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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.

Hie liget nun einem klugen Christen ob/ dem sein Theil Seeligkeit an-
gelegen/ die kluge Chur; dann wie er erwehlet/ so wird er wallen/ gute Wahl
gebäret ein ewiges gutes Wohl! braucht er hie gegen der Welt das apage!
stösset er sie von sich/ so wird er dort wohl leben. Vnd dahin zielet auch
unser Nicenischer Glaube; dieweil wir heut acht Tage vernommen/
daß warhafftig ein herrliches und seeliges Wolleben uns Menschen berei-
tet sey/ so folgt die Frage: Ubi? Wo? Darauff antwortet unser
Nicenisches
Symbolum kat' arsin kai thesin: Jch glaub ein Le-
ben der zukünfftigen Welt/
consequenter so habe ich dasselbe Le-
ben hie nicht zu suchen. Die arsis ist nunmehr das thema für dißmahl/
daß wir diese Welt mit ihrem Thun durchsuchen/ und zeigen/ daß das
ewige Leben darinne nicht zu finden sey. Gott der Heilige Geist wolle
uns erleuchten und leiten/ daß wir es recht fassen/ und den rechten Weg
zum ewigen Leben finden mögen/ durch Jesum Christum/ der die Thür ist/
Amen.

ES ist ja an dem/ wie die standhafftigen Bekenner zu Nicea sagen/
es seye ein Leben der zukünfftigen Welt. Freylich ist
unser Christen-Leben ein Leben der zukünfftigen/ und nicht dieser
Welt/ wir haben keine bleibende Statt/ sondern die zukünfftige suchen wir;
dann diese Welt und alles was drinnen ist/ was die Augen erfüllet/ die
Ohren belustiget/ und den Mund sättiget/ den Geruch erquicket/ der Em-
pfindligkeit wohlthut/ alles dasselbe ist nach der instruction des Heiligen
Geistes anders nicht/ als I. commune gemitorium, ein Seuff-
zen und Thränen-Thal/ und jämmerlich Marter-Hauß;

dahin zielet St. Paulus Rom. 8. wann er saget: Das ängstliche har-Rom. 8, 19.
& seqq.

ren der Natur wartet auff die Offenbarung der Kinder Got-
tes/ sintemal sie unterworffen ist der Eitelkeit ohne ihren Wil-
len/ der sie unterworffen auff Hoffnung; dann auch die Crea-
tur frey werden wird von dem Dienst des vergänglichen We-
sens zu der herrlichen Freyheit der Kinder Gottes. Dann
wir wissen/ daß alle Creatur sehnet sich mit uns/ und ängstet
sich noch immerdar.

Jst eine verblümte Art zu reden. Fragstu: Was für eine Creatur
meynet der Apostel? Antwort: Nicht eine himmlische/ welche nicht mehr
seuffzet; keine höllische/ weder Teufel noch Verdamte/ dann die heulen

und
Sechster Theil. C c c c
Predigt.

Hie liget nun einem klugen Chriſten ob/ dem ſein Theil Seeligkeit an-
gelegen/ die kluge Chur; dann wie er erwehlet/ ſo wird er wallen/ gute Wahl
gebaͤret ein ewiges gutes Wohl! braucht er hie gegen der Welt das apage!
ſtoͤſſet er ſie von ſich/ ſo wird er dort wohl leben. Vnd dahin zielet auch
unſer Niceniſcher Glaube; dieweil wir heut acht Tage vernommen/
daß warhafftig ein herrliches und ſeeliges Wolleben uns Menſchen berei-
tet ſey/ ſo folgt die Frage: Ubi? Wo? Darauff antwortet unſer
Niceniſches
Symbolum κατ᾽ ἄρσιν καὶ ϑέσιν: Jch glaub ein Le-
ben der zukuͤnfftigen Welt/
conſequenter ſo habe ich daſſelbe Le-
ben hie nicht zu ſuchen. Die ἄρσις iſt nunmehr das thema fuͤr dißmahl/
daß wir dieſe Welt mit ihrem Thun durchſuchen/ und zeigen/ daß das
ewige Leben darinne nicht zu finden ſey. Gott der Heilige Geiſt wolle
uns erleuchten und leiten/ daß wir es recht faſſen/ und den rechten Weg
zum ewigen Leben finden moͤgen/ durch Jeſum Chriſtum/ der die Thuͤr iſt/
Amen.

