Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

zu classificiren, welche, da sie keine öffentlichen Beamten
sind, sich in der allgemeinen Classe der Bürger verlieren;
als ob Verwalter sich entschließen könnten Verzeichnisse zu
bilden und bekannt zu machen, welche in den Tagen der
Aufregung sich in blutige Proscriptionslisten verwandeln
können; als ob sie überhaupt fähig wären ein inquisitori-
sches Verfahren einzuleiten, welches aus der buchstäb-
lichen Ausführung des Decretes nothwendig flösse.

"Sire, bei dem Lesen dieser Verfügungen haben alle
die Individuen, welche Ihnen diese Bittschrift darbringen,
sich gefragt, ob sie diese Art von Hingebung in sich füh-
len: Alle haben ein tiefes Stillschweigen beobachtet.

"Müßten sie denn nicht zu jedem Mitbürger sprechen:
sagt uns, welches Glaubens ihr seyd, gebt Rechenschaft
von euren Religionsmeinungen, unterrichtet uns von eu-
rem bisherigen Gewerbe, und es wird sich zeigen ob ihr
Recht auf gesetzlichen Schutz habt, ob es uns erlaubt ist
euch in Frieden zu lassen. Seyd ihr geistlich, so zittert,
wir heften uns dann an eure Fersen, spähen alle eure
Privathandlungen aus, eure geheimsten Beziehungen
erforschen wir: wie regelmäßig auch eure Betragen seyn
mag, bei dem ersten Auflaufe in dieser unermeßlichen
Stadt, wobei man das Wort Religion ausspricht, ziehen
wir euch hervor aus eurer Zurückgezogenheit, und möget
ihr noch so unschuldig seyn, wir haben die Macht euch
von eurem Heerde zu treiben, den ihr euch wähltet.

"Wenn Frankreich, das freie Frankreich dahin geriethe

zu claſſificiren, welche, da ſie keine öffentlichen Beamten
ſind, ſich in der allgemeinen Claſſe der Bürger verlieren;
als ob Verwalter ſich entſchließen könnten Verzeichniſſe zu
bilden und bekannt zu machen, welche in den Tagen der
Aufregung ſich in blutige Proſcriptionsliſten verwandeln
können; als ob ſie überhaupt fähig wären ein inquiſitori-
ſches Verfahren einzuleiten, welches aus der buchſtäb-
lichen Ausführung des Decretes nothwendig flöſſe.

„Sire, bei dem Leſen dieſer Verfügungen haben alle
die Individuen, welche Ihnen dieſe Bittſchrift darbringen,
ſich gefragt, ob ſie dieſe Art von Hingebung in ſich füh-
len: Alle haben ein tiefes Stillſchweigen beobachtet.

„Müßten ſie denn nicht zu jedem Mitbürger ſprechen:
ſagt uns, welches Glaubens ihr ſeyd, gebt Rechenſchaft
von euren Religionsmeinungen, unterrichtet uns von eu-
rem bisherigen Gewerbe, und es wird ſich zeigen ob ihr
Recht auf geſetzlichen Schutz habt, ob es uns erlaubt iſt
euch in Frieden zu laſſen. Seyd ihr geiſtlich, ſo zittert,
wir heften uns dann an eure Ferſen, ſpähen alle eure
Privathandlungen aus, eure geheimſten Beziehungen
erforſchen wir: wie regelmäßig auch eure Betragen ſeyn
mag, bei dem erſten Auflaufe in dieſer unermeßlichen
Stadt, wobei man das Wort Religion ausſpricht, ziehen
wir euch hervor aus eurer Zurückgezogenheit, und möget
ihr noch ſo unſchuldig ſeyn, wir haben die Macht euch
von eurem Heerde zu treiben, den ihr euch wähltet.

