Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

Bild:
<< vorherige Seite

Predigt.
heist justificatio, die rechte gründliche vollbringende Gerechtmachung/ da
die vergangene Sünd verschwindet/ die gegenwärtige Erb-Sünd bedecket/
abgewendet/ folgends dero Straffe/ die Wunde allerdings ihr Regiment
verlieren/ und der Schade nach und nach durch tägliche mortification
und Tödtung des Fleisches heil würd.

Vnd das ist eigentlich das tröstliche Evangelium von dem Jubel-
Jahr Neues Testaments/ daß Christus in die Welt gebracht/ damit man-
cher Sünder erquickt worden: Sey getrost mein Sohn etc. davon alleAct. 10, 43.
Propheten geprediget/ allen zerknirschten geist-hungerigen und geist-dursti-
gen Sündern zu Trost und Labsal/ dasselbe hat er bald anfangs zu Naza-
reth seiner Heimat geprediget/ da er das Buch herumb warff/ fundeLuc. 4, 16.
& seqq.

er den Ort/ da geschrieben stehet: Der Geist des HERRN
ist bey mir/ derhalben hat er mich gesalbet und gesand zu ver-
kündigen das Evangelium den Armen/ zu heilen die zerstossens
Hertzens sind/ zu predigen den Gefangenen/ heute ist diese
Verheissung erfüllet;
Wir sprechen billich auch: Heute ist diese
Schrifft erfüllet auch für euren Ohren/ wann ihrs wollet annehmen.
Welche fröliche Botschafft über alle Zeitungen gehet/ die man mit grossen
inniglichen Hertzens-Freuden anzunehmen/ alle vorerzehlte Verheissun-
gen Gott fürzuhalten. Ein Soldat auff der Wahlstatt/ wann er höret/
Quartier! ich meyn/ er spitzet die Ohren und richtet sich wieder auff. Ein ma-
leficant,
der auff das Leben gefangen/ wann derselbe von einiger Gnade hö-
ret/ mit was Danck und Freuden nimmet ers an/ wie fasset er alle Wort so
fleissig zu Ohren? Solte einer armen Seelen der die Gnaden-Zeit versau-
met/ in der Höllen diß Evangelium geprediget werden/ was unaußsprech-
liche Freude würde sie empfinden? Solte den bösen Geistern dergleichen
wiederfahren/ sie würden mit Freuden aller Marter vergessen/ die sie ge-
litten hätten/ oder noch eine Zeit leiden müsten.

Als vorzeiten die gantze Jüdische nation durch Hamans practicenEsth. 3, 13.
zum Tode verdammt gewest/ was Noth/ was Jammer/ was heulen/ wasc. 4, 1. seqq.
Weheklagen/ Zetter-mordio, Ach und Weh war damal? Aber da siec. 8, 11. seq.
contrari-Lufft bekommen/ und die Evangelia/ die Läuffer aus Ahasveric. 9, 18. seq.
Cantzley außgeflohen/ und eine allgemeine perdon und Ablaß der ange-
droheten Marter und Plagen außgeruffen worden/ so haben sie ein sonder
Fest angestellet/ das Purim-Fest Esther/ da war Freude und Wonne und
Wolleben bey allen Juden; dasselbe Fest soll unser täglich Fest seyn.

Wann
S 3

Predigt.
heiſt juſtificatio, die rechte gruͤndliche vollbringende Gerechtmachung/ da
die vergangene Suͤnd verſchwindet/ die gegenwaͤrtige Erb-Suͤnd bedecket/
abgewendet/ folgends dero Straffe/ die Wunde allerdings ihr Regiment
verlieren/ und der Schade nach und nach durch taͤgliche mortification
und Toͤdtung des Fleiſches heil wuͤrd.

