Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.Die Sieben und Viertzigste (Dritte) von der Erden verschlungen/ die feurigen Schlangen verwundeten/ dasFeuer verzehret die eusserste Läger. Der einige Trost war der Messias/ der sie begleitet unter einer Feuer- und Wolcken-Seule/ darinn künfftigen Evange- lischen Geheimnüssen vorgespielt worden; hingegen war das Land Canaan ein herrliches/ fettes/ reiches und gesegnetes Land/ dessen die Jsraeliten auch wohl genossen/ so lange sie ihrem Herrn und Gott getreu geblieben. Wie herrlich aber das Land Canaan gewesen mag seyn/ so ist es doch nicht immer eine Schmaltz-Grube geblieben/ sondern bißweilen eine Hunger- Grub worden. Die Golgata oder Schädelstätt ist in demselben gelegen/ ja das gantze Land war ein Golgata und stinckendes Toden-Grab/ da alles allenthalben voll Toden-Beine gelegen/ wie dergleichen dem Propheten Ezechiel gezeiget worden/ und ist also mehr nicht als ein Schatten/ gegen dem Land auffwärts/ dahin sich sehnet unser Hertz/ das ist das Land da Ehre wohnet/ Güte und Treu einander begegnet/ Gerechtigkeit und Friede sich küssen/ kein Butzen-Land/ kein Schlaurafen-Land. Urania terra, das Himmel-Land ist das allfruchtbarste/ gesundeste und reicheste Land. Jenes Canaan hatte seine grosse Mängel/ offt Hunger außgestanden/ viel- mahl Durst/ es fraß seine Einwohner/ wurde bewohnet von blutgierigen Leuten: Ein solches ist dieses neue Land/ das Land der Lebendigen nicht. 2. Tim. 4, 18. Matth. 13, v. 43. Luc. 23, 45. Matth. 25, 34. Gal. 3, 18. Hebr. 11, 9. & seqq. Apoc. 2, 26. 1. Pet. 1, 4. August. in Psal. 49. Gal. 4, 26. III. Jn dem Himmel und der Erden ist das Reich/ IV. Jn dem Reich ist die Statt Jerusalem/ und in Quadratam civitatis formam improbat Vittruvius l. 1. c. 5. l. 4. c. 2. sed de ter- Wächtern/
Die Sieben und Viertzigſte (Dritte) von der Erden verſchlungen/ die feurigen Schlangen verwundeten/ dasFeuer verzehret die euſſerſte Laͤger. Der einige Troſt war der Meſſias/ der ſie begleitet unter einer Feuer- und Wolcken-Seule/ dariñ kuͤnfftigen Evange- liſchen Geheimnuͤſſen vorgeſpielt wordẽ; hingegen war das Land Canaan ein herrliches/ fettes/ reiches und geſegnetes Land/ deſſen die Jſraeliten auch wohl genoſſen/ ſo lange ſie ihrem Herrn und Gott getreu geblieben. Wie herrlich aber das Land Canaan geweſen mag ſeyn/ ſo iſt es doch nicht immer eine Schmaltz-Grube geblieben/ ſondern bißweilen eine Hunger- Grub worden. Die Golgata oder Schaͤdelſtaͤtt iſt in demſelben gelegen/ ja das gantze Land war ein Golgata und ſtinckendes Toden-Grab/ da alles allenthalben voll Toden-Beine gelegen/ wie dergleichen dem Propheten Ezechiel gezeiget worden/ und iſt alſo mehr nicht als ein Schatten/ gegen dem Land auffwaͤrts/ dahin ſich ſehnet unſer Hertz/ das iſt das Land da Ehre wohnet/ Guͤte und Treu einander begegnet/ Gerechtigkeit und Friede ſich kuͤſſen/ kein Butzen-Land/ kein Schlaurafen-Land. Urania terra, das Himmel-Land iſt das allfruchtbarſte/ geſundeſte und reicheſte Land. Jenes Canaan hatte ſeine groſſe Maͤngel/ offt Hunger außgeſtanden/ viel- mahl Durſt/ es fraß ſeine Einwohner/ wurde bewohnet von blutgierigen Leuten: Ein ſolches iſt dieſes neue Land/ das Land der Lebendigen nicht. 2. Tim. 4, 18. Matth. 13, v. 43. Luc. 23, 45. Matth. 25, 34. Gal. 3, 18. Hebr. 11, 9. & ſeqq. Apoc. 2, 26. 1. Pet. 1, 4. Auguſt. in Pſal. 49. Gal. 4, 26. III. Jn dem Himmel und der Erden iſt das Reich/ IV. Jn dem Reich iſt die Statt Jeruſalem/ und in Quadratam civitatis formam improbat Vittruvius l. 1. c. 5. l. 4. c. 2. ſed de ter- Waͤchtern/
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Die Sieben und Viertzigſte (Dritte)
von der Erden verſchlungen/ die feurigen Schlangen verwundeten/ das
Feuer verzehret die euſſerſte Laͤger. Der einige Troſt war der Meſſias/ der ſie
begleitet unter einer Feuer- und Wolcken-Seule/ dariñ kuͤnfftigen Evange-
liſchen Geheimnuͤſſen vorgeſpielt wordẽ; hingegen war das Land Canaan
ein herrliches/ fettes/ reiches und geſegnetes Land/ deſſen die Jſraeliten auch
wohl genoſſen/ ſo lange ſie ihrem Herrn und Gott getreu geblieben.
