Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Erblichkeit des Königthums. von welchem die Fähigkeit, die bereits angetretene Regie-rung zu führen, gewichen ist, sehr wohl die Ausschließung eines entschieden unfähigen Prinzen vom Antritte der Krone vereinigen, gleichwie solche in verschiedenen Hausgesetzen, alten und neuen (nur nicht den neuesten) und auch in der goldnen Bulle Cap. XXV. 1) für Deutsche Cur-Lande nur zu unbestimmt, vorgeschrieben ist. Eine Ausschließung der Art würde jedenfalls vom regierenden Könige nach ge- haltenem Familien-Rathe und mit dessen Zustimmung aus- gehen müssen, und nur in dem Falle eintreten dürfen, wenn außer dem Staats-Ministerium die Ständeversamm- lung des Königreiches die Richtigkeit der Thatsache aner- kannt hat. Der ausgeschlossene Prinz dürfte sich nur morganatisch vermählen. Ist derselbe bereits vermählt, so hat die zur Zeit der Ausschließung schon geborene Descen- denz desselben Anspruch auf die Staats-Succession. 1) §. 3. Primogenitus filius succedat in eis, sibique soli jus et dominium competat, nisi forsitan mente captus, fatuus seu alterius famosi et notabilis defectus*) existeret, propter quem non deberet seu posset hominibus principari. §. 4. In quo casu inhibita sibi accessione secundogenitum, si fuerit in ea progenie, seu alium seniorem fratrem, vel con- sanguineum laicum, qui paterno stipiti in descendenti recta linea proximior fuerit, volumus successurum. *) Eine schärfere Bestimmung war hier um so nothwendiger, da die Lehnsgewohnheiten in diesem Punkt sehr abweichen. Nach auctor vetus de benef. §. 81. schließt bloß der Aussatz vom Lehn aus. Das Römische Recht unterscheidet zwischen dem Rechte ein Amt bei körperlichem Fehl fortzusetzen und es damit behaftet anzutreten. fr. 1. §. 5. Dig. de postulando (III, 1.). Seit die Lehnseigenschaft der Deutschen Fürstenthümer mit dem Reichsverbande erloschen ist, tritt vollends der Gesichtspunkt ein, nach welchem schon im Sächsischen Landrecht 1, 4. Land- erbe und Lehnerbe unterschieden wird, und es kommt zur Zeit lediglich der politische Nutzen neuer Verfassungsbestimmungen Erblichkeit des Koͤnigthums. von welchem die Faͤhigkeit, die bereits angetretene Regie-rung zu fuͤhren, gewichen iſt, ſehr wohl die Ausſchließung eines entſchieden unfaͤhigen Prinzen vom Antritte der Krone vereinigen, gleichwie ſolche in verſchiedenen Hausgeſetzen, alten und neuen (nur nicht den neueſten) und auch in der goldnen Bulle Cap. XXV. 1) fuͤr Deutſche Cur-Lande nur zu unbeſtimmt, vorgeſchrieben iſt. Eine Ausſchließung der Art wuͤrde jedenfalls vom regierenden Koͤnige nach ge- haltenem Familien-Rathe und mit deſſen Zuſtimmung aus- gehen muͤſſen, und nur in dem Falle eintreten duͤrfen, wenn außer dem Staats-Miniſterium die Staͤndeverſamm- lung des Koͤnigreiches die Richtigkeit der Thatſache aner- kannt hat. Der ausgeſchloſſene Prinz duͤrfte ſich nur morganatiſch vermaͤhlen. Iſt derſelbe bereits vermaͤhlt, ſo hat die zur Zeit der Ausſchließung ſchon geborene Deſcen- denz deſſelben Anſpruch auf die Staats-Succeſſion. 1) §. 3. Primogenitus filius succedat in eis, sibique soli jus et dominium competat, nisi forsitan mente captus, fatuus seu alterius famosi et notabilis defectus*) existeret, propter quem non deberet seu posset hominibus principari. §. 4. In quo casu inhibita sibi accessione secundogenitum, si fuerit in ea progenie, seu alium seniorem fratrem, vel con- sanguineum laicum, qui paterno stipiti in descendenti recta linea proximior fuerit, volumus successurum. *) Eine ſchaͤrfere Beſtimmung war hier um ſo nothwendiger, da die Lehnsgewohnheiten in dieſem Punkt ſehr abweichen. Nach auctor vetus de benef. §. 81. ſchließt bloß der Ausſatz vom Lehn aus. Das Roͤmiſche Recht unterſcheidet zwiſchen dem Rechte ein Amt bei koͤrperlichem Fehl fortzuſetzen und es damit behaftet anzutreten. fr. 1. §. 5. Dig. de postulando (III, 1.). Seit die Lehnseigenſchaft der Deutſchen Fuͤrſtenthuͤmer mit dem Reichsverbande erloſchen iſt, tritt vollends der Geſichtspunkt ein, nach welchem ſchon im Saͤchſiſchen Landrecht 1, 4. 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Erblichkeit des Koͤnigthums.