Vnd das iſt eigentlich das troͤſtliche Evangelium von dem Jubel-
Jahr Neues Teſtaments/ daß Chriſtus in die Welt gebracht/ damit man-
cher Suͤnder erquickt worden: Sey getroſt mein Sohn ꝛc. davon alleAct. 10, 43.
Propheten geprediget/ allen zerknirſchten geiſt-hungerigen und geiſt-durſti-
gen Suͤndern zu Troſt und Labſal/ daſſelbe hat er bald anfangs zu Naza-
reth ſeiner Heimat geprediget/ da er das Buch herumb warff/ fundeLuc. 4, 16.
& ſeqq.

er den Ort/ da geſchrieben ſtehet: Der Geiſt des HERRN
iſt bey mir/ derhalben hat er mich geſalbet und geſand zu ver-
kuͤndigen das Evangelium den Armen/ zu heilen die zerſtoſſens
Hertzens ſind/ zu predigen den Gefangenen/ heute iſt dieſe
Verheiſſung erfuͤllet;
Wir ſprechen billich auch: Heute iſt dieſe
Schrifft erfuͤllet auch fuͤr euren Ohren/ wann ihrs wollet annehmen.
Welche froͤliche Botſchafft uͤber alle Zeitungen gehet/ die man mit groſſen
inniglichen Hertzens-Freuden anzunehmen/ alle vorerzehlte Verheiſſun-
gen Gott fuͤrzuhalten. Ein Soldat auff der Wahlſtatt/ wann er hoͤret/
Quartier! ich meyn/ er ſpitzet die Ohrẽ und richtet ſich wieder auff. Ein ma-
leficant,
der auff das Leben gefangen/ wann derſelbe von einiger Gnade hoͤ-
ret/ mit was Danck und Freuden nimmet ers an/ wie faſſet er alle Wort ſo
fleiſſig zu Ohren? Solte einer armen Seelen der die Gnaden-Zeit verſau-
met/ in der Hoͤllen diß Evangelium geprediget werden/ was unaußſprech-
liche Freude wuͤrde ſie empfinden? Solte den boͤſen Geiſtern dergleichen
wiederfahren/ ſie wuͤrden mit Freuden aller Marter vergeſſen/ die ſie ge-
litten haͤtten/ oder noch eine Zeit leiden muͤſten.

Als vorzeiten die gantze Juͤdiſche nation durch Hamans practicenEſth. 3, 13.
zum Tode verdammt geweſt/ was Noth/ was Jammer/ was heulen/ wasc. 4, 1. ſeqq.
Weheklagen/ Zetter-mordio, Ach und Weh war damal? Aber da ſiec. 8, 11. ſeq.
contrari-Lufft bekommen/ und die Evangelia/ die Laͤuffer aus Ahaſveric. 9, 18. ſeq.
Cantzley außgeflohen/ und eine allgemeine perdon und Ablaß der ange-
droheten Marter und Plagen außgeruffen worden/ ſo haben ſie ein ſonder
Feſt angeſtellet/ das Purim-Feſt Eſther/ da war Freude und Wonne und
Wolleben bey allen Juden; daſſelbe Feſt ſoll unſer taͤglich Feſt ſeyn.

