heiligen: Jch will/ ſagt David/ ſchauen dein Antlitz in Gerech- tigkeit/ und ſatt werden/ wann ich erwache nach deinem Bilde. Jch glaube/ daß ich ſehen werde das Gut des HErren im Lan- de der Lebendigen. Jn deinem Liechte ſehen wir das Liecht. Wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer/ ſo ſchreyet meine Seele Gott zu dir/ meine Seele důrſtet nach Gott/ nach dem lebendigen Gott/ wann werde ich dahin kommen/ daß ich Gottes Angeſicht ſchaue. Auch die ἰσαγγελότης, die Engli- ſche Gleich- und aͤhnligkeit/ die wir erlangen ſollen/ ſtehet uns gleichſam zum exemplar da; wie die heiligen Engel/ als himmliſche apparitores allezeit vor Gottes Throne ſtehen/ und διὰ παντὸς anſchauen das Angeſichte Got- tes/ ſo truncken ſind ſie nicht von himmliſcher Freude/ daß ſie nicht auch auff die Kinder ſehen ſolten/ und dieſelben bewachen: Das iſt ihre Seeligkeit; Wir aber werden dermahl eins den heiligen Engeln gleich ſeyn/ Matth. 22. Es ſtimmen auch mit zu die Lehrer der Kir- chen; Gregorius Nyſſenus, der nennet die glori des Goͤttlichen Anblicks πάσης ἰλπίδος κορυφηὺ, πάσ ης ἰπιϑυμίας πέρας, καὶ τῶν ἀῤῥήτων ἀγαθῶν κεφάλαιον, Das euſſerſte aller Hoffnung/ das Ende aller Begierde/ und das vornehmſte Hauptſtuck der unaußſprechlichen Guͤter. Auguſtinus ſchreibet: Viſio Dei eſt tota vita æterna; ſi mali Dei faciem viderent, pœnis carerent, Das Anſchauen Gottes iſt das gantze ewige Leben; wann die Boͤſen und Verdamten Gottes Angeſichte ſehen/ ſo ſtuͤnden ſie keine Straffe aus. An einem andern Ort ſchreibt er: Si Dei præſentia cum ſanctis habitatoribus in inferno appareret, continuò infernus in paradiſum converteretur, Wann Gott mit ſeinen heiligen Himmels- Burgern in der Hoͤllen erſchiene/ ſo wuͤrde alſobald die Hoͤlle in ein lieb- liches Paradiß verwandelt. Bleibet alſo dabey/ daß das ewige Leben formaliter ſeye vita viſiva Dei, ein Gott-ſchauendes Leben. Iob. 19, 26. Pſ. 17, 15. Pſ. 27, 13. Pſ. 36, 10. Pſ. 42, 2. 3. Matth. 22, 30. Auguſt. l. de ſpir. & animâ. c. 55. Damit wir aber dieſes Geheimnuͤß etwas genauers verſtehen/ muͤſ- ſen wir folgende Frage abhandeln I. Quis? Wer iſt der ſchöne Augen-Luſt/ daran wir uns freuen und unſere Augen weiden ſollen? Er heiſſet Col tobh, Das hoͤchſte Gut. Als Moſes ge- betten

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/634>, abgerufen am 29.11.2024.