„Wenn Frankreich, das freie Frankreich dahin geriethe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0420" n="410"/>
zu cla&#x017F;&#x017F;ificiren, welche, da &#x017F;ie keine öffentlichen Beamten<lb/>
&#x017F;ind, &#x017F;ich in der allgemeinen Cla&#x017F;&#x017F;e der Bürger verlieren;<lb/>
als ob Verwalter &#x017F;ich ent&#x017F;chließen könnten Verzeichni&#x017F;&#x017F;e zu<lb/>
bilden und bekannt zu machen, welche in den Tagen der<lb/>
Aufregung &#x017F;ich in blutige Pro&#x017F;criptionsli&#x017F;ten verwandeln<lb/>
können; als ob &#x017F;ie überhaupt fähig wären ein inqui&#x017F;itori-<lb/>
&#x017F;ches Verfahren einzuleiten, welches aus der buch&#x017F;täb-<lb/>
lichen Ausführung des Decretes nothwendig flö&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sire, bei dem Le&#x017F;en die&#x017F;er Verfügungen haben alle<lb/>
die Individuen, welche Ihnen die&#x017F;e Bitt&#x017F;chrift darbringen,<lb/>
&#x017F;ich gefragt, ob &#x017F;ie die&#x017F;e Art von Hingebung in &#x017F;ich füh-<lb/>
len: Alle haben ein tiefes Still&#x017F;chweigen beobachtet.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Müßten &#x017F;ie denn nicht zu jedem Mitbürger &#x017F;prechen:<lb/>
&#x017F;agt uns, welches Glaubens ihr &#x017F;eyd, gebt Rechen&#x017F;chaft<lb/>
von euren Religionsmeinungen, unterrichtet uns von eu-<lb/>
rem bisherigen Gewerbe, und es wird &#x017F;ich zeigen ob ihr<lb/>
Recht auf ge&#x017F;etzlichen Schutz habt, ob es uns erlaubt i&#x017F;t<lb/>
euch in Frieden zu la&#x017F;&#x017F;en. Seyd ihr gei&#x017F;tlich, &#x017F;o zittert,<lb/>
wir heften uns dann an eure Fer&#x017F;en, &#x017F;pähen alle eure<lb/>
Privathandlungen aus, eure geheim&#x017F;ten Beziehungen<lb/>
erfor&#x017F;chen wir: wie regelmäßig auch eure Betragen &#x017F;eyn<lb/>
mag, bei dem er&#x017F;ten Auflaufe in die&#x017F;er unermeßlichen<lb/>
Stadt, wobei man das Wort Religion aus&#x017F;pricht, ziehen<lb/>
wir euch hervor aus eurer Zurückgezogenheit, und möget<lb/>
ihr noch &#x017F;o un&#x017F;chuldig &#x017F;eyn, wir haben die Macht euch<lb/>
von eurem Heerde zu treiben, den ihr euch wähltet.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wenn Frankreich, das freie Frankreich dahin geriethe<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[410/0420] zu claſſificiren, welche, da ſie keine öffentlichen Beamten ſind, ſich in der allgemeinen Claſſe der Bürger verlieren; als ob Verwalter ſich entſchließen könnten Verzeichniſſe zu bilden und bekannt zu machen, welche in den Tagen der Aufregung ſich in blutige Proſcriptionsliſten verwandeln können; als ob ſie überhaupt fähig wären ein inquiſitori- ſches Verfahren einzuleiten, welches aus der buchſtäb- lichen Ausführung des Decretes nothwendig flöſſe. „Sire, bei dem Leſen dieſer Verfügungen haben alle die Individuen, welche Ihnen dieſe Bittſchrift darbringen, ſich gefragt, ob ſie dieſe Art von Hingebung in ſich füh- len: Alle haben ein tiefes Stillſchweigen beobachtet. „Müßten ſie denn nicht zu jedem Mitbürger ſprechen: ſagt uns, welches Glaubens ihr ſeyd, gebt Rechenſchaft von euren Religionsmeinungen, unterrichtet uns von eu- rem bisherigen Gewerbe, und es wird ſich zeigen ob ihr Recht auf geſetzlichen Schutz habt, ob es uns erlaubt iſt euch in Frieden zu laſſen. Seyd ihr geiſtlich, ſo zittert, wir heften uns dann an eure Ferſen, ſpähen alle eure Privathandlungen aus, eure geheimſten Beziehungen erforſchen wir: wie regelmäßig auch eure Betragen ſeyn mag, bei dem erſten Auflaufe in dieſer unermeßlichen Stadt, wobei man das Wort Religion ausſpricht, ziehen wir euch hervor aus eurer Zurückgezogenheit, und möget ihr noch ſo unſchuldig ſeyn, wir haben die Macht euch von eurem Heerde zu treiben, den ihr euch wähltet. „Wenn Frankreich, das freie Frankreich dahin geriethe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/420
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/420>, abgerufen am 14.05.2024.