Wann
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0173" n="141"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Predigt.</hi></fw><lb/>
hei&#x017F;t <hi rendition="#aq">ju&#x017F;tificatio,</hi> die rechte gru&#x0364;ndliche vollbringende Gerechtmachung/ da<lb/>
die vergangene Su&#x0364;nd ver&#x017F;chwindet/ die gegenwa&#x0364;rtige Erb-Su&#x0364;nd bedecket/<lb/>
abgewendet/ folgends dero Straffe/ die Wunde allerdings ihr Regiment<lb/>
verlieren/ und der Schade nach und nach durch ta&#x0364;gliche <hi rendition="#aq">mortification</hi><lb/>
und To&#x0364;dtung des Flei&#x017F;ches heil wu&#x0364;rd.</p><lb/>
        <p>Vnd das i&#x017F;t eigentlich das tro&#x0364;&#x017F;tliche Evangelium von dem Jubel-<lb/>
Jahr Neues Te&#x017F;taments/ daß Chri&#x017F;tus in die Welt gebracht/ damit man-<lb/>
cher Su&#x0364;nder erquickt worden: <hi rendition="#fr">Sey getro&#x017F;t mein Sohn &#xA75B;c.</hi> davon alle<note place="right"><hi rendition="#aq">Act.</hi> 10, 43.</note><lb/>
Propheten geprediget/ allen zerknir&#x017F;chten gei&#x017F;t-hungerigen und gei&#x017F;t-dur&#x017F;ti-<lb/>
gen Su&#x0364;ndern zu Tro&#x017F;t und Lab&#x017F;al/ da&#x017F;&#x017F;elbe hat er bald anfangs zu Naza-<lb/>
reth &#x017F;einer Heimat geprediget/ <hi rendition="#fr">da er das Buch herumb warff/ funde</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Luc. 4, 16.<lb/>
&amp; &#x017F;eqq.</hi></note><lb/><hi rendition="#fr">er den Ort/ da ge&#x017F;chrieben &#x017F;tehet: Der Gei&#x017F;t des <hi rendition="#g">HERRN</hi><lb/>
i&#x017F;t bey mir/ derhalben hat er mich ge&#x017F;albet und ge&#x017F;and zu ver-<lb/>
ku&#x0364;ndigen das Evangelium den Armen/ zu heilen die zer&#x017F;to&#x017F;&#x017F;ens<lb/>
Hertzens &#x017F;ind/ zu predigen den Gefangenen/ heute i&#x017F;t die&#x017F;e<lb/>
Verhei&#x017F;&#x017F;ung erfu&#x0364;llet;</hi> Wir &#x017F;prechen billich auch: Heute i&#x017F;t die&#x017F;e<lb/>
Schrifft erfu&#x0364;llet auch fu&#x0364;r euren Ohren/ wann ihrs wollet annehmen.<lb/>
Welche fro&#x0364;liche Bot&#x017F;chafft u&#x0364;ber alle Zeitungen gehet/ die man mit gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
inniglichen Hertzens-Freuden anzunehmen/ alle vorerzehlte Verhei&#x017F;&#x017F;un-<lb/>
gen <hi rendition="#k">Gott</hi> fu&#x0364;rzuhalten. Ein Soldat auff der Wahl&#x017F;tatt/ wann er ho&#x0364;ret/<lb/>
Quartier! ich meyn/ er &#x017F;pitzet die Ohre&#x0303; und richtet &#x017F;ich wieder auff. Ein <hi rendition="#aq">ma-<lb/>
leficant,</hi> der auff das Leben gefangen/ wann der&#x017F;elbe von einiger Gnade ho&#x0364;-<lb/>
ret/ mit was Danck und Freuden nimmet ers an/ wie fa&#x017F;&#x017F;et er alle Wort &#x017F;o<lb/>
flei&#x017F;&#x017F;ig zu Ohren? Solte einer armen Seelen der die Gnaden-Zeit ver&#x017F;au-<lb/>
met/ in der Ho&#x0364;llen diß Evangelium geprediget werden/ was unauß&#x017F;prech-<lb/>
liche Freude wu&#x0364;rde &#x017F;ie empfinden? Solte den bo&#x0364;&#x017F;en Gei&#x017F;tern dergleichen<lb/>
wiederfahren/ &#x017F;ie wu&#x0364;rden mit Freuden aller Marter verge&#x017F;&#x017F;en/ die &#x017F;ie ge-<lb/>
litten ha&#x0364;tten/ oder noch eine Zeit leiden mu&#x0364;&#x017F;ten.</p><lb/>
        <p>Als vorzeiten die gantze Ju&#x0364;di&#x017F;che <hi rendition="#aq">nation</hi> durch Hamans <hi rendition="#aq">practic</hi>en<note place="right"><hi rendition="#aq">E&#x017F;th.</hi> 3, 13.</note><lb/>
zum Tode verdammt gewe&#x017F;t/ was Noth/ was Jammer/ was heulen/ was<note place="right"><hi rendition="#aq">c. 4, 1. &#x017F;eqq.</hi></note><lb/>
