Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Der königliche Reichthum.
Betrag der Civil-Liste mag zu Anfang jeder Regierung
für deren Dauer mit den Ständen vereinbart werden, wie
in England und Frankreich, oder auch ein für alle Mahl
geordnet werden, wie in den Deutschen Bundes-Staaten,
so daß die Mehrbewilligung den Ständen offen bleibt,
nicht aber die Herabsetzung; ganz verwerflich aber bleibt
immer, sie nach Vorschrift der Norwegischen Verfassung
von Jahr zu Jahr festzusetzen, ein schimpflicher Zustand
des ersten Hauswesens im Reiche, den kein Privatmann
ertragen würde. Auf Rein-Einkünfte von ausgeschiedenen
Domänen gesetzt, wie im Königreiche Hannover, gestaltet
die Krondotation sich königlicher, wird aber kostspieliger.
Freilich darf die Wohlfeilheit der Herrschaft nicht der lei-
tende Gesichtspunkt seyn. Die letzten Merovinger waren
apanagirte Könige. Es hat Deutschland ungeheuer viel
gekostet, daß ihm sein Kaiser zuletzt so wenig kostete --
13,884 Gulden 32 Kreutzer an ordentlichen Einkünften,
wozu die Juden das Meiste gaben 1).

1) Meiners und Spittler, Götting. Hist. Magaz., 4ter Bd. 1stes St.

127. Die nachgeborenen Kinder des königlichen Hau-
ses haben ihr Recht auf einen Theil der Staats-Succes-
sion, vermöge der Primogenitur, aufgegeben und allein das
Recht auf das Ganze übrig behalten. Darum dürfen die
Abfindungen das Werk der Primogenitur nicht wieder ver-
nichten, dürfen nicht in Landestheilen mit gewissen Hoheits-
rechten (Paragien, wie die Novemb. 1834. wieder heim-
gefallene Hessische Quart), noch überhaupt in liegenden
Gründen ertheilt werden, sondern allein in Geld, und
zwar, mit Ausnahme der Mitgaben, in einer Geldrente.

128. Die Apanagen-Ordnung kann aus einem zwie-
fachen Gesichtspunkte getroffen werden; sie kann die Linien

Der koͤnigliche Reichthum.
Betrag der Civil-Liſte mag zu Anfang jeder Regierung
fuͤr deren Dauer mit den Staͤnden vereinbart werden, wie
in England und Frankreich, oder auch ein fuͤr alle Mahl
geordnet werden, wie in den Deutſchen Bundes-Staaten,
ſo daß die Mehrbewilligung den Staͤnden offen bleibt,
nicht aber die Herabſetzung; ganz verwerflich aber bleibt
immer, ſie nach Vorſchrift der Norwegiſchen Verfaſſung
von Jahr zu Jahr feſtzuſetzen, ein ſchimpflicher Zuſtand
des erſten Hausweſens im Reiche, den kein Privatmann
ertragen wuͤrde. Auf Rein-Einkuͤnfte von ausgeſchiedenen
Domaͤnen geſetzt, wie im Koͤnigreiche Hannover, geſtaltet
die Krondotation ſich koͤniglicher, wird aber koſtſpieliger.
Freilich darf die Wohlfeilheit der Herrſchaft nicht der lei-
tende Geſichtspunkt ſeyn. Die letzten Merovinger waren
apanagirte Koͤnige. Es hat Deutſchland ungeheuer viel
gekoſtet, daß ihm ſein Kaiſer zuletzt ſo wenig koſtete —
13,884 Gulden 32 Kreutzer an ordentlichen Einkuͤnften,
wozu die Juden das Meiſte gaben 1).

1) Meiners und Spittler, Goͤtting. Hiſt. Magaz., 4ter Bd. 1ſtes St.

127. Die nachgeborenen Kinder des koͤniglichen Hau-
ſes haben ihr Recht auf einen Theil der Staats-Succeſ-
ſion, vermoͤge der Primogenitur, aufgegeben und allein das
Recht auf das Ganze uͤbrig behalten. Darum duͤrfen die
Abfindungen das Werk der Primogenitur nicht wieder ver-
nichten, duͤrfen nicht in Landestheilen mit gewiſſen Hoheits-
rechten (Paragien, wie die Novemb. 1834. wieder heim-
gefallene Heſſiſche Quart), noch uͤberhaupt in liegenden
Gruͤnden ertheilt werden, ſondern allein in Geld, und
zwar, mit Ausnahme der Mitgaben, in einer Geldrente.

