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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Ein und Viertzigste (Fünffte)
Ewigkeit. Man hat irgend Waghälse gefunden/ die über ein groß unge-
heuer Loch gesprungen mit Lebens-Gefahr/ da gehöret ein starcker Zulauff
zu: Wir müssen über einen ungeheuren Abgrund hinüber springen/ so
1. Cor. 9,
24.
heisset es demnach/ Lauffet/ daß ihrs ergreiffet. Am letzten Sprung
ist alles gelegen/ der letzte Augenblick macht alles aus/ darumb jener alte
Teutsche wohl zu sagen pflegte:

Einen gesunden Bissen/
Ein gutes Gewissen/
Einen reinen Trunck/
Einen seeligen Sprung
Aus diesem Leben
Wolle mir Gott aus Gnaden geben.

Endlich der Terminus ad quem apoluseos, das endliche
Ziel der Fahrt heisset
AEternitas, die unerdenckliche/ unauß-
sprechliche Ewigkeit;
Das zeitliche Nun wird der Ewigkeit entge-
gen gesetzt: Wann hie nur ein Nun und Augenblick ist/ so folget drauff
die Ewigkeit; Das nun~ emortuale, der Augenblick des Todes
ist gleichsam die Geburts-Stunde oder der Anfang der unauffhörlichen
Ewigkeit; Es ist der Augenblick/ an welchem die Ewigkeit hanget. Es
ist aber diese Ewigkeit aeternitas terribilis, erschrecklich allen
ruchlosen/ sichern Welt-Kindern/ derowegen soll man in der Zeit anfangen
sich zu hüten für der unseeligen Ewigkeit; Es ist ein Augenblick/ der da
belustiget/ aber ewig das da quälet und peiniget; Fleisches-Lust/ Augen-
Lust/ hoffärtig Leben/ reputation, &c. darnach ein Mensch trachtet/ ist ein
Augenblick; O wie ein kurtzes Fest ist aller Welt Herrligkeit/ in einem
Augenblick wird alles verschlossen! Caroli V. Symbolum ist gewesen
plus ultra, ie mehr und mehr/ ie weiter/ ie weiter! plus ultra, mehr und
mehr in Reichthumb/ in Ehr/ in Siegen/ da war er unersättlich; dasselbe
ist auch aller Menschen Symbolum. Aber sehr wohl hat ihn beschlagen
Franciscus I. als derselbe gefangen/ zu Madril an der Wand lase plus
ultra,
schrieb er darzu: Hodie mihi, cras tibi, Heute ists an mir/ morgen
an dir! Carolus V. hat deßwegen nicht über ihn gezürnet/ sondern darun-
ter geschrieben: Homo sum: humani a me nihil alienum puto. Jch bin
ein Mensch/ und halte dafür/ daß alles/ was menschlich ist/ mir auch an-
klebe. Jch bin ein Mensch/ das ist/ eine Wasser-Blase/ eine Blume/ etc.

dero-

Die Ein und Viertzigſte (Fuͤnffte)
Ewigkeit. Man hat irgend Waghaͤlſe gefunden/ die uͤber ein groß unge-
heuer Loch geſprungen mit Lebens-Gefahr/ da gehoͤret ein ſtarcker Zulauff
zu: Wir muͤſſen uͤber einen ungeheuren Abgrund hinuͤber ſpringen/ ſo
1. Cor. 9,
24.
heiſſet es demnach/ Lauffet/ daß ihrs ergreiffet. Am letzten Sprung
iſt alles gelegen/ der letzte Augenblick macht alles aus/ darumb jener alte
Teutſche wohl zu ſagen pflegte:

Einen geſunden Biſſen/
Ein gutes Gewiſſen/
Einen reinen Trunck/
Einen ſeeligen Sprung
Aus dieſem Leben
Wolle mir Gott aus Gnaden geben.

