Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 5. Straßburg, 1654.

Bild:
<< vorherige Seite

Predigt.
prodendo, hat also Judas schwerer gesündiget durch die verzweiffelung/
also durch das verrahten. Einem Freund/ der es gut mit dem andern mei-
net/ thut das mißtrawen viel weher als einem offenbahren Feind/ also hats
auch Christum gewiß hefftig geschmertzt.

Folgt VI. das Fuß-leiden/ das schmähliche herumb schleppen/
der hatz vnd die jagt der früh gejagten Hündin von einem Ort zum an-
dern/ erstlich ins Richt-Hauß, von dannen zu Herode/ da die Himmlische
weißheit für einen Hoffnarren vnd Abenthewerer gehalten/ verlacht vnd
vermummet worden. Vnd wiederumb zu Pilato/ da dann früh Mor-
gens sich ein grosser Tumult erhaben/ jedermann geloffen/ dieweil da-
mahl Ostern gewest/ da die Juden von allen orten vnd enden zusammen
kommen bey viel 1000. was für ein gelauff nur bey vns sey/ wann man eine
Malesitz-Person abthut/ ist bekand/ wie wird damahl jederman geloffen
seyn zu sehen/ wie es werde ablauffen? Ein grosser Spott ist es den Ma-
lefitz-Personen/ daß sie den trawrigen Gang thun müssen; ja man hat Ex-
empel/ daß sich etlich in verhafftung vernehmen lassen/ gern den schreck-
lichsten Todt zu leiden/ wann sie nur deß schmehlichsten Gangs möchten
vberhaben seyn. Ach wie hefftig muß es denn diß vnschuldige Lamb Got-
tes abermahl geschmertzt haben/ daß er männiglich zu einem schändlichen
Schawspiel vnd Augenweid muste herumb gehen?

VII. Das Glieder-leiden/ an allen seinen heiligen Gliedmassen
seines Leibs/ als da war denudatio corporis, daß er seinen heiligen Leichnam
entblössen muß/ man beraubet jhn seiner Kleider. Flagellatio, die schmertz-
liche/ schmäheliche vnd Blut-trieffende Geißlung/ da er außer zweiffel nach
Römischem brauch an ein Seul gebunden/ mit stachlichen vnd nadelichen
Geisseln vnb armhertziger weiß auff seine heiligsten Gebein hinein gepeutscht/
welches der Knechte straffe vnd marter gewest/ wie zuvernehmen Act. 16,
37. c. 22, 25. Indumentum chlamydis coccineae,
die anlegung deß gefärbten
Rockes oder Mantels/ nicht als wer es ein köstlich Purpurmantel gewest/
sondern ein Soldaten/ ein alter/ verlegener Reuter-Rock/ dessen Farb nur
Purpur farb gewest/ damit sie sein/ als eines Königs gespottet. Cotona-
tio spinea;
die dornene Kron/ die sie jhm mit jhrem Pantzer-Handschuch
gewiß ins Haupt hinein getruckt. Arundineun sceptrum; das Rohr an statt
eines Scepters/ welches sie jhm in die Hand gegeben/ als einem König an
statt deß vivat Rex sprachen sie hönisch/ Ave Rex Judaeorum, sey gegrüssetMatth. 27,
29.

lieber Juden König! an statt deß Kusses empfieng er Backenstreich; an
statt deß Tributs speieten sie jhm Speichel ins Angesicht. Jst also

sein
d d

Predigt.
prodendo, hat alſo Judas ſchwerer geſuͤndiget durch die verzweiffelung/
alſo durch das verrahten. Einem Freund/ der es gut mit dem andern mei-
net/ thut das mißtrawen viel weher als einem offenbahren Feind/ alſo hats
auch Chriſtum gewiß hefftig geſchmertzt.