128. Die Apanagen-Ordnung kann aus einem zwie-
fachen Geſichtspunkte getroffen werden; ſie kann die Linien

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0107" n="95"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der ko&#x0364;nigliche Reichthum</hi>.</fw><lb/>
Betrag der Civil-Li&#x017F;te mag zu Anfang jeder Regierung<lb/>
fu&#x0364;r deren Dauer mit den Sta&#x0364;nden vereinbart werden, wie<lb/>
in England und Frankreich, oder auch ein fu&#x0364;r alle Mahl<lb/>
geordnet werden, wie in den Deut&#x017F;chen Bundes-Staaten,<lb/>
&#x017F;o daß die Mehrbewilligung den Sta&#x0364;nden offen bleibt,<lb/>
nicht aber die Herab&#x017F;etzung; ganz verwerflich aber bleibt<lb/>
immer, &#x017F;ie nach Vor&#x017F;chrift der Norwegi&#x017F;chen Verfa&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
von Jahr zu Jahr fe&#x017F;tzu&#x017F;etzen, ein &#x017F;chimpflicher Zu&#x017F;tand<lb/>
des er&#x017F;ten Hauswe&#x017F;ens im Reiche, den kein Privatmann<lb/>
ertragen wu&#x0364;rde. Auf Rein-Einku&#x0364;nfte von ausge&#x017F;chiedenen<lb/>
Doma&#x0364;nen ge&#x017F;etzt, wie im Ko&#x0364;nigreiche Hannover, ge&#x017F;taltet<lb/>
die Krondotation &#x017F;ich ko&#x0364;niglicher, wird aber ko&#x017F;t&#x017F;pieliger.<lb/>
Freilich darf die Wohlfeilheit der Herr&#x017F;chaft nicht der lei-<lb/>
tende Ge&#x017F;ichtspunkt &#x017F;eyn. Die letzten Merovinger waren<lb/>
apanagirte Ko&#x0364;nige. Es hat Deut&#x017F;chland ungeheuer viel<lb/>
geko&#x017F;tet, daß ihm &#x017F;ein Kai&#x017F;er zuletzt &#x017F;o wenig ko&#x017F;tete &#x2014;<lb/>
13,884 Gulden 32 Kreutzer an ordentlichen Einku&#x0364;nften,<lb/>
wozu die Juden das Mei&#x017F;te gaben <hi rendition="#sup">1</hi>).</p><lb/>
              <note place="end" n="1)">Meiners und Spittler, Go&#x0364;tting. Hi&#x017F;t. Magaz., 4ter Bd. 1&#x017F;tes St.</note><lb/>
              <p>127. Die nachgeborenen Kinder des ko&#x0364;niglichen Hau-<lb/>
&#x017F;es haben ihr Recht auf einen Theil der Staats-Succe&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ion, vermo&#x0364;ge der Primogenitur, aufgegeben und allein das<lb/>
Recht auf das Ganze u&#x0364;brig behalten. Darum du&#x0364;rfen die<lb/>
Abfindungen das Werk der Primogenitur nicht wieder ver-<lb/>
nichten, du&#x0364;rfen nicht in Landestheilen mit gewi&#x017F;&#x017F;en Hoheits-<lb/>
rechten (Paragien, wie die Novemb. 1834. wieder heim-<lb/>
gefallene He&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Quart), noch u&#x0364;berhaupt in liegenden<lb/>
Gru&#x0364;nden ertheilt werden, &#x017F;ondern allein in Geld, und<lb/>
zwar, mit Ausnahme der Mitgaben, in einer Geldrente.</p><lb/>
              <p>128. Die Apanagen-Ordnung kann aus einem zwie-<lb/>
fachen Ge&#x017F;ichtspunkte getroffen werden; &#x017F;ie kann die Linien<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0107] Der koͤnigliche Reichthum. Betrag der Civil-Liſte mag zu Anfang jeder Regierung fuͤr deren Dauer mit den Staͤnden vereinbart werden, wie in England und Frankreich, oder auch ein fuͤr alle Mahl geordnet werden, wie in den Deutſchen Bundes-Staaten, ſo daß die Mehrbewilligung den Staͤnden offen bleibt, nicht aber die Herabſetzung; ganz verwerflich aber bleibt immer, ſie nach Vorſchrift der Norwegiſchen Verfaſſung von Jahr zu Jahr feſtzuſetzen, ein ſchimpflicher Zuſtand des erſten Hausweſens im Reiche, den kein Privatmann ertragen wuͤrde. Auf Rein-Einkuͤnfte von ausgeſchiedenen Domaͤnen geſetzt, wie im Koͤnigreiche Hannover, geſtaltet die Krondotation ſich koͤniglicher, wird aber koſtſpieliger. Freilich darf die Wohlfeilheit der Herrſchaft nicht der lei- tende Geſichtspunkt ſeyn. Die letzten Merovinger waren apanagirte Koͤnige. Es hat Deutſchland ungeheuer viel gekoſtet, daß ihm ſein Kaiſer zuletzt ſo wenig koſtete — 13,884 Gulden 32 Kreutzer an ordentlichen Einkuͤnften, wozu die Juden das Meiſte gaben 1). ¹⁾ Meiners und Spittler, Goͤtting. Hiſt. Magaz., 4ter Bd. 1ſtes St. 127. Die nachgeborenen Kinder des koͤniglichen Hau- ſes haben ihr Recht auf einen Theil der Staats-Succeſ- ſion, vermoͤge der Primogenitur, aufgegeben und allein das Recht auf das Ganze uͤbrig behalten. Darum duͤrfen die Abfindungen das Werk der Primogenitur nicht wieder ver- nichten, duͤrfen nicht in Landestheilen mit gewiſſen Hoheits- rechten (Paragien, wie die Novemb. 1834. wieder heim- gefallene Heſſiſche Quart), noch uͤberhaupt in liegenden Gruͤnden ertheilt werden, ſondern allein in Geld, und zwar, mit Ausnahme der Mitgaben, in einer Geldrente. 128. Die Apanagen-Ordnung kann aus einem zwie- fachen Geſichtspunkte getroffen werden; ſie kann die Linien

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/107
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/107>, abgerufen am 24.11.2024.