sahen, ob König und Königin sich auch in ihren Betten befänden. Jetzt aber am Abend des 3ten September begab sich eine Deputation von 60 Mitgliedern bei Fackelschein in die Tuilerien; ihrer wartete der König, von seinen Ministern umgeben. Thouret, zum dritten Male Präsi- dent, sprach: "Die Vertreter der Nation bringen Eurer Majestät die Verfassungsurkunde, welche die unverjähr- baren Rechte des französischen Volks heiligt, dem Thron seine wahre Würde zurückstellt, und der Verfassung des Reiches ein verjüngtes Daseyn giebt." Zugleich wurden die Wachen zurückgezogen, und Ludwig befahl nun der Garde, die ihm eben noch zu befehlen hatte. Am 13ten ertheilte der König schriftlich seine Genehmigung, unbe- dingt, ohne gleichwohl zu verhehlen daß er in Betracht der Größe des Reiches mehr Macht für die ausübende Gewalt gewünscht hätte, bei so getheilten Meinungen vertraue er jedoch die Entscheidung der Erfahrung. Den Tag darauf leistete der König persönlich den Eid auf die Verfassung, stehend vor den sitzenden Nationalvertretern; die Königin befand sich mit ihrem Gefolge in einer Sei- tenloge. Als Ludwig, begleitet von der jubelnden Ver- sammlung, sein Schloß erreicht hatte, warf er sich in einen Sessel und beklagte weinend die erlittene Demüthigung.
Noch beschloß die Versammlung ein unwirksames De-Sept. 29. cret gegen die Clubs und ihre Anmaßung, sich als politi- sche Körperschaften geltend zu machen, politische Beschlüsse zu fassen und auf die Behörden einwirken zu wollen, statt
ſahen, ob König und Königin ſich auch in ihren Betten befänden. Jetzt aber am Abend des 3ten September begab ſich eine Deputation von 60 Mitgliedern bei Fackelſchein in die Tuilerien; ihrer wartete der König, von ſeinen Miniſtern umgeben. Thouret, zum dritten Male Präſi- dent, ſprach: „Die Vertreter der Nation bringen Eurer Majeſtät die Verfaſſungsurkunde, welche die unverjähr- baren Rechte des franzöſiſchen Volks heiligt, dem Thron ſeine wahre Würde zurückſtellt, und der Verfaſſung des Reiches ein verjüngtes Daſeyn giebt.“ Zugleich wurden die Wachen zurückgezogen, und Ludwig befahl nun der Garde, die ihm eben noch zu befehlen hatte. Am 13ten ertheilte der König ſchriftlich ſeine Genehmigung, unbe- dingt, ohne gleichwohl zu verhehlen daß er in Betracht der Größe des Reiches mehr Macht für die ausübende Gewalt gewünſcht hätte, bei ſo getheilten Meinungen vertraue er jedoch die Entſcheidung der Erfahrung. Den Tag darauf leiſtete der König perſönlich den Eid auf die Verfaſſung, ſtehend vor den ſitzenden Nationalvertretern; die Königin befand ſich mit ihrem Gefolge in einer Sei- tenloge. Als Ludwig, begleitet von der jubelnden Ver- ſammlung, ſein Schloß erreicht hatte, warf er ſich in einen Seſſel und beklagte weinend die erlittene Demüthigung.
Noch beſchloß die Verſammlung ein unwirkſames De-Sept. 29. cret gegen die Clubs und ihre Anmaßung, ſich als politi- ſche Körperſchaften geltend zu machen, politiſche Beſchlüſſe zu faſſen und auf die Behörden einwirken zu wollen, ſtatt
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ſahen, ob König und Königin ſich auch in ihren Betten
befänden. Jetzt aber am Abend des 3ten September begab
ſich eine Deputation von 60 Mitgliedern bei Fackelſchein
in die Tuilerien; ihrer wartete der König, von ſeinen
Miniſtern umgeben. Thouret, zum dritten Male Präſi-
dent, ſprach: „Die Vertreter der Nation bringen Eurer
Majeſtät die Verfaſſungsurkunde, welche die unverjähr-
baren Rechte des franzöſiſchen Volks heiligt, dem Thron
ſeine wahre Würde zurückſtellt, und der Verfaſſung des
Reiches ein verjüngtes Daſeyn giebt.“ Zugleich wurden
die Wachen zurückgezogen, und Ludwig befahl nun der
Garde, die ihm eben noch zu befehlen hatte. Am 13ten
ertheilte der König ſchriftlich ſeine Genehmigung, unbe-
dingt, ohne gleichwohl zu verhehlen daß er in Betracht
der Größe des Reiches mehr Macht für die ausübende
Gewalt gewünſcht hätte, bei ſo getheilten Meinungen
vertraue er jedoch die Entſcheidung der Erfahrung. Den
Tag darauf leiſtete der König perſönlich den Eid auf die
Verfaſſung, ſtehend vor den ſitzenden Nationalvertretern;
die Königin befand ſich mit ihrem Gefolge in einer Sei-
tenloge. Als Ludwig, begleitet von der jubelnden Ver-
ſammlung, ſein Schloß erreicht hatte, warf er ſich in einen
Seſſel und beklagte weinend die erlittene Demüthigung.
Noch beſchloß die Verſammlung ein unwirkſames De-
cret gegen die Clubs und ihre Anmaßung, ſich als politi-
ſche Körperſchaften geltend zu machen, politiſche Beſchlüſſe
zu faſſen und auf die Behörden einwirken zu wollen, ſtatt
Sept. 29.
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/405>, abgerufen am 22.12.2024.
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