Folgt VI. das Fuß-leiden/ das ſchmaͤhliche herumb ſchleppen/
der hatz vnd die jagt der fruͤh gejagten Huͤndin von einem Ort zum an-
dern/ erſtlich ins Richt-Hauß, von dannen zu Herode/ da die Himmliſche
weißheit fuͤr einen Hoffnarꝛen vnd Abenthewerer gehalten/ verlacht vnd
vermummet worden. Vnd wiederumb zu Pilato/ da dann fruͤh Mor-
gens ſich ein groſſer Tumult erhaben/ jedermann geloffen/ dieweil da-
mahl Oſtern geweſt/ da die Juden von allen orten vnd enden zuſammen
kommen bey viel 1000. was fuͤr ein gelauff nur bey vns ſey/ wann man eine
Maleſitz-Perſon abthut/ iſt bekand/ wie wird damahl jederman geloffen
ſeyn zu ſehen/ wie es werde ablauffen? Ein groſſer Spott iſt es den Ma-
lefitz-Perſonen/ daß ſie den trawrigen Gang thun muͤſſen; ja man hat Ex-
empel/ daß ſich etlich in verhafftung vernehmen laſſen/ gern den ſchreck-
lichſten Todt zu leiden/ wann ſie nur deß ſchmehlichſten Gangs moͤchten
vberhaben ſeyn. Ach wie hefftig muß es denn diß vnſchuldige Lamb Got-
tes abermahl geſchmertzt haben/ daß er maͤnniglich zu einem ſchaͤndlichen
Schawſpiel vnd Augenweid muſte herumb gehen?

VII. Das Glieder-leiden/ an allen ſeinen heiligen Gliedmaſſen
ſeines Leibs/ als da war denudatio corporis, daß er ſeinen heiligen Leichnam
entbloͤſſen muß/ man beraubet jhn ſeiner Kleider. Flagellatio, die ſchmertz-
liche/ ſchmaͤheliche vnd Blut-trieffende Geißlung/ da er außer zweiffel nach
Roͤmiſchem brauch an ein Seul gebunden/ mit ſtachlichen vnd nadelichen
Geiſſeln vnb armhertziger weiß auff ſeine heiligſten Gebein hinein gepeutſcht/
welches der Knechte ſtraffe vnd marter geweſt/ wie zuvernehmen Act. 16,
37. c. 22, 25. Indumentum chlamydis coccineæ,
die anlegung deß gefaͤrbten
Rockes oder Mantels/ nicht als wer es ein koͤſtlich Purpurmantel geweſt/
ſondern ein Soldaten/ ein alter/ verlegener Reuter-Rock/ deſſen Farb nur
Purpur farb geweſt/ damit ſie ſein/ als eines Koͤnigs geſpottet. Cotona-
tio ſpinea;
die dornene Kron/ die ſie jhm mit jhrem Pantzer-Handſchuch
gewiß ins Haupt hinein getruckt. Arundineũ ſceptrum; das Rohr an ſtatt
eines Scepters/ welches ſie jhm in die Hand gegeben/ als einem Koͤnig an
ſtatt deß vivat Rex ſprachen ſie hoͤniſch/ Ave Rex Judæorum, ſey gegruͤſſetMatth. 27,
29.

lieber Juden Koͤnig! an ſtatt deß Kuſſes empfieng er Backenſtreich; an
ſtatt deß Tributs ſpeieten ſie jhm Speichel ins Angeſicht. Jſt alſo

