Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Vierzehntes Capitel. Sturze der Unterdrückung eingeweiht, nachdem sie zurRettung des Vaterlandes an ihrem Theile redlich beigetra- gen, nicht hinlänglich hat einsehen wollen, daß dieser Zu- stand ein außerordentlicher gewesen sey und daß, statt den- selben widernatürlich festzuhalten, sie vielmehr eilen müsse zu jener glücklichen geschützten Lage zurückzukehren, welche die Sorgfalt der Vorfahren ihr milde bereitet hat; eine Lage, in welcher der Staat sie freispricht von allen An- forderungen und nichts desto weniger mannigfach mit den größesten Vortheilen und Rechtswohlthaten ausstattet. Viele haben das verkannt, nicht wenige in Verhöhnung der ge- sellschaftlichen Schranken ihr Wissen und ihr Leben durch vermessene Anschläge zu Grunde gerichtet, auch einzelne Lehrer haben, einer gefährlich unbestimmten Ansicht folgend, einen Irrthum geschürt, der hin und wieder zur Flamme ausgebrochen ist. 279. Will man sich die Frage beantworten, ob unge- Vierzehntes Capitel. Sturze der Unterdruͤckung eingeweiht, nachdem ſie zurRettung des Vaterlandes an ihrem Theile redlich beigetra- gen, nicht hinlaͤnglich hat einſehen wollen, daß dieſer Zu- ſtand ein außerordentlicher geweſen ſey und daß, ſtatt den- ſelben widernatuͤrlich feſtzuhalten, ſie vielmehr eilen muͤſſe zu jener gluͤcklichen geſchuͤtzten Lage zuruͤckzukehren, welche die Sorgfalt der Vorfahren ihr milde bereitet hat; eine Lage, in welcher der Staat ſie freiſpricht von allen An- forderungen und nichts deſto weniger mannigfach mit den groͤßeſten Vortheilen und Rechtswohlthaten ausſtattet. Viele haben das verkannt, nicht wenige in Verhoͤhnung der ge- ſellſchaftlichen Schranken ihr Wiſſen und ihr Leben durch vermeſſene Anſchlaͤge zu Grunde gerichtet, auch einzelne Lehrer haben, einer gefaͤhrlich unbeſtimmten Anſicht folgend, einen Irrthum geſchuͤrt, der hin und wieder zur Flamme ausgebrochen iſt. 279. Will man ſich die Frage beantworten, ob unge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0300" n="288"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vierzehntes Capitel</hi>.</fw><lb/> Sturze der Unterdruͤckung eingeweiht, nachdem ſie zur<lb/> Rettung des Vaterlandes an ihrem Theile redlich beigetra-<lb/> gen, nicht hinlaͤnglich hat einſehen wollen, daß dieſer Zu-<lb/> ſtand ein außerordentlicher geweſen ſey und daß, ſtatt den-<lb/> ſelben widernatuͤrlich feſtzuhalten, ſie vielmehr eilen muͤſſe<lb/> zu jener gluͤcklichen geſchuͤtzten Lage zuruͤckzukehren, welche<lb/> die Sorgfalt der Vorfahren ihr milde bereitet hat; eine<lb/> Lage, in welcher der Staat ſie freiſpricht von allen An-<lb/> forderungen und nichts deſto weniger mannigfach mit den<lb/> groͤßeſten Vortheilen und Rechtswohlthaten ausſtattet. Viele<lb/> haben das verkannt, nicht wenige in Verhoͤhnung der ge-<lb/> ſellſchaftlichen Schranken ihr Wiſſen und ihr Leben durch<lb/> vermeſſene Anſchlaͤge zu Grunde gerichtet, auch einzelne<lb/> Lehrer haben, einer gefaͤhrlich unbeſtimmten Anſicht folgend,<lb/> einen Irrthum geſchuͤrt, der hin und wieder zur Flamme<lb/> ausgebrochen iſt.</p><lb/> <p>279. Will man ſich die Frage beantworten, ob unge-<lb/> achtet jener Gefahren das Univerſitaͤtsweſen in ſeiner freie-<lb/> ren durch den Proteſtantismus begruͤndeten Form (denn<lb/> an dem Namen Univerſitaͤt liegt nichts) feſtzuhalten ſey, ſo<lb/> muß man von der Frage anfangen, ob man den Fortbe-<lb/> trieb der Wiſſenſchaften wolle. Kann man dieſen <hi rendition="#g">nicht</hi><lb/> wollen? oder richtiger, kann man ihn verhindern? Eines<lb/> kann man. Man kann die Wiſſenſchaften von den Univer-<lb/> ſitaͤten vertreiben, indem man ſie auf die Fortpflanzung<lb/> uͤberlieferter Kenntniſſe beſchraͤnkt. Es geht durchaus nicht<lb/> uͤber die Macht des Staates, die bisherigen Sitze freier<lb/> Bildung in haͤmmernde Werkſtaͤtten zu verwandeln; allein<lb/> der den Wiſſenſchaften zugedachte Schlag wuͤrde weniger<lb/> ſie, die ſich auch aufs Wandern verſtehen, als die Staats-<lb/> jugend treffen. Es geht durchaus nicht uͤber die Macht<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [288/0300]
Vierzehntes Capitel.
Sturze der Unterdruͤckung eingeweiht, nachdem ſie zur
Rettung des Vaterlandes an ihrem Theile redlich beigetra-
gen, nicht hinlaͤnglich hat einſehen wollen, daß dieſer Zu-
ſtand ein außerordentlicher geweſen ſey und daß, ſtatt den-
ſelben widernatuͤrlich feſtzuhalten, ſie vielmehr eilen muͤſſe
zu jener gluͤcklichen geſchuͤtzten Lage zuruͤckzukehren, welche
die Sorgfalt der Vorfahren ihr milde bereitet hat; eine
Lage, in welcher der Staat ſie freiſpricht von allen An-
forderungen und nichts deſto weniger mannigfach mit den
groͤßeſten Vortheilen und Rechtswohlthaten ausſtattet. Viele
haben das verkannt, nicht wenige in Verhoͤhnung der ge-
ſellſchaftlichen Schranken ihr Wiſſen und ihr Leben durch
vermeſſene Anſchlaͤge zu Grunde gerichtet, auch einzelne
Lehrer haben, einer gefaͤhrlich unbeſtimmten Anſicht folgend,
einen Irrthum geſchuͤrt, der hin und wieder zur Flamme
ausgebrochen iſt.
279. Will man ſich die Frage beantworten, ob unge-
achtet jener Gefahren das Univerſitaͤtsweſen in ſeiner freie-
ren durch den Proteſtantismus begruͤndeten Form (denn
an dem Namen Univerſitaͤt liegt nichts) feſtzuhalten ſey, ſo
muß man von der Frage anfangen, ob man den Fortbe-
trieb der Wiſſenſchaften wolle. Kann man dieſen nicht
wollen? oder richtiger, kann man ihn verhindern? Eines
kann man. Man kann die Wiſſenſchaften von den Univer-
ſitaͤten vertreiben, indem man ſie auf die Fortpflanzung
uͤberlieferter Kenntniſſe beſchraͤnkt. Es geht durchaus nicht
uͤber die Macht des Staates, die bisherigen Sitze freier
Bildung in haͤmmernde Werkſtaͤtten zu verwandeln; allein
der den Wiſſenſchaften zugedachte Schlag wuͤrde weniger
ſie, die ſich auch aufs Wandern verſtehen, als die Staats-
jugend treffen. Es geht durchaus nicht uͤber die Macht
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