Wie herrlich aber das Land Canaan geweſen mag ſeyn/ ſo iſt es doch nicht
immer eine Schmaltz-Grube geblieben/ ſondern bißweilen eine Hunger-
Grub worden. Die Golgata oder Schaͤdelſtaͤtt iſt in demſelben gelegen/
ja das gantze Land war ein Golgata und ſtinckendes Toden-Grab/ da alles
allenthalben voll Toden-Beine gelegen/ wie dergleichen dem Propheten
Ezechiel gezeiget worden/ und iſt alſo mehr nicht als ein Schatten/ gegen
dem Land auffwaͤrts/ dahin ſich ſehnet unſer Hertz/ das iſt das Land da
Ehre wohnet/ Guͤte und Treu einander begegnet/ Gerechtigkeit und Friede
ſich kuͤſſen/ kein Butzen-Land/ kein Schlaurafen-Land. Urania terra,
das Himmel-Land iſt das allfruchtbarſte/ geſundeſte und reicheſte Land.
Jenes Canaan hatte ſeine groſſe Maͤngel/ offt Hunger außgeſtanden/ viel-
mahl Durſt/ es fraß ſeine Einwohner/ wurde bewohnet von blutgierigen
Leuten: Ein ſolches iſt dieſes neue Land/ das Land der Lebendigen nicht.
III. Jn dem Himmel und der Erden iſt das Reich/
das Himmelreich/ das Reich Gottes/ das Reich des Vaters/ das Reich
Chriſti/ das Reich/ ſo da zubereitet iſt/ das Erb-Reich und ſchoͤne liebliche
Erbtheil/ ſo da ererbet Chriſti Tod/ durch das inalienabile, unvergaͤngliche/
unbefleckte und unverwelckliche Erbe/ da Gluͤckſeeligkeit in ſtetem flor und
Wohlſtand; das nicht geſchwaͤchet wird durch die Menge der Beſitzer/ und
nicht kleiner wird wegen der Menge der Erben. Tanta eſt multis, quanta
paucis, tanta ſingulis, quanta omnibus, ſchreibt Auguſtinus: Es iſt vielen
eben ſo groß als wenigen/ und einem ſo weit und groß als allen. Welt-
liche Freude iſt das Widerſpiel/ ſagt Lutherus: kein Erbe iſt ſo gut/ es iſt
beflecklich/ es verwelckt endlich.
IV. Jn dem Reich iſt die Statt Jeruſalem/ und in
demſelben viel Wohnungen/ die heilige/ himmliſche Statt/ die
Braut/ von dem Heiligen Geiſte/ der mit uns als mit Kindern ſpielet/
vorgebildet/ wiewohl nur ſchattenweiſe/ in den allerkoſtbarſten und ſchoͤne-
ſten Sachen/ Gold/ Edelgeſtein und Perlen/ die auff einem hohen Berge
ligt/ dedicirt Gott und dem Lamb/ mit einer unuͤberwindlichen
Maur umbgeben/ verwahret mit zwoͤlf Pforten/ und mit ſo viel Engliſchen
Quadratam civitatis formam improbat Vittruvius l. 1. c. 5. l. 4. c. 2. ſed de ter-
rena loquitur hoſtibus expoſita. at urania civitas ἄσυλος.
Waͤchtern/
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Zitationshilfe: | Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/614>, abgerufen am 15.08.2024. |