ſein
d d
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0429" n="945"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Predigt.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">prodendo,</hi> hat al&#x017F;o Judas &#x017F;chwerer ge&#x017F;u&#x0364;ndiget durch die verzweiffelung/<lb/>
al&#x017F;o durch das verrahten. Einem Freund/ der es gut mit dem andern mei-<lb/>
net/ thut das mißtrawen viel weher als einem offenbahren Feind/ al&#x017F;o hats<lb/>
auch Chri&#x017F;tum gewiß hefftig ge&#x017F;chmertzt.</p><lb/>
          <p>Folgt <hi rendition="#aq">VI.</hi> <hi rendition="#fr">das Fuß-leiden/</hi> das &#x017F;chma&#x0364;hliche herumb &#x017F;chleppen/<lb/>
der hatz vnd die jagt der fru&#x0364;h gejagten Hu&#x0364;ndin von einem Ort zum an-<lb/>
dern/ er&#x017F;tlich ins Richt-Hauß, von dannen zu Herode/ da die Himmli&#x017F;che<lb/>
weißheit fu&#x0364;r einen Hoffnar&#xA75B;en vnd Abenthewerer gehalten/ verlacht vnd<lb/>
vermummet worden. Vnd wiederumb zu Pilato/ da dann fru&#x0364;h Mor-<lb/>
gens &#x017F;ich ein gro&#x017F;&#x017F;er Tumult erhaben/ jedermann geloffen/ dieweil da-<lb/>
mahl O&#x017F;tern gewe&#x017F;t/ da die Juden von allen orten vnd enden zu&#x017F;ammen<lb/>
kommen bey viel 1000. was fu&#x0364;r ein gelauff nur bey vns &#x017F;ey/ wann man eine<lb/>
Male&#x017F;itz-Per&#x017F;on abthut/ i&#x017F;t bekand/ wie wird damahl jederman geloffen<lb/>
&#x017F;eyn zu &#x017F;ehen/ wie es werde ablauffen? Ein gro&#x017F;&#x017F;er Spott i&#x017F;t es den Ma-<lb/>
lefitz-Per&#x017F;onen/ daß &#x017F;ie den trawrigen Gang thun mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; ja man hat Ex-<lb/>
empel/ daß &#x017F;ich etlich in verhafftung vernehmen la&#x017F;&#x017F;en/ gern den &#x017F;chreck-<lb/>
lich&#x017F;ten Todt zu leiden/ wann &#x017F;ie nur deß &#x017F;chmehlich&#x017F;ten Gangs mo&#x0364;chten<lb/>
vberhaben &#x017F;eyn. Ach wie hefftig muß es denn diß vn&#x017F;chuldige Lamb Got-<lb/>
tes abermahl ge&#x017F;chmertzt haben/ daß er ma&#x0364;nniglich zu einem &#x017F;cha&#x0364;ndlichen<lb/>
Schaw&#x017F;piel vnd Augenweid mu&#x017F;te herumb gehen?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">VII.</hi><hi rendition="#fr">Das Glieder-leiden/</hi> an allen &#x017F;einen heiligen Gliedma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;eines Leibs/ als da war <hi rendition="#aq">denudatio corporis,</hi> daß er &#x017F;einen heiligen Leichnam<lb/>
entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;en muß/ man beraubet jhn &#x017F;einer Kleider. <hi rendition="#aq">Flagellatio,</hi> die &#x017F;chmertz-<lb/>
liche/ &#x017F;chma&#x0364;heliche vnd Blut-trieffende Geißlung/ da er außer zweiffel nach<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;chem brauch an ein Seul gebunden/ mit &#x017F;tachlichen vnd nadelichen<lb/>
Gei&#x017F;&#x017F;eln vnb armhertziger weiß auff &#x017F;eine heilig&#x017F;ten Gebein hinein gepeut&#x017F;cht/<lb/>
welches der Knechte &#x017F;traffe vnd marter gewe&#x017F;t/ wie zuvernehmen <hi rendition="#aq">Act. 16,<lb/>
37. c. 22, 25. Indumentum chlamydis coccineæ,</hi> die anlegung deß gefa&#x0364;rbten<lb/>
Rockes oder Mantels/ nicht als wer es ein ko&#x0364;&#x017F;tlich Purpurmantel gewe&#x017F;t/<lb/>
&#x017F;ondern ein Soldaten/ ein alter/ verlegener Reuter-Rock/ de&#x017F;&#x017F;en Farb nur<lb/>
Purpur farb gewe&#x017F;t/ damit &#x017F;ie &#x017F;ein/ als eines Ko&#x0364;nigs ge&#x017F;pottet. <hi rendition="#aq">Cotona-<lb/>
tio &#x017F;pinea;</hi> die dornene Kron/ die &#x017F;ie jhm mit jhrem Pantzer-Hand&#x017F;chuch<lb/>
gewiß ins Haupt hinein getruckt. <hi rendition="#aq">Arundineu&#x0303; &#x017F;ceptrum;</hi> das Rohr an &#x017F;tatt<lb/>