ES iſt ja an dem/ wie die ſtandhafftigen Bekenner zu Nicea ſagen/
es ſeye ein Leben der zukuͤnfftigen Welt. Freylich iſt
unſer Chriſten-Leben ein Leben der zukuͤnfftigen/ und nicht dieſer
Welt/ wir haben keine bleibende Statt/ ſondern die zukuͤnfftige ſuchen wir;
dann dieſe Welt und alles was drinnen iſt/ was die Augen erfuͤllet/ die
Ohren beluſtiget/ und den Mund ſaͤttiget/ den Geruch erquicket/ der Em-
pfindligkeit wohlthut/ alles daſſelbe iſt nach der inſtruction des Heiligen
Geiſtes anders nicht/ als I. commune gemitorium, ein Seuff-
zen und Thränen-Thal/ und jämmerlich Marter-Hauß;

dahin zielet St. Paulus Rom. 8. wann er ſaget: Das aͤngſtliche har-Rom. 8, 19.
& ſeqq.

ren der Natur wartet auff die Offenbarung der Kinder Got-
tes/ ſintemal ſie unterworffen iſt der Eitelkeit ohne ihren Wil-
len/ der ſie unterworffen auff Hoffnung; dann auch die Crea-
tur frey werden wird von dem Dienſt des vergaͤnglichen We-
ſens zu der herrlichen Freyheit der Kinder Gottes. Dann
wir wiſſen/ daß alle Creatur ſehnet ſich mit uns/ und aͤngſtet
ſich noch immerdar.

Jſt eine verbluͤmte Art zu reden. Fragſtu: Was fuͤr eine Creatur
meynet der Apoſtel? Antwort: Nicht eine himmliſche/ welche nicht mehr
ſeuffzet; keine hoͤlliſche/ weder Teufel noch Verdamte/ dann die heulen

und
Sechſter Theil. C c c c
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[569/0601] Predigt. Hie liget nun einem klugen Chriſten ob/ dem ſein Theil Seeligkeit an- gelegen/ die kluge Chur; dann wie er erwehlet/ ſo wird er wallen/ gute Wahl gebaͤret ein ewiges gutes Wohl! braucht er hie gegen der Welt das apage! ſtoͤſſet er ſie von ſich/ ſo wird er dort wohl leben. Vnd dahin zielet auch unſer Niceniſcher Glaube; dieweil wir heut acht Tage vernommen/ daß warhafftig ein herrliches und ſeeliges Wolleben uns Menſchen berei- tet ſey/ ſo folgt die Frage: Ubi? Wo? Darauff antwortet unſer Niceniſches Symbolum κατ᾽ ἄρσιν καὶ ϑέσιν: Jch glaub ein Le- ben der zukuͤnfftigen Welt/ conſequenter ſo habe ich daſſelbe Le- ben hie nicht zu ſuchen. Die ἄρσις iſt nunmehr das thema fuͤr dißmahl/ daß wir dieſe Welt mit ihrem Thun durchſuchen/ und zeigen/ daß das ewige Leben darinne nicht zu finden ſey. Gott der Heilige Geiſt wolle uns erleuchten und leiten/ daß wir es recht faſſen/ und den rechten Weg zum ewigen Leben finden moͤgen/ durch Jeſum Chriſtum/ der die Thuͤr iſt/ Amen. ES iſt ja an dem/ wie die ſtandhafftigen Bekenner zu Nicea ſagen/ es ſeye ein Leben der zukuͤnfftigen Welt. Freylich iſt unſer Chriſten-Leben ein Leben der zukuͤnfftigen/ und nicht dieſer Welt/ wir haben keine bleibende Statt/ ſondern die zukuͤnfftige ſuchen wir; dann dieſe Welt und alles was drinnen iſt/ was die Augen erfuͤllet/ die Ohren beluſtiget/ und den Mund ſaͤttiget/ den Geruch erquicket/ der Em- pfindligkeit wohlthut/ alles daſſelbe iſt nach der inſtruction des Heiligen Geiſtes anders nicht/ als I. commune gemitorium, ein Seuff- zen und Thränen-Thal/ und jämmerlich Marter-Hauß; dahin zielet St. Paulus Rom. 8. wann er ſaget: Das aͤngſtliche har- ren der Natur wartet auff die Offenbarung der Kinder Got- tes/ ſintemal ſie unterworffen iſt der Eitelkeit ohne ihren Wil- len/ der ſie unterworffen auff Hoffnung; dann auch die Crea- tur frey werden wird von dem Dienſt des vergaͤnglichen We- ſens zu der herrlichen Freyheit der Kinder Gottes. Dann wir wiſſen/ daß alle Creatur ſehnet ſich mit uns/ und aͤngſtet ſich noch immerdar. Rom. 8, 19. & ſeqq. Jſt eine verbluͤmte Art zu reden. Fragſtu: Was fuͤr eine Creatur meynet der Apoſtel? Antwort: Nicht eine himmliſche/ welche nicht mehr ſeuffzet; keine hoͤlliſche/ weder Teufel noch Verdamte/ dann die heulen und Sechſter Theil. C c c c

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/601>, abgerufen am 22.11.2024.