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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Drittes Capitel.
Zeit ausbleibe, dafür sorgt die Regierung und Verfassung
jedes Hauses, welche in seinem Sprecher und in der
parlamentarischen Regel sich verkündigt.

Jedes Haus hat seinen Vorsitzer, Sprecher. Ihn er-
wählt für das Oberhaus der König, herkömmlich den
Groß-Kanzler; das Unterhaus erwählt sich selber den sei-
nen, der König bestätigt. Er sitzt den Mitgliedern des
Hauses gegenüber, die im Unterhause gegen ihn gewendet
reden, ihn anreden; im Oberhause redet man die Kammer
an. Gleich bei Eröffnung des Parlaments bittet der
Sprecher des Unterhauses den König um Zutritt der Ge-
meinen zum Könige, während das Unterhaus sitzt, um
die Freiheit der Rede im Hause, um Freiheit von Verhaft
für die Mitglieder, was der König zugesteht. Der Spre-
cher bestimmt die Folge der zu berathenden Gegenstände
und verzeichnet sie in ein offenliegendes Protocoll, aus
welchem die jedesmahlige Tages-Ordnung ausgehoben
und an jedem Morgen gedruckt vertheilt wird; er be-
stimmt die Folge der Redner, wo sie streitig ist, hat Acht,
ob die nothwendige Zahl von Mitgliedern (mindestens 40)
anwesend ist, regelt die Abstimmung, verweist zur Ordnung,
doch bleibt die Berufung an die Kammer frei. Überall
hält er auf der Parlamentsregel und nimmt wo diese
ihn im Stiche läßt, die Parlamentsgewohnheit zu Hülfe.

86. Eine Bill, welche einmahl verworfen ist, darf
in derselben Sitzungs-Periode nicht wieder an das Haus,
von dem sie ausgegangen und hernach verworfen ist, ge-
bracht werden 1). Jede Bill wird vorher angekündigt,
eine Privatbill bedarf dazu einer Bittschrift (petition); zu
den Privatbills werden aber nicht bloß Angelegenheiten
einzelner Personen und Gemeinden, sondern auch gemein-

Drittes Capitel.
Zeit ausbleibe, dafuͤr ſorgt die Regierung und Verfaſſung
jedes Hauſes, welche in ſeinem Sprecher und in der
parlamentariſchen Regel ſich verkuͤndigt.

Jedes Haus hat ſeinen Vorſitzer, Sprecher. Ihn er-
waͤhlt fuͤr das Oberhaus der Koͤnig, herkoͤmmlich den
Groß-Kanzler; das Unterhaus erwaͤhlt ſich ſelber den ſei-
nen, der Koͤnig beſtaͤtigt. Er ſitzt den Mitgliedern des
Hauſes gegenuͤber, die im Unterhauſe gegen ihn gewendet
reden, ihn anreden; im Oberhauſe redet man die Kammer
an. Gleich bei Eroͤffnung des Parlaments bittet der
Sprecher des Unterhauſes den Koͤnig um Zutritt der Ge-
meinen zum Koͤnige, waͤhrend das Unterhaus ſitzt, um
die Freiheit der Rede im Hauſe, um Freiheit von Verhaft
fuͤr die Mitglieder, was der Koͤnig zugeſteht. Der Spre-
cher beſtimmt die Folge der zu berathenden Gegenſtaͤnde
und verzeichnet ſie in ein offenliegendes Protocoll, aus
welchem die jedesmahlige Tages-Ordnung ausgehoben
und an jedem Morgen gedruckt vertheilt wird; er be-
ſtimmt die Folge der Redner, wo ſie ſtreitig iſt, hat Acht,
ob die nothwendige Zahl von Mitgliedern (mindeſtens 40)
anweſend iſt, regelt die Abſtimmung, verweist zur Ordnung,
doch bleibt die Berufung an die Kammer frei. Überall
haͤlt er auf der Parlamentsregel und nimmt wo dieſe
ihn im Stiche laͤßt, die Parlamentsgewohnheit zu Huͤlfe.

86. Eine Bill, welche einmahl verworfen iſt, darf
in derſelben Sitzungs-Periode nicht wieder an das Haus,
von dem ſie ausgegangen und hernach verworfen iſt, ge-
bracht werden 1). Jede Bill wird vorher angekuͤndigt,
eine Privatbill bedarf dazu einer Bittſchrift (petition); zu
den Privatbills werden aber nicht bloß Angelegenheiten
einzelner Perſonen und Gemeinden, ſondern auch gemein-

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[72/0084] Drittes Capitel. Zeit ausbleibe, dafuͤr ſorgt die Regierung und Verfaſſung jedes Hauſes, welche in ſeinem Sprecher und in der parlamentariſchen Regel ſich verkuͤndigt. Jedes Haus hat ſeinen Vorſitzer, Sprecher. Ihn er- waͤhlt fuͤr das Oberhaus der Koͤnig, herkoͤmmlich den Groß-Kanzler; das Unterhaus erwaͤhlt ſich ſelber den ſei- nen, der Koͤnig beſtaͤtigt. Er ſitzt den Mitgliedern des Hauſes gegenuͤber, die im Unterhauſe gegen ihn gewendet reden, ihn anreden; im Oberhauſe redet man die Kammer an. Gleich bei Eroͤffnung des Parlaments bittet der Sprecher des Unterhauſes den Koͤnig um Zutritt der Ge- meinen zum Koͤnige, waͤhrend das Unterhaus ſitzt, um die Freiheit der Rede im Hauſe, um Freiheit von Verhaft fuͤr die Mitglieder, was der Koͤnig zugeſteht. Der Spre- cher beſtimmt die Folge der zu berathenden Gegenſtaͤnde und verzeichnet ſie in ein offenliegendes Protocoll, aus welchem die jedesmahlige Tages-Ordnung ausgehoben und an jedem Morgen gedruckt vertheilt wird; er be- ſtimmt die Folge der Redner, wo ſie ſtreitig iſt, hat Acht, ob die nothwendige Zahl von Mitgliedern (mindeſtens 40) anweſend iſt, regelt die Abſtimmung, verweist zur Ordnung, doch bleibt die Berufung an die Kammer frei. Überall haͤlt er auf der Parlamentsregel und nimmt wo dieſe ihn im Stiche laͤßt, die Parlamentsgewohnheit zu Huͤlfe. 86. Eine Bill, welche einmahl verworfen iſt, darf in derſelben Sitzungs-Periode nicht wieder an das Haus, von dem ſie ausgegangen und hernach verworfen iſt, ge- bracht werden 1). Jede Bill wird vorher angekuͤndigt, eine Privatbill bedarf dazu einer Bittſchrift (petition); zu den Privatbills werden aber nicht bloß Angelegenheiten einzelner Perſonen und Gemeinden, ſondern auch gemein-

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/84>, abgerufen am 22.11.2024.