von welchem die Faͤhigkeit, die bereits angetretene Regie-
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eines entſchieden unfaͤhigen Prinzen vom Antritte der Krone
vereinigen, gleichwie ſolche in verſchiedenen Hausgeſetzen,
alten und neuen (nur nicht den neueſten) und auch in der
goldnen Bulle Cap. XXV. 1) fuͤr Deutſche Cur-Lande
nur zu unbeſtimmt, vorgeſchrieben iſt. Eine Ausſchließung
der Art wuͤrde jedenfalls vom regierenden Koͤnige nach ge-
haltenem Familien-Rathe und mit deſſen Zuſtimmung aus-
gehen muͤſſen, und nur in dem Falle eintreten duͤrfen,
wenn außer dem Staats-Miniſterium die Staͤndeverſamm-
lung des Koͤnigreiches die Richtigkeit der Thatſache aner-
kannt hat. Der ausgeſchloſſene Prinz duͤrfte ſich nur
morganatiſch vermaͤhlen. Iſt derſelbe bereits vermaͤhlt, ſo
hat die zur Zeit der Ausſchließung ſchon geborene Deſcen-
denz deſſelben Anſpruch auf die Staats-Succeſſion.
¹⁾ §. 3. Primogenitus filius succedat in eis, sibique soli jus et
dominium competat, nisi forsitan mente captus, fatuus seu
alterius famosi et notabilis defectus*) existeret, propter
quem non deberet seu posset hominibus principari.
§. 4. In quo casu inhibita sibi accessione secundogenitum,
si fuerit in ea progenie, seu alium seniorem fratrem, vel con-
sanguineum laicum, qui paterno stipiti in descendenti recta
linea proximior fuerit, volumus successurum.
*⁾ Eine ſchaͤrfere Beſtimmung war hier um ſo nothwendiger, da
die Lehnsgewohnheiten in dieſem Punkt ſehr abweichen. Nach
auctor vetus de benef. §. 81. ſchließt bloß der Ausſatz vom
Lehn aus. Das Roͤmiſche Recht unterſcheidet zwiſchen dem
Rechte ein Amt bei koͤrperlichem Fehl fortzuſetzen und es damit
behaftet anzutreten. fr. 1. §. 5. Dig. de postulando (III, 1.).
Seit die Lehnseigenſchaft der Deutſchen Fuͤrſtenthuͤmer mit dem
Reichsverbande erloſchen iſt, tritt vollends der Geſichtspunkt
ein, nach welchem ſchon im Saͤchſiſchen Landrecht 1, 4. Land-
erbe und Lehnerbe unterſchieden wird, und es kommt zur Zeit
lediglich der politiſche Nutzen neuer Verfaſſungsbeſtimmungen
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