Endlich der Terminus ad quem ἀπολύσεως, das endliche
Ziel der Fahrt heiſſet
Æternitas, die unerdenckliche/ unauß-
ſprechliche Ewigkeit;
Das zeitliche Nun wird der Ewigkeit entge-
gen geſetzt: Wann hie nur ein Nun und Augenblick iſt/ ſo folget drauff
die Ewigkeit; Das νυν῀ emortuale, der Augenblick des Todes
iſt gleichſam die Geburts-Stunde oder der Anfang der unauffhoͤrlichen
Ewigkeit; Es iſt der Augenblick/ an welchem die Ewigkeit hanget. Es
iſt aber dieſe Ewigkeit æternitas terribilis, erſchrecklich allen
ruchloſen/ ſichern Welt-Kindern/ derowegen ſoll man in der Zeit anfangen
ſich zu huͤten fuͤr der unſeeligen Ewigkeit; Es iſt ein Augenblick/ der da
beluſtiget/ aber ewig das da quaͤlet und peiniget; Fleiſches-Luſt/ Augen-
Luſt/ hoffaͤrtig Leben/ reputation, &c. darnach ein Menſch trachtet/ iſt ein
Augenblick; O wie ein kurtzes Feſt iſt aller Welt Herrligkeit/ in einem
Augenblick wird alles verſchloſſen! Caroli V. Symbolum iſt geweſen
plus ultra, ie mehr und mehr/ ie weiter/ ie weiter! plus ultra, mehr und
mehr in Reichthumb/ in Ehr/ in Siegen/ da war er unerſaͤttlich; daſſelbe
iſt auch aller Menſchen Symbolum. Aber ſehr wohl hat ihn beſchlagen
Franciſcus I. als derſelbe gefangen/ zu Madril an der Wand laſe plus
ultra,
ſchrieb er darzu: Hodie mihi, cras tibi, Heute iſts an mir/ morgen
an dir! Carolus V. hat deßwegen nicht uͤber ihn gezuͤrnet/ ſondern darun-
ter geſchrieben: Homo ſum: humani à me nihil alienum puto. Jch bin
ein Menſch/ und halte dafuͤr/ daß alles/ was menſchlich iſt/ mir auch an-
klebe. Jch bin ein Menſch/ das iſt/ eine Waſſer-Blaſe/ eine Blume/ ꝛc.

dero-
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[510/0542] Die Ein und Viertzigſte (Fuͤnffte) Ewigkeit. Man hat irgend Waghaͤlſe gefunden/ die uͤber ein groß unge- heuer Loch geſprungen mit Lebens-Gefahr/ da gehoͤret ein ſtarcker Zulauff zu: Wir muͤſſen uͤber einen ungeheuren Abgrund hinuͤber ſpringen/ ſo heiſſet es demnach/ Lauffet/ daß ihrs ergreiffet. Am letzten Sprung iſt alles gelegen/ der letzte Augenblick macht alles aus/ darumb jener alte Teutſche wohl zu ſagen pflegte: 1. Cor. 9, 24. Einen geſunden Biſſen/ Ein gutes Gewiſſen/ Einen reinen Trunck/ Einen ſeeligen Sprung Aus dieſem Leben Wolle mir Gott aus Gnaden geben. Endlich der Terminus ad quem ἀπολύσεως, das endliche Ziel der Fahrt heiſſet Æternitas, die unerdenckliche/ unauß- ſprechliche Ewigkeit; Das zeitliche Nun wird der Ewigkeit entge- gen geſetzt: Wann hie nur ein Nun und Augenblick iſt/ ſo folget drauff die Ewigkeit; Das νυν῀ emortuale, der Augenblick des Todes iſt gleichſam die Geburts-Stunde oder der Anfang der unauffhoͤrlichen Ewigkeit; Es iſt der Augenblick/ an welchem die Ewigkeit hanget. Es iſt aber dieſe Ewigkeit æternitas terribilis, erſchrecklich allen ruchloſen/ ſichern Welt-Kindern/ derowegen ſoll man in der Zeit anfangen ſich zu huͤten fuͤr der unſeeligen Ewigkeit; Es iſt ein Augenblick/ der da beluſtiget/ aber ewig das da quaͤlet und peiniget; Fleiſches-Luſt/ Augen- Luſt/ hoffaͤrtig Leben/ reputation, &c. darnach ein Menſch trachtet/ iſt ein Augenblick; O wie ein kurtzes Feſt iſt aller Welt Herrligkeit/ in einem Augenblick wird alles verſchloſſen! Caroli V. Symbolum iſt geweſen plus ultra, ie mehr und mehr/ ie weiter/ ie weiter! plus ultra, mehr und mehr in Reichthumb/ in Ehr/ in Siegen/ da war er unerſaͤttlich; daſſelbe iſt auch aller Menſchen Symbolum. Aber ſehr wohl hat ihn beſchlagen Franciſcus I. als derſelbe gefangen/ zu Madril an der Wand laſe plus ultra, ſchrieb er darzu: Hodie mihi, cras tibi, Heute iſts an mir/ morgen an dir! Carolus V. hat deßwegen nicht uͤber ihn gezuͤrnet/ ſondern darun- ter geſchrieben: Homo ſum: humani à me nihil alienum puto. Jch bin ein Menſch/ und halte dafuͤr/ daß alles/ was menſchlich iſt/ mir auch an- klebe. Jch bin ein Menſch/ das iſt/ eine Waſſer-Blaſe/ eine Blume/ ꝛc. dero-

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/542>, abgerufen am 22.11.2024.