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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.
gam im Hohenlied Salom. die herauff gehet aus der Wüsten/
wie ein gerader Rauch/ wie ein Geräuch von Myrrhen/ Wey-
rauch und allerley Pulver eines Apothekers?
Antwort/ es ist eine
andächtige betende Christen-Seele.

2. Quae grana thuris? Welches ist der Weyrauch?
Alle unsere Gebete/
deeseis, proseukhai, enteuxeis, abbitten/ zubitten/
fürbitten/ nachbitten/ wohin gehören im heiligen Vater unser die sieben
Bitten desselben.

3. Quod thuribulum? Welches ist das Räuch-Faß?
Ein zerknirschtes/ durch das Blut Christi gereinigtes/ an-
dächtiges Hertz/
daß vom Golde des Glaubens zubereitet und glän-
tzet; Sancta anima quasi thuribulum cor suum facit, sagt Gregorius:Greg. M. in
Cant. c.
3.

Eine heilige Seele machet ihr Hertz gleichsam zu einem Räuch-Faß; und
demnach Cor. 1. fidele; ein glaubiges Hertz/ daß durch den
Glauben gereiniget ist/ von den eusserlichen objectis, Creaturen und welt-
lichen Geschäfften abgezogen und gewendet/ Gott alleine gelassen/ son-
derlich zu früher Zeit/ da der Mensch nüchtern und von keinen affecten an-
gefüllet/ da die Thür noch beschlossen/ noch keine frembde Gedancken durch
die Porten der Augen und Ohren eingeflogen/ Christus gehet gerne durch
geschlossene Thüren/ da ist die Einsamkeit gut/ kan es nicht geschehen leib-
lich/ so soll es doch seyn mit dem Gemüthe; Ein Hertz das alle Geschäffte
und Arbeit von sich geleget; der Teufel und sein Statthalter der alte Adam
ist geschäfftig/ wann er sihet/ daß der Mensch opffern will/ so sagt er wie
Pharao/ Exod. 5. Man trucke die Leute mit Arbeit/ daß sie zuExod. 5, 9.
schaffen haben; Darwider lautet Christi Verweiß/ sagend:
Martha/ Martha/ du hast viel zu schaffen! eins aber ist noth.Luc. 10, 41.
42.

Es lasset sich da nicht viel Arbeit zugleich thun/ Brief lesen/ Brief dictiren/
Brief schreiben/ singen und pfeiffen zugleich.

Pluribus intentus minor est ad singula sensus,

Wer viel auff einmal thun will/ der verrichtet keines recht.

2. Cor praeparatum, Ein zubereitetes Hertz; Ein Lau-
tenschläger stimmet zuvor/ ein Redner meditirt zuvor/ fallet nicht mit allen
vieren hinein; Also muß auch das Hertz/ soll es ein angenehmes Räuch-
faß für Gott seyn/ zubereitet und gereiniget seyn/ durch wahre Busse/
hertzliche Reu und Leid; Wer opffern wolte im Alten Testament/ musteLev. 5, 5. 16.
c. 16, 21.
Ioh.
9, 31.

zuvor sich bereiten/ das Vnrecht erstatten/ fasten/ Dann Gott erhöret

die
Sechster Theil. F f

Predigt.
gam im Hohenlied Salom. die herauff gehet aus der Wuͤſten/
wie ein gerader Rauch/ wie ein Geraͤuch von Myrrhen/ Wey-
rauch und allerley Pulver eines Apothekers?
Antwort/ es iſt eine
andaͤchtige betende Chriſten-Seele.

2. Quæ grana thuris? Welches iſt der Weyrauch?
Alle unſere Gebete/
δεήσεις, προσευχαὶ, ἐντἐυξεις, abbitten/ zubitten/
fuͤrbitten/ nachbitten/ wohin gehoͤren im heiligen Vater unſer die ſieben
Bitten deſſelben.

3. Quod thuribulum? Welches iſt das Raͤuch-Faß?
Ein zerknirſchtes/ durch das Blut Chriſti gereinigtes/ an-
daͤchtiges Hertz/
daß vom Golde des Glaubens zubereitet und glaͤn-
tzet; Sancta anima quaſi thuribulum cor ſuum facit, ſagt Gregorius:Greg. M. in
Cant. c.
3.

Eine heilige Seele machet ihr Hertz gleichſam zu einem Raͤuch-Faß; und
demnach Cor. 1. fidele; ein glaubiges Hertz/ daß durch den
Glauben gereiniget iſt/ von den euſſerlichen objectis, Creaturen und welt-
lichen Geſchaͤfften abgezogen und gewendet/ Gott alleine gelaſſen/ ſon-
derlich zu fruͤher Zeit/ da der Menſch nuͤchtern und von keinen affecten an-
gefuͤllet/ da die Thuͤr noch beſchloſſen/ noch keine frembde Gedancken durch
die Porten der Augen und Ohren eingeflogen/ Chriſtus gehet gerne durch
geſchloſſene Thuͤren/ da iſt die Einſamkeit gut/ kan es nicht geſchehen leib-
lich/ ſo ſoll es doch ſeyn mit dem Gemuͤthe; Ein Hertz das alle Geſchaͤffte
und Arbeit von ſich geleget; der Teufel und ſein Statthalter der alte Adam
iſt geſchaͤfftig/ wann er ſihet/ daß der Menſch opffern will/ ſo ſagt er wie
Pharao/ Exod. 5. Man trucke die Leute mit Arbeit/ daß ſie zuExod. 5, 9.
ſchaffen haben; Darwider lautet Chriſti Verweiß/ ſagend:
Martha/ Martha/ du haſt viel zu ſchaffen! eins aber iſt noth.Luc. 10, 41.
42.

