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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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richtung erfuhr, begleitet von der Beschimpfung einer Kö-
nigin, und man es litt, und wo ein Menschenalter hin-
durch eine usurpirte Herrschaft der anderen folgte, bloß
weil im ganz unumschränkt regierten Staate niemand das
Recht hat, zwischen einem Herrscher, der seiner Sinne nicht
mächtig ist, und einem der es ist zu unterscheiden, außer
dieser Herrscher selber. Zwar nimmt Burke sich wohl in
Acht eine solche Verfassungsform anzurathen, wohl wis-
send daß jeder Engländer dann sein Buch mit Verachtung
zurückschieben würde; er macht die Krone des Beherrschers
von Großbritannien sogar von der Erfüllung der gesetz-
lichen Bedingungen des Souveränitätsvertrages abhängig
-- and whilst the legal conditions of the compact of so-
vereignity are performed by him (as they are perfor-
med) he holds his crown
--; allein dieser Umstand stimmt
ihn durchaus nicht billiger gegen die Völker, welche, durch
grausame Erfahrungen belehrt, es eben so gut haben
möchten. Er schildert nach seinen flüchtigen Reisebemer-
kungen den Zustand Frankreichs vor der Revolution als
recht erwünscht, seine hohe Geistlichkeit, seinen Adel als
löblich gesinnt; er bezeichnet die damalige Verfassung als
immer noch die beste unter den schlechtgerathenen monar-
chischen Regierungsformen, obgleich voll von Misbräu-
chen, "wie sie überall sich häufen müssen da wo die Mon-
archie der beständigen Aufsicht einer Volksvertretung ent-
behrt." Was aber sind, wenn man ihm glaubt, die Fol-
gen des frevelhaften Umsturzes gewesen? Ein durch Aus-

richtung erfuhr, begleitet von der Beſchimpfung einer Kö-
nigin, und man es litt, und wo ein Menſchenalter hin-
durch eine uſurpirte Herrſchaft der anderen folgte, bloß
weil im ganz unumſchränkt regierten Staate niemand das
Recht hat, zwiſchen einem Herrſcher, der ſeiner Sinne nicht
mächtig iſt, und einem der es iſt zu unterſcheiden, außer
dieſer Herrſcher ſelber. Zwar nimmt Burke ſich wohl in
Acht eine ſolche Verfaſſungsform anzurathen, wohl wiſ-
ſend daß jeder Engländer dann ſein Buch mit Verachtung
zurückſchieben würde; er macht die Krone des Beherrſchers
von Großbritannien ſogar von der Erfüllung der geſetz-
lichen Bedingungen des Souveränitätsvertrages abhängig
and whilst the legal conditions of the compact of so-
vereignity are performed by him (as they are perfor-
med) he holds his crown
—; allein dieſer Umſtand ſtimmt
ihn durchaus nicht billiger gegen die Völker, welche, durch
grauſame Erfahrungen belehrt, es eben ſo gut haben
möchten. Er ſchildert nach ſeinen flüchtigen Reiſebemer-
kungen den Zuſtand Frankreichs vor der Revolution als
recht erwünſcht, ſeine hohe Geiſtlichkeit, ſeinen Adel als
löblich geſinnt; er bezeichnet die damalige Verfaſſung als
immer noch die beſte unter den ſchlechtgerathenen monar-
chiſchen Regierungsformen, obgleich voll von Misbräu-
chen, „wie ſie überall ſich häufen müſſen da wo die Mon-
archie der beſtändigen Aufſicht einer Volksvertretung ent-
behrt.“ Was aber ſind, wenn man ihm glaubt, die Fol-
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[425/0435] richtung erfuhr, begleitet von der Beſchimpfung einer Kö- nigin, und man es litt, und wo ein Menſchenalter hin- durch eine uſurpirte Herrſchaft der anderen folgte, bloß weil im ganz unumſchränkt regierten Staate niemand das Recht hat, zwiſchen einem Herrſcher, der ſeiner Sinne nicht mächtig iſt, und einem der es iſt zu unterſcheiden, außer dieſer Herrſcher ſelber. Zwar nimmt Burke ſich wohl in Acht eine ſolche Verfaſſungsform anzurathen, wohl wiſ- ſend daß jeder Engländer dann ſein Buch mit Verachtung zurückſchieben würde; er macht die Krone des Beherrſchers von Großbritannien ſogar von der Erfüllung der geſetz- lichen Bedingungen des Souveränitätsvertrages abhängig — and whilst the legal conditions of the compact of so- vereignity are performed by him (as they are perfor- med) he holds his crown —; allein dieſer Umſtand ſtimmt ihn durchaus nicht billiger gegen die Völker, welche, durch grauſame Erfahrungen belehrt, es eben ſo gut haben möchten. Er ſchildert nach ſeinen flüchtigen Reiſebemer- kungen den Zuſtand Frankreichs vor der Revolution als recht erwünſcht, ſeine hohe Geiſtlichkeit, ſeinen Adel als löblich geſinnt; er bezeichnet die damalige Verfaſſung als immer noch die beſte unter den ſchlechtgerathenen monar- chiſchen Regierungsformen, obgleich voll von Misbräu- chen, „wie ſie überall ſich häufen müſſen da wo die Mon- archie der beſtändigen Aufſicht einer Volksvertretung ent- behrt.“ Was aber ſind, wenn man ihm glaubt, die Fol- gen des frevelhaften Umſturzes geweſen? Ein durch Aus-

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/435>, abgerufen am 14.05.2024.