Weheklagen/ Zetter-<hi rendition="#aq">mordio,</hi> Ach und Weh war damal? Aber da &#x017F;ie<note place="right"><hi rendition="#aq">c. 8, 11. &#x017F;eq.</hi></note><lb/><hi rendition="#aq">contrari-</hi>Lufft bekommen/ und die Evangelia/ die La&#x0364;uffer aus Aha&#x017F;veri<note place="right"><hi rendition="#aq">c. 9, 18. &#x017F;eq.</hi></note><lb/>
Cantzley außgeflohen/ und eine allgemeine <hi rendition="#aq">perdon</hi> und Ablaß der ange-<lb/>
droheten Marter und Plagen außgeruffen worden/ &#x017F;o haben &#x017F;ie ein &#x017F;onder<lb/>
Fe&#x017F;t ange&#x017F;tellet/ das <hi rendition="#aq">Purim-</hi>Fe&#x017F;t E&#x017F;ther/ da war Freude und Wonne und<lb/>
Wolleben bey allen Juden; da&#x017F;&#x017F;elbe Fe&#x017F;t &#x017F;oll un&#x017F;er ta&#x0364;glich Fe&#x017F;t &#x017F;eyn.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Wann</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0173] Predigt. heiſt juſtificatio, die rechte gruͤndliche vollbringende Gerechtmachung/ da die vergangene Suͤnd verſchwindet/ die gegenwaͤrtige Erb-Suͤnd bedecket/ abgewendet/ folgends dero Straffe/ die Wunde allerdings ihr Regiment verlieren/ und der Schade nach und nach durch taͤgliche mortification und Toͤdtung des Fleiſches heil wuͤrd. Vnd das iſt eigentlich das troͤſtliche Evangelium von dem Jubel- Jahr Neues Teſtaments/ daß Chriſtus in die Welt gebracht/ damit man- cher Suͤnder erquickt worden: Sey getroſt mein Sohn ꝛc. davon alle Propheten geprediget/ allen zerknirſchten geiſt-hungerigen und geiſt-durſti- gen Suͤndern zu Troſt und Labſal/ daſſelbe hat er bald anfangs zu Naza- reth ſeiner Heimat geprediget/ da er das Buch herumb warff/ funde er den Ort/ da geſchrieben ſtehet: Der Geiſt des HERRN iſt bey mir/ derhalben hat er mich geſalbet und geſand zu ver- kuͤndigen das Evangelium den Armen/ zu heilen die zerſtoſſens Hertzens ſind/ zu predigen den Gefangenen/ heute iſt dieſe Verheiſſung erfuͤllet; Wir ſprechen billich auch: Heute iſt dieſe Schrifft erfuͤllet auch fuͤr euren Ohren/ wann ihrs wollet annehmen. Welche froͤliche Botſchafft uͤber alle Zeitungen gehet/ die man mit groſſen inniglichen Hertzens-Freuden anzunehmen/ alle vorerzehlte Verheiſſun- gen Gott fuͤrzuhalten. Ein Soldat auff der Wahlſtatt/ wann er hoͤret/ Quartier! ich meyn/ er ſpitzet die Ohrẽ und richtet ſich wieder auff. Ein ma- leficant, der auff das Leben gefangen/ wann derſelbe von einiger Gnade hoͤ- ret/ mit was Danck und Freuden nimmet ers an/ wie faſſet er alle Wort ſo fleiſſig zu Ohren? Solte einer armen Seelen der die Gnaden-Zeit verſau- met/ in der Hoͤllen diß Evangelium geprediget werden/ was unaußſprech- liche Freude wuͤrde ſie empfinden? Solte den boͤſen Geiſtern dergleichen wiederfahren/ ſie wuͤrden mit Freuden aller Marter vergeſſen/ die ſie ge- litten haͤtten/ oder noch eine Zeit leiden muͤſten. Act. 10, 43. Luc. 4, 16. & ſeqq. Als vorzeiten die gantze Juͤdiſche nation durch Hamans practicen zum Tode verdammt geweſt/ was Noth/ was Jammer/ was heulen/ was Weheklagen/ Zetter-mordio, Ach und Weh war damal? Aber da ſie contrari-Lufft bekommen/ und die Evangelia/ die Laͤuffer aus Ahaſveri Cantzley außgeflohen/ und eine allgemeine perdon und Ablaß der ange- droheten Marter und Plagen außgeruffen worden/ ſo haben ſie ein ſonder Feſt angeſtellet/ das Purim-Feſt Eſther/ da war Freude und Wonne und Wolleben bey allen Juden; daſſelbe Feſt ſoll unſer taͤglich Feſt ſeyn. Wann Eſth. 3, 13. c. 4, 1. ſeqq. c. 8, 11. ſeq. c. 9, 18. ſeq. S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/173
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/173>, abgerufen am 25.11.2024.