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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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für lautere Tugend giebt, beschämt, die Tücke der verstock-
ten Royalisten aufgedeckt haben, die in heimlichem Triumph
hofften, an der rohen Thatkraft einer neuen ungeschulten
Versammlung das verhaßte Constitutionswerk nächstens
scheitern zu sehen! Denn weit lieber war diesen die Re-
publik, als doch unhaltbar, gegen solch ein Königthum.
Wie würde er vollends der schnöden Eifersucht, die, selbst
ohne Hoffnung zur Macht, gern auch Andern den Weg
dazu versperrt, ihren dürftigen Schleier abgezogen, den
einsichtigeren Theil aber, der vor dem Vorwurfe selbst-
süchtiger Herrschsucht verstummte, ermuthigt haben Alles
aufzubieten, damit die Kräfte, die das Werk gestiftet,
auch zur Erhaltung desselben verwendet würden! Denn
alle Leidenschaften und Verstocktheiten, unterstützt von dem
dieser Nation einwohnenden Gefallen an theatralischer Tu-
gend, wirkten zu diesem Beschlusse albernster Selbstver-
läugnung zusammen. Eben so verfehlt war, daß nach jenem
Decret, welches die königliche Macht noch nach des Kö-
nigs Rückkehr von seiner mislungenen Flucht suspendirt
bleiben ließ, während einige Mitglieder unwillig austra-
ten, ein anderer Theil der Versammlung, ungefähr 300,
eine Erklärung unterzeichneten, daß allein die Hoffnung, für
die persönlichen Interessen des Königs und der königlichen
Familie noch wirken zu können, sie bei Männern zurück-
halte, welche über den Trümmern der Monarchie die Mis-
gestalt einer Republik errichten wollten: die Unterzeichne-
ten würden daher an Berathungen, welche jene Interessen

für lautere Tugend giebt, beſchämt, die Tücke der verſtock-
ten Royaliſten aufgedeckt haben, die in heimlichem Triumph
hofften, an der rohen Thatkraft einer neuen ungeſchulten
Verſammlung das verhaßte Conſtitutionswerk nächſtens
ſcheitern zu ſehen! Denn weit lieber war dieſen die Re-
publik, als doch unhaltbar, gegen ſolch ein Königthum.
Wie würde er vollends der ſchnöden Eiferſucht, die, ſelbſt
ohne Hoffnung zur Macht, gern auch Andern den Weg
dazu verſperrt, ihren dürftigen Schleier abgezogen, den
einſichtigeren Theil aber, der vor dem Vorwurfe ſelbſt-
ſüchtiger Herrſchſucht verſtummte, ermuthigt haben Alles
aufzubieten, damit die Kräfte, die das Werk geſtiftet,
auch zur Erhaltung desſelben verwendet würden! Denn
alle Leidenſchaften und Verſtocktheiten, unterſtützt von dem
dieſer Nation einwohnenden Gefallen an theatraliſcher Tu-
gend, wirkten zu dieſem Beſchluſſe albernſter Selbſtver-
läugnung zuſammen. Eben ſo verfehlt war, daß nach jenem
Decret, welches die königliche Macht noch nach des Kö-
nigs Rückkehr von ſeiner mislungenen Flucht ſuſpendirt
bleiben ließ, während einige Mitglieder unwillig austra-
ten, ein anderer Theil der Verſammlung, ungefähr 300,
eine Erklärung unterzeichneten, daß allein die Hoffnung, für
die perſönlichen Intereſſen des Königs und der königlichen
Familie noch wirken zu können, ſie bei Männern zurück-
halte, welche über den Trümmern der Monarchie die Mis-
geſtalt einer Republik errichten wollten: die Unterzeichne-
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[389/0399] für lautere Tugend giebt, beſchämt, die Tücke der verſtock- ten Royaliſten aufgedeckt haben, die in heimlichem Triumph hofften, an der rohen Thatkraft einer neuen ungeſchulten Verſammlung das verhaßte Conſtitutionswerk nächſtens ſcheitern zu ſehen! Denn weit lieber war dieſen die Re- publik, als doch unhaltbar, gegen ſolch ein Königthum. Wie würde er vollends der ſchnöden Eiferſucht, die, ſelbſt ohne Hoffnung zur Macht, gern auch Andern den Weg dazu verſperrt, ihren dürftigen Schleier abgezogen, den einſichtigeren Theil aber, der vor dem Vorwurfe ſelbſt- ſüchtiger Herrſchſucht verſtummte, ermuthigt haben Alles aufzubieten, damit die Kräfte, die das Werk geſtiftet, auch zur Erhaltung desſelben verwendet würden! Denn alle Leidenſchaften und Verſtocktheiten, unterſtützt von dem dieſer Nation einwohnenden Gefallen an theatraliſcher Tu- gend, wirkten zu dieſem Beſchluſſe albernſter Selbſtver- läugnung zuſammen. Eben ſo verfehlt war, daß nach jenem Decret, welches die königliche Macht noch nach des Kö- nigs Rückkehr von ſeiner mislungenen Flucht ſuſpendirt bleiben ließ, während einige Mitglieder unwillig austra- ten, ein anderer Theil der Verſammlung, ungefähr 300, eine Erklärung unterzeichneten, daß allein die Hoffnung, für die perſönlichen Intereſſen des Königs und der königlichen Familie noch wirken zu können, ſie bei Männern zurück- halte, welche über den Trümmern der Monarchie die Mis- geſtalt einer Republik errichten wollten: die Unterzeichne- ten würden daher an Berathungen, welche jene Intereſſen

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/399>, abgerufen am 14.05.2024.