dessen Überschwemmung weit hinaus Alles zerstören und verwüsten muß, wenn er nicht bald in sein Bette zurück- kehrt. Kein Zweifel, ohne den Tag des 10ten waren wir verloren; der Hof, seit lange vorberei- tet, erwartete nur die Stunde, um alle seine Verräthereien zu krönen, über Paris die Todesfahne zu entfalten und es durch Schrecken zu beherrschen. Das Gefühl des Volks, immer gerecht und zutreffend, wenn die öffentliche Mei- nung unverdorben ist, eilte dem Augenblicke voran, wel- cher für sein Verderben bestimmt war, und benutzte ihn zum Verderben der Verschwörer." Dann von den Thaten des zweiten Septembers: "Gestern war ein Tag, von dessen Ereignissen man vielleicht den Schleier nicht lüften darf; ich weiß daß das Volk, furchtbar in seiner Rache, doch eine Art Gerechtigkeit hineinbringt; es opfert nicht Alles auf was seiner Wuth sich darbietet: es richtet diese gegen Solche, welche es schon zu lange mit dem Schwerte des Gesetzes verschont zu haben glaubt und welche die Ge- fahr der Umstände ihm als Schlachtopfer bezeichnet, die unverzüglich fallen müssen." Stand es so mit den eidlo- sen Priestern? Gewiß, Roland war eine weit reinere Seele als Danton, allein in der politischen Anschauung beider machte bloß das Datum einen kleinen Unterschied. Roland hatte den inneren Feind in den Tuilerien gefürch- tet und er freut sich des erfolgreich angewandten Schreckens. Danton fürchtete in ausgedehnterem Maße den inneren zu- gleich und den äußeren Feind und machte von einer größe-
deſſen Überſchwemmung weit hinaus Alles zerſtören und verwüſten muß, wenn er nicht bald in ſein Bette zurück- kehrt. Kein Zweifel, ohne den Tag des 10ten waren wir verloren; der Hof, ſeit lange vorberei- tet, erwartete nur die Stunde, um alle ſeine Verräthereien zu krönen, über Paris die Todesfahne zu entfalten und es durch Schrecken zu beherrſchen. Das Gefühl des Volks, immer gerecht und zutreffend, wenn die öffentliche Mei- nung unverdorben iſt, eilte dem Augenblicke voran, wel- cher für ſein Verderben beſtimmt war, und benutzte ihn zum Verderben der Verſchwörer.“ Dann von den Thaten des zweiten Septembers: „Geſtern war ein Tag, von deſſen Ereigniſſen man vielleicht den Schleier nicht lüften darf; ich weiß daß das Volk, furchtbar in ſeiner Rache, doch eine Art Gerechtigkeit hineinbringt; es opfert nicht Alles auf was ſeiner Wuth ſich darbietet: es richtet dieſe gegen Solche, welche es ſchon zu lange mit dem Schwerte des Geſetzes verſchont zu haben glaubt und welche die Ge- fahr der Umſtände ihm als Schlachtopfer bezeichnet, die unverzüglich fallen müſſen.“ Stand es ſo mit den eidlo- ſen Prieſtern? Gewiß, Roland war eine weit reinere Seele als Danton, allein in der politiſchen Anſchauung beider machte bloß das Datum einen kleinen Unterſchied. Roland hatte den inneren Feind in den Tuilerien gefürch- tet und er freut ſich des erfolgreich angewandten Schreckens. Danton fürchtete in ausgedehnterem Maße den inneren zu- gleich und den äußeren Feind und machte von einer größe-
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deſſen Überſchwemmung weit hinaus Alles zerſtören und
verwüſten muß, wenn er nicht bald in ſein Bette zurück-
kehrt. Kein Zweifel, ohne den Tag des 10ten
waren wir verloren; der Hof, ſeit lange vorberei-
tet, erwartete nur die Stunde, um alle ſeine Verräthereien
zu krönen, über Paris die Todesfahne zu entfalten und es
durch Schrecken zu beherrſchen. Das Gefühl des Volks,
immer gerecht und zutreffend, wenn die öffentliche Mei-
nung unverdorben iſt, eilte dem Augenblicke voran, wel-
cher für ſein Verderben beſtimmt war, und benutzte ihn
zum Verderben der Verſchwörer.“ Dann von den Thaten
des zweiten Septembers: „Geſtern war ein Tag, von
deſſen Ereigniſſen man vielleicht den Schleier nicht lüften
darf; ich weiß daß das Volk, furchtbar in ſeiner Rache,
doch eine Art Gerechtigkeit hineinbringt; es opfert nicht
Alles auf was ſeiner Wuth ſich darbietet: es richtet dieſe
gegen Solche, welche es ſchon zu lange mit dem Schwerte
des Geſetzes verſchont zu haben glaubt und welche die Ge-
fahr der Umſtände ihm als Schlachtopfer bezeichnet, die
unverzüglich fallen müſſen.“ Stand es ſo mit den eidlo-
ſen Prieſtern? Gewiß, Roland war eine weit reinere
Seele als Danton, allein in der politiſchen Anſchauung
beider machte bloß das Datum einen kleinen Unterſchied.
Roland hatte den inneren Feind in den Tuilerien gefürch-
tet und er freut ſich des erfolgreich angewandten Schreckens.
Danton fürchtete in ausgedehnterem Maße den inneren zu-
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/480>, abgerufen am 05.12.2024.
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