zuschaffen, welchem man beständig sagt, in ihm wohne die Herrschaft. Er wird bei jedem Anlasse auf den ersten Grundsatz zurückgehen, wird die Gewalten zurückziehen, sie umwandeln. Mithin ist der erste Fehler Eurer Verfas- sung diese abstract aufgestellte Souveränität." So bahnte sich Malouet den Weg zum Umsturze der Erklärung der Rechte und hatte schon an die Nothwendigkeit, vor allen Dingen den König auf freien Fuß zu setzen, erinnert, als ihn Buzots Stimme unterbrach: "Was man Euch vor- schlägt ist nichts weniger als eine Gegenrevolution." Als- bald erhub sich gewaltige Aufregung und ein Getöse, Cha- pelier und Barnave wichen dem Sturme, sie vermochten es nicht über sich, ihre eigene staatsmännische Laufbahn zu bekämpfen, sie selbst unterstützten den Antrag daß die lei- tenden Grundsätze unantastbar bleiben müssen. Fortan nahm die Revision sowohl in dem Ausschusse als in der Versammlung einen äußerst raschen Gang, alle Grund- lagen blieben wie sie waren, die Vertheilung der Gewal- ten ward in keinem Stücke geändert, die Aufhebung jenes Beschlusses wegen der Nichtwählbarkeit der Mitglieder der Nationalversammlung ward zwar von dem Ausschusse be- antragt, aber verworfen; für später soll indeß die Wieder- wahl zur nächstfolgenden Versammlung gestattet seyn, nicht aber zum dritten Male. Beide Ausschüsse schlugen den Artikel vor: "Die Minister werden in der gesetzgebenden Nationalversammlung Zutritt haben; sie werden daselbst einen ausgezeichneten Platz erhalten und auf ihr Verlangen
zuſchaffen, welchem man beſtändig ſagt, in ihm wohne die Herrſchaft. Er wird bei jedem Anlaſſe auf den erſten Grundſatz zurückgehen, wird die Gewalten zurückziehen, ſie umwandeln. Mithin iſt der erſte Fehler Eurer Verfaſ- ſung dieſe abſtract aufgeſtellte Souveränität.“ So bahnte ſich Malouet den Weg zum Umſturze der Erklärung der Rechte und hatte ſchon an die Nothwendigkeit, vor allen Dingen den König auf freien Fuß zu ſetzen, erinnert, als ihn Buzots Stimme unterbrach: „Was man Euch vor- ſchlägt iſt nichts weniger als eine Gegenrevolution.“ Als- bald erhub ſich gewaltige Aufregung und ein Getöſe, Cha- pelier und Barnave wichen dem Sturme, ſie vermochten es nicht über ſich, ihre eigene ſtaatsmänniſche Laufbahn zu bekämpfen, ſie ſelbſt unterſtützten den Antrag daß die lei- tenden Grundſätze unantaſtbar bleiben müſſen. Fortan nahm die Reviſion ſowohl in dem Ausſchuſſe als in der Verſammlung einen äußerſt raſchen Gang, alle Grund- lagen blieben wie ſie waren, die Vertheilung der Gewal- ten ward in keinem Stücke geändert, die Aufhebung jenes Beſchluſſes wegen der Nichtwählbarkeit der Mitglieder der Nationalverſammlung ward zwar von dem Ausſchuſſe be- antragt, aber verworfen; für ſpäter ſoll indeß die Wieder- wahl zur nächſtfolgenden Verſammlung geſtattet ſeyn, nicht aber zum dritten Male. Beide Ausſchüſſe ſchlugen den Artikel vor: „Die Miniſter werden in der geſetzgebenden Nationalverſammlung Zutritt haben; ſie werden daſelbſt einen ausgezeichneten Platz erhalten und auf ihr Verlangen
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zuſchaffen, welchem man beſtändig ſagt, in ihm wohne
die Herrſchaft. Er wird bei jedem Anlaſſe auf den erſten
Grundſatz zurückgehen, wird die Gewalten zurückziehen,
ſie umwandeln. Mithin iſt der erſte Fehler Eurer Verfaſ-
ſung dieſe abſtract aufgeſtellte Souveränität.“ So bahnte
ſich Malouet den Weg zum Umſturze der Erklärung der
Rechte und hatte ſchon an die Nothwendigkeit, vor allen
Dingen den König auf freien Fuß zu ſetzen, erinnert, als
ihn Buzots Stimme unterbrach: „Was man Euch vor-
ſchlägt iſt nichts weniger als eine Gegenrevolution.“ Als-
bald erhub ſich gewaltige Aufregung und ein Getöſe, Cha-
pelier und Barnave wichen dem Sturme, ſie vermochten
es nicht über ſich, ihre eigene ſtaatsmänniſche Laufbahn zu
bekämpfen, ſie ſelbſt unterſtützten den Antrag daß die lei-
tenden Grundſätze unantaſtbar bleiben müſſen. Fortan
nahm die Reviſion ſowohl in dem Ausſchuſſe als in der
Verſammlung einen äußerſt raſchen Gang, alle Grund-
lagen blieben wie ſie waren, die Vertheilung der Gewal-
ten ward in keinem Stücke geändert, die Aufhebung jenes
Beſchluſſes wegen der Nichtwählbarkeit der Mitglieder der
Nationalverſammlung ward zwar von dem Ausſchuſſe be-
antragt, aber verworfen; für ſpäter ſoll indeß die Wieder-
wahl zur nächſtfolgenden Verſammlung geſtattet ſeyn, nicht
aber zum dritten Male. Beide Ausſchüſſe ſchlugen den
Artikel vor: „Die Miniſter werden in der geſetzgebenden
Nationalverſammlung Zutritt haben; ſie werden daſelbſt
einen ausgezeichneten Platz erhalten und auf ihr Verlangen
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/403>, abgerufen am 22.12.2024.
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