Busse/ nemlich die Bluts-Thränen die Christus im Oel-Garten vergos- sen. Lacrymas Petri lego, satisfactionem non lego, schreibt () Ambro- sius, Jch lese wol von Petri Thränen/ aber von keinen büssenden und gnug- thuenden Thränen. Buß-Zeichen sind es/ nicht versöhnende Buß- Wercke.
() Ambros. in Luc. 22. contra Leonem M. qui serm. 9. de passione scribit, lacrymae Petri ad diluendam culpam negationis virtutem habuerunt S. Baptisma- tis, confer Bellarm. in gemitu Columb l. 1. c. 10. Cornel. a Lap. ad Ezech. pag. 1000. Raderi Bavariam Sanct. de lacrymis Ottiliae part. ult. pag. 7.
Dienet alles zu einer Leuchte und Schau/ daß wir uns umbse- hen/ ob und wo solch ernste Büsser heutigs Tages anzutreffen? Es man- gelt an scharffen Augen/ niemand gehet fast recht in sich selbst/ einer sihet den andern an/ und meynt/ der sey getroffen/ ihn geh es nicht an. Zwar Buß-Zeichen erscheinen bey vielen/ ein Sack aber ohn Hertz/ ein Hertz-loser Sack/ ein Hertz-loser beichtender und betender Mund/ Hertz-loses Nim- merthun: Pharao hat auch eine Zeitlang ingehalten von seiner Boßheit/ aber so bald er Lufft bekommen/ sein Hertz wiederumb erhärtet: einem Dieb werden die Hände gebunden/ daß er nicht mehr stehlen kan/ aber der affect, Lust und Begierde zu stehlen bleibt ungebunden/ daher man die exempla gehabt deren/ die vom Galgen erlöset/ dannoch wiederumb angefangen zu mausen. Alte Geissen lecken noch gern Saltz/ ist schon die Vermöglichkeit verschwunden/ so ist doch der affect und flammende Lust vorhanden.
Das Gemüth ist blind/ sihet mit Phariseischen Augen den SplitterLuc. 6, 41. ins Bruders Auge/ wird aber des Balcken in seinem Auge nicht gewar. Bonifacius VIII. Papst war so verblendet/ daß er bey seiner unerschwing-vid. papyr. Massov. in ejus vita. lichen Tyranney ihm noch eingebildet/ er leide unschuldig: da er von einer conspiration wider ihn gehört/ sagt er/ er tröste sich mit Christo/ der sey auch verrathen worden. Welt-Traurigkeit ist gemein/ die Göttliche Traurig- keit rar. Saul und David geben uns beyder Traurigkeit Exempel an die Hand/ Saul trauret umb den Verlust seines Königreichs/ er ließ Gott gern sein Himmels-Kron/ wann er nur seine weltliche Königs-Kron erhaltenPsal. 51, 13. möcht: David trauret über den Verlust des höchsten Guts/ des Heiligen Geistes/ den er verlohren/ und bittet/ daß er ihm nicht wieder genommen werde/ er ließ einem andern sein Königreich gern fahren/ wann er nur Got- tes Huld erlangen und erhalten möchte. Jener trauret wegen der ange- dräueten Straffe/ dieser über die leidige Sünde/ Meine Sünde istPsal. 51, 5. 2. Sam. 15, 26. immer für mir/ der Straffe untergibt er sich gedultig. Jener lässet
keinen
Sechster Theil. Y
Predigt.
Buſſe/ nemlich die Bluts-Thraͤnen die Chriſtus im Oel-Garten vergoſ- ſen. Lacrymas Petri lego, ſatisfactionem non lego, ſchreibt () Ambro- ſius, Jch leſe wol von Petri Thraͤnen/ aber von keinen buͤſſenden und gnug- thuenden Thraͤnen. Buß-Zeichen ſind es/ nicht verſoͤhnende Buß- Wercke.
() Ambroſ. in Luc. 22. contra Leonem M. qui ſerm. 9. de paſſione ſcribit, lacrymæ Petri ad diluendam culpam negationis virtutem habuerunt S. Baptiſma- tis, confer Bellarm. in gemitu Columb l. 1. c. 10. Cornel. à Lap. ad Ezech. pag. 1000. Raderi Bavariam Sanct. de lacrymis Ottiliæ part. ult. pag. 7.
Dienet alles zu einer Leuchte und Schau/ daß wir uns umbſe- hen/ ob und wo ſolch ernſte Buͤſſer heutigs Tages anzutreffen? Es man- gelt an ſcharffen Augen/ niemand gehet faſt recht in ſich ſelbſt/ einer ſihet den andern an/ und meynt/ der ſey getroffen/ ihn geh es nicht an. Zwar Buß-Zeichen erſcheinen bey vielen/ ein Sack aber ohn Hertz/ ein Hertz-loſer Sack/ ein Hertz-loſer beichtender und betender Mund/ Hertz-loſes Nim- merthun: Pharao hat auch eine Zeitlang ingehalten von ſeiner Boßheit/ aber ſo bald er Lufft bekommen/ ſein Hertz wiederumb erhaͤrtet: einem Dieb werden die Haͤnde gebunden/ daß er nicht mehr ſtehlen kan/ aber der affect, Luſt und Begierde zu ſtehlen bleibt ungebunden/ daher man die exempla gehabt deren/ die vom Galgen erloͤſet/ dannoch wiederumb angefangen zu mauſen. Alte Geiſſen lecken noch gern Saltz/ iſt ſchon die Vermoͤglichkeit verſchwunden/ ſo iſt doch der affect und flammende Luſt vorhanden.
