Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Vom Universitätswesen. des Staates, diese zu solchen Universitäten zwangsmäßig an-zuhalten, allein er hat die Macht nicht, der Verachtung zu wehren, mit welcher sie Staatsanstalten betrachten wird, die das Zeugniß der auf ein besseres Ziel gestellten Schu- len und der gesammten Deutschen Literatur gegen sich haben, von denen sich mit Entrüstung die öffentliche Mei- nung abwendet. Denn an den Stellen, wohin sonst ein edler Ehrgeiz die Bestgebildeten führte, werden dann Hand- langer stehen, und man wird es dann recht am hellen Tage erkennen, wie deren Geschäft stille steht, sobald die Wissen- schaftlichen, die vom Lehren ausgeschlossen sind, nicht den Anstoß mehr geben; denn ja auch jene Lehr- und Hand- bücher, die jetzt nach Vieler Meinung die Universitäten überflüssig machen, sind ja allein dadurch entstanden, daß es Männer gab, welche durch die tägliche Erfahrung inne wurden, wohin das Bedürfniß der studirenden Jugend sich richte, und nur unter denselben Bedingungen können sie sich verjüngen. Man hätte für viele Mühe eine verpfuschte Staatsjugend und eine noch störrigere gewonnen. Es ist nicht anders, man muß die Wohlthaten der Wissen- schaft mit ihren Gefahren übernehmen, sie ist der Speer, der zu verwunden aber auch zu heilen weiß. Ja diesel- ben Hände, die unsere Universitäten niedergerissen hätten, dieselben Augen, welche mit froher Überraschung die Bib- liotheken ihnen nachstürzen sahen, wie würden sie sich re- gen um ihre Trümmer zu sammeln zum schleunigen Wie- deraufbau, sobald sie der Polytechniker inne geworden wären, die sie sich erzogen haben! Wer Wind säet, wird Sturm erndten. 280. Die deutschen Universitäten können unter sehr 19
Vom Univerſitaͤtsweſen. des Staates, dieſe zu ſolchen Univerſitaͤten zwangsmaͤßig an-zuhalten, allein er hat die Macht nicht, der Verachtung zu wehren, mit welcher ſie Staatsanſtalten betrachten wird, die das Zeugniß der auf ein beſſeres Ziel geſtellten Schu- len und der geſammten Deutſchen Literatur gegen ſich haben, von denen ſich mit Entruͤſtung die oͤffentliche Mei- nung abwendet. Denn an den Stellen, wohin ſonſt ein edler Ehrgeiz die Beſtgebildeten fuͤhrte, werden dann Hand- langer ſtehen, und man wird es dann recht am hellen Tage erkennen, wie deren Geſchaͤft ſtille ſteht, ſobald die Wiſſen- ſchaftlichen, die vom Lehren ausgeſchloſſen ſind, nicht den Anſtoß mehr geben; denn ja auch jene Lehr- und Hand- buͤcher, die jetzt nach Vieler Meinung die Univerſitaͤten uͤberfluͤſſig machen, ſind ja allein dadurch entſtanden, daß es Maͤnner gab, welche durch die taͤgliche Erfahrung inne wurden, wohin das Beduͤrfniß der ſtudirenden Jugend ſich richte, und nur unter denſelben Bedingungen koͤnnen ſie ſich verjuͤngen. Man haͤtte fuͤr viele Muͤhe eine verpfuſchte Staatsjugend und eine noch ſtoͤrrigere gewonnen. Es iſt nicht anders, man muß die Wohlthaten der Wiſſen- ſchaft mit ihren Gefahren uͤbernehmen, ſie iſt der Speer, der zu verwunden aber auch zu heilen weiß. Ja dieſel- ben Haͤnde, die unſere Univerſitaͤten niedergeriſſen haͤtten, dieſelben Augen, welche mit froher Überraſchung die Bib- liotheken ihnen nachſtuͤrzen ſahen, wie wuͤrden ſie ſich re- gen um ihre Truͤmmer zu ſammeln zum ſchleunigen Wie- deraufbau, ſobald ſie der Polytechniker inne geworden waͤren, die ſie ſich erzogen haben! Wer Wind ſaͤet, wird Sturm erndten. 280. Die deutſchen Univerſitaͤten koͤnnen unter ſehr 19
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Vom Univerſitaͤtsweſen.
des Staates, dieſe zu ſolchen Univerſitaͤten zwangsmaͤßig an-
zuhalten, allein er hat die Macht nicht, der Verachtung
zu wehren, mit welcher ſie Staatsanſtalten betrachten wird,
die das Zeugniß der auf ein beſſeres Ziel geſtellten Schu-
len und der geſammten Deutſchen Literatur gegen ſich
haben, von denen ſich mit Entruͤſtung die oͤffentliche Mei-
nung abwendet. Denn an den Stellen, wohin ſonſt ein
edler Ehrgeiz die Beſtgebildeten fuͤhrte, werden dann Hand-
langer ſtehen, und man wird es dann recht am hellen Tage
erkennen, wie deren Geſchaͤft ſtille ſteht, ſobald die Wiſſen-
ſchaftlichen, die vom Lehren ausgeſchloſſen ſind, nicht den
Anſtoß mehr geben; denn ja auch jene Lehr- und Hand-
buͤcher, die jetzt nach Vieler Meinung die Univerſitaͤten
uͤberfluͤſſig machen, ſind ja allein dadurch entſtanden, daß
es Maͤnner gab, welche durch die taͤgliche Erfahrung inne
wurden, wohin das Beduͤrfniß der ſtudirenden Jugend ſich
richte, und nur unter denſelben Bedingungen koͤnnen ſie
ſich verjuͤngen. Man haͤtte fuͤr viele Muͤhe eine verpfuſchte
Staatsjugend und eine noch ſtoͤrrigere gewonnen. Es iſt
nicht anders, man muß die Wohlthaten der Wiſſen-
ſchaft mit ihren Gefahren uͤbernehmen, ſie iſt der Speer,
der zu verwunden aber auch zu heilen weiß. Ja dieſel-
ben Haͤnde, die unſere Univerſitaͤten niedergeriſſen haͤtten,
dieſelben Augen, welche mit froher Überraſchung die Bib-
liotheken ihnen nachſtuͤrzen ſahen, wie wuͤrden ſie ſich re-
gen um ihre Truͤmmer zu ſammeln zum ſchleunigen Wie-
deraufbau, ſobald ſie der Polytechniker inne geworden
waͤren, die ſie ſich erzogen haben! Wer Wind ſaͤet, wird
Sturm erndten.
280. Die deutſchen Univerſitaͤten koͤnnen unter ſehr
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