Es laſſet ſich da nicht viel Arbeit zugleich thun/ Brief leſen/ Brief dictiren/
Brief ſchreiben/ ſingen und pfeiffen zugleich.

Pluribus intentus minor eſt ad ſingula ſenſus,

Wer viel auff einmal thun will/ der verrichtet keines recht.

2. Cor præparatum, Ein zubereitetes Hertz; Ein Lau-
tenſchlaͤger ſtimmet zuvor/ ein Redner meditirt zuvor/ fallet nicht mit allen
vieren hinein; Alſo muß auch das Hertz/ ſoll es ein angenehmes Raͤuch-
faß fuͤr Gott ſeyn/ zubereitet und gereiniget ſeyn/ durch wahre Buſſe/
hertzliche Reu und Leid; Wer opffern wolte im Alten Teſtament/ muſteLev. 5, 5. 16.
c. 16, 21.
Ioh.
9, 31.

zuvor ſich bereiten/ das Vnrecht erſtatten/ faſten/ Dann Gott erhoͤret

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Sechſter Theil. F f
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[225/0257] Predigt. gam im Hohenlied Salom. die herauff gehet aus der Wuͤſten/ wie ein gerader Rauch/ wie ein Geraͤuch von Myrrhen/ Wey- rauch und allerley Pulver eines Apothekers? Antwort/ es iſt eine andaͤchtige betende Chriſten-Seele. 2. Quæ grana thuris? Welches iſt der Weyrauch? Alle unſere Gebete/ δεήσεις, προσευχαὶ, ἐντἐυξεις, abbitten/ zubitten/ fuͤrbitten/ nachbitten/ wohin gehoͤren im heiligen Vater unſer die ſieben Bitten deſſelben. 3. Quod thuribulum? Welches iſt das Raͤuch-Faß? Ein zerknirſchtes/ durch das Blut Chriſti gereinigtes/ an- daͤchtiges Hertz/ daß vom Golde des Glaubens zubereitet und glaͤn- tzet; Sancta anima quaſi thuribulum cor ſuum facit, ſagt Gregorius: Eine heilige Seele machet ihr Hertz gleichſam zu einem Raͤuch-Faß; und demnach Cor. 1. fidele; ein glaubiges Hertz/ daß durch den Glauben gereiniget iſt/ von den euſſerlichen objectis, Creaturen und welt- lichen Geſchaͤfften abgezogen und gewendet/ Gott alleine gelaſſen/ ſon- derlich zu fruͤher Zeit/ da der Menſch nuͤchtern und von keinen affecten an- gefuͤllet/ da die Thuͤr noch beſchloſſen/ noch keine frembde Gedancken durch die Porten der Augen und Ohren eingeflogen/ Chriſtus gehet gerne durch geſchloſſene Thuͤren/ da iſt die Einſamkeit gut/ kan es nicht geſchehen leib- lich/ ſo ſoll es doch ſeyn mit dem Gemuͤthe; Ein Hertz das alle Geſchaͤffte und Arbeit von ſich geleget; der Teufel und ſein Statthalter der alte Adam iſt geſchaͤfftig/ wann er ſihet/ daß der Menſch opffern will/ ſo ſagt er wie Pharao/ Exod. 5. Man trucke die Leute mit Arbeit/ daß ſie zu ſchaffen haben; Darwider lautet Chriſti Verweiß/ ſagend: Martha/ Martha/ du haſt viel zu ſchaffen! eins aber iſt noth. Es laſſet ſich da nicht viel Arbeit zugleich thun/ Brief leſen/ Brief dictiren/ Brief ſchreiben/ ſingen und pfeiffen zugleich. Greg. M. in Cant. c. 3. Exod. 5, 9. Luc. 10, 41. 42. Pluribus intentus minor eſt ad ſingula ſenſus, Wer viel auff einmal thun will/ der verrichtet keines recht. 2. Cor præparatum, Ein zubereitetes Hertz; Ein Lau- tenſchlaͤger ſtimmet zuvor/ ein Redner meditirt zuvor/ fallet nicht mit allen vieren hinein; Alſo muß auch das Hertz/ ſoll es ein angenehmes Raͤuch- faß fuͤr Gott ſeyn/ zubereitet und gereiniget ſeyn/ durch wahre Buſſe/ hertzliche Reu und Leid; Wer opffern wolte im Alten Teſtament/ muſte zuvor ſich bereiten/ das Vnrecht erſtatten/ faſten/ Dann Gott erhoͤret die Lev. 5, 5. 16. c. 16, 21. Ioh. 9, 31. Sechſter Theil. F f

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/257>, abgerufen am 22.11.2024.