Das Gemuͤth iſt blind/ ſihet mit Phariſeiſchen Augen den SplitterLuc. 6, 41. ins Bruders Auge/ wird aber des Balcken in ſeinem Auge nicht gewar. Bonifacius VIII. Papſt war ſo verblendet/ daß er bey ſeiner unerſchwing-vid. papyr. Maſſov. in ejus vitâ. lichen Tyranney ihm noch eingebildet/ er leide unſchuldig: da er von einer conſpiration wider ihn gehoͤrt/ ſagt er/ er troͤſte ſich mit Chriſto/ der ſey auch verrathen worden. Welt-Traurigkeit iſt gemein/ die Goͤttliche Traurig- keit rar. Saul und David geben uns beyder Traurigkeit Exempel an die Hand/ Saul trauret umb den Verluſt ſeines Koͤnigreichs/ er ließ Gott gern ſein Him̃els-Kron/ wañ er nur ſeine weltliche Koͤnigs-Kron erhaltenPſal. 51, 13. moͤcht: David trauret uͤber den Verluſt des hoͤchſten Guts/ des Heiligen Geiſtes/ den er verlohren/ und bittet/ daß er ihm nicht wieder genommen werde/ er ließ einem andern ſein Koͤnigreich gern fahren/ wann er nur Got- tes Huld erlangen und erhalten moͤchte. Jener trauret wegen der ange- draͤueten Straffe/ dieſer uͤber die leidige Suͤnde/ Meine Suͤnde iſtPſal. 51, 5. 2. Sam. 15, 26. immer fuͤr mir/ der Straffe untergibt er ſich gedultig. Jener laͤſſet
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Sechſter Theil. Y
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[169/0201]
Predigt.
Buſſe/ nemlich die Bluts-Thraͤnen die Chriſtus im Oel-Garten vergoſ-
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ſius, Jch leſe wol von Petri Thraͤnen/ aber von keinen buͤſſenden und gnug-
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() Ambroſ. in Luc. 22. contra Leonem M. qui ſerm. 9. de paſſione ſcribit,
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Raderi Bavariam Sanct. de lacrymis Ottiliæ part. ult. pag. 7.
Dienet alles zu einer Leuchte und Schau/ daß wir uns umbſe-
hen/ ob und wo ſolch ernſte Buͤſſer heutigs Tages anzutreffen? Es man-
gelt an ſcharffen Augen/ niemand gehet faſt recht in ſich ſelbſt/ einer
ſihet den andern an/ und meynt/ der ſey getroffen/ ihn geh es nicht an. Zwar
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Sack/ ein Hertz-loſer beichtender und betender Mund/ Hertz-loſes Nim-
merthun: Pharao hat auch eine Zeitlang ingehalten von ſeiner Boßheit/
aber ſo bald er Lufft bekommen/ ſein Hertz wiederumb erhaͤrtet: einem Dieb
werden die Haͤnde gebunden/ daß er nicht mehr ſtehlen kan/ aber der affect,
Luſt und Begierde zu ſtehlen bleibt ungebunden/ daher man die exempla
gehabt deren/ die vom Galgen erloͤſet/ dannoch wiederumb angefangen zu
mauſen. Alte Geiſſen lecken noch gern Saltz/ iſt ſchon die Vermoͤglichkeit
verſchwunden/ ſo iſt doch der affect und flammende Luſt vorhanden.
Das Gemuͤth iſt blind/ ſihet mit Phariſeiſchen Augen den Splitter
ins Bruders Auge/ wird aber des Balcken in ſeinem Auge nicht gewar.
Bonifacius VIII. Papſt war ſo verblendet/ daß er bey ſeiner unerſchwing-
lichen Tyranney ihm noch eingebildet/ er leide unſchuldig: da er von einer
conſpiration wider ihn gehoͤrt/ ſagt er/ er troͤſte ſich mit Chriſto/ der ſey auch
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Hand/ Saul trauret umb den Verluſt ſeines Koͤnigreichs/ er ließ Gott
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moͤcht: David trauret uͤber den Verluſt des hoͤchſten Guts/ des Heiligen
Geiſtes/ den er verlohren/ und bittet/ daß er ihm nicht wieder genommen
werde/ er ließ einem andern ſein Koͤnigreich gern fahren/ wann er nur Got-
tes Huld erlangen und erhalten moͤchte. Jener trauret wegen der ange-
draͤueten Straffe/ dieſer uͤber die leidige Suͤnde/ Meine Suͤnde iſt
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Luc. 6, 41.
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Maſſov. in
ejus vitâ.
Pſal. 51, 13.
Pſal. 51, 5.
2. Sam. 15,
26.
Sechſter Theil. Y
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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/201>, abgerufen am 24.11.2024.
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