eines Scepters/ welches &#x017F;ie jhm in die Hand gegeben/ als einem Ko&#x0364;nig an<lb/>
&#x017F;tatt deß <hi rendition="#aq">vivat Rex</hi> &#x017F;prachen &#x017F;ie ho&#x0364;ni&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Ave Rex Judæorum,</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ey gegru&#x0364;&#x017F;&#x017F;et</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Matth.</hi> 27,<lb/>
29.</note><lb/><hi rendition="#fr">lieber Juden Ko&#x0364;nig!</hi> an &#x017F;tatt deß Ku&#x017F;&#x017F;es empfieng er Backen&#x017F;treich; an<lb/>
&#x017F;tatt deß Tributs &#x017F;peieten &#x017F;ie jhm Speichel ins Ange&#x017F;icht. J&#x017F;t al&#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">d d</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ein</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[945/0429] Predigt. prodendo, hat alſo Judas ſchwerer geſuͤndiget durch die verzweiffelung/ alſo durch das verrahten. Einem Freund/ der es gut mit dem andern mei- net/ thut das mißtrawen viel weher als einem offenbahren Feind/ alſo hats auch Chriſtum gewiß hefftig geſchmertzt. Folgt VI. das Fuß-leiden/ das ſchmaͤhliche herumb ſchleppen/ der hatz vnd die jagt der fruͤh gejagten Huͤndin von einem Ort zum an- dern/ erſtlich ins Richt-Hauß, von dannen zu Herode/ da die Himmliſche weißheit fuͤr einen Hoffnarꝛen vnd Abenthewerer gehalten/ verlacht vnd vermummet worden. Vnd wiederumb zu Pilato/ da dann fruͤh Mor- gens ſich ein groſſer Tumult erhaben/ jedermann geloffen/ dieweil da- mahl Oſtern geweſt/ da die Juden von allen orten vnd enden zuſammen kommen bey viel 1000. was fuͤr ein gelauff nur bey vns ſey/ wann man eine Maleſitz-Perſon abthut/ iſt bekand/ wie wird damahl jederman geloffen ſeyn zu ſehen/ wie es werde ablauffen? Ein groſſer Spott iſt es den Ma- lefitz-Perſonen/ daß ſie den trawrigen Gang thun muͤſſen; ja man hat Ex- empel/ daß ſich etlich in verhafftung vernehmen laſſen/ gern den ſchreck- lichſten Todt zu leiden/ wann ſie nur deß ſchmehlichſten Gangs moͤchten vberhaben ſeyn. Ach wie hefftig muß es denn diß vnſchuldige Lamb Got- tes abermahl geſchmertzt haben/ daß er maͤnniglich zu einem ſchaͤndlichen Schawſpiel vnd Augenweid muſte herumb gehen? VII. Das Glieder-leiden/ an allen ſeinen heiligen Gliedmaſſen ſeines Leibs/ als da war denudatio corporis, daß er ſeinen heiligen Leichnam entbloͤſſen muß/ man beraubet jhn ſeiner Kleider. Flagellatio, die ſchmertz- liche/ ſchmaͤheliche vnd Blut-trieffende Geißlung/ da er außer zweiffel nach Roͤmiſchem brauch an ein Seul gebunden/ mit ſtachlichen vnd nadelichen Geiſſeln vnb armhertziger weiß auff ſeine heiligſten Gebein hinein gepeutſcht/ welches der Knechte ſtraffe vnd marter geweſt/ wie zuvernehmen Act. 16, 37. c. 22, 25. Indumentum chlamydis coccineæ, die anlegung deß gefaͤrbten Rockes oder Mantels/ nicht als wer es ein koͤſtlich Purpurmantel geweſt/ ſondern ein Soldaten/ ein alter/ verlegener Reuter-Rock/ deſſen Farb nur Purpur farb geweſt/ damit ſie ſein/ als eines Koͤnigs geſpottet. Cotona- tio ſpinea; die dornene Kron/ die ſie jhm mit jhrem Pantzer-Handſchuch gewiß ins Haupt hinein getruckt. Arundineũ ſceptrum; das Rohr an ſtatt eines Scepters/ welches ſie jhm in die Hand gegeben/ als einem Koͤnig an ſtatt deß vivat Rex ſprachen ſie hoͤniſch/ Ave Rex Judæorum, ſey gegruͤſſet lieber Juden Koͤnig! an ſtatt deß Kuſſes empfieng er Backenſtreich; an ſtatt deß Tributs ſpeieten ſie jhm Speichel ins Angeſicht. Jſt alſo ſein Matth. 27, 29. d d

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus05_1654
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus05_1654/429
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 5. Straßburg, 1654, S. 945. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus05_1654/429>, abgerufen am 19.05.2024.