Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

Juli 6.verbissenes übellauniges Schweigen, erklärte öffentlich im
Moniteur, er gebe der Monarchie den Vorzug vor der re-
publikanischen Verfassung, wiewohl er in einer Civilliste
von 30 Millionen Gefahr für die Freiheit sehe. "Nicht
um alten Gewohnheiten zu schmeicheln, auch nicht aus
einem abergläubischen Hange für den Royalismus ziehe
ich die Monarchie vor. Ich ziehe sie vor, weil ich für er-
wiesen halte daß es in der Monarchie mehr Freiheit für
den Bürger giebt als in der Republik. Jeden andern Be-
weggrund würde ich für kindisch halten. Die beste Regie-
rungsform ist nach meinen Begriffen diejenige, in welcher
nicht Einer bloß, auch nicht Einige, sondern Alle die
größte Breite der möglichen Freiheit genießen. Wenn ich
diesen Charakter in der Monarchie entdecke, so ist es klar
daß ich sie den andern Regierungsformen vorziehe. Das
ist das ganze Geheimniß meiner Principien und mein auf-
richtiges Glaubensbekenntniß. Vielleicht gewinne ich bald
Zeit diese Frage zu entwickeln und einen ehrlichen Kampf
mit den Republikanern zu bestehen. Ich will ihnen keine
Gottlosigkeit, keinen Frevel Schuld geben, sie nicht be-
leidigen. Mehrere unter ihnen kenne ich, die ich von gan-
zem Herzen ehre und liebe. Allein Gründe sollen sie ha-
ben, und ich hoffe ihnen zu beweisen, nicht daß die Mon-
archie unter diesen und jenen Verhältnissen vorzuziehen
ist, sondern daß man unter jeder Voraussetzung mit ihr
freier ist als in der Republik." Als nun aber der berühmte
Thomas Payne, nordamerikanischen Andenkens, den

Juli 6.verbiſſenes übellauniges Schweigen, erklärte öffentlich im
Moniteur, er gebe der Monarchie den Vorzug vor der re-
publikaniſchen Verfaſſung, wiewohl er in einer Civilliſte
von 30 Millionen Gefahr für die Freiheit ſehe. „Nicht
um alten Gewohnheiten zu ſchmeicheln, auch nicht aus
einem abergläubiſchen Hange für den Royalismus ziehe
ich die Monarchie vor. Ich ziehe ſie vor, weil ich für er-
wieſen halte daß es in der Monarchie mehr Freiheit für
den Bürger giebt als in der Republik. Jeden andern Be-
weggrund würde ich für kindiſch halten. Die beſte Regie-
rungsform iſt nach meinen Begriffen diejenige, in welcher
nicht Einer bloß, auch nicht Einige, ſondern Alle die
größte Breite der möglichen Freiheit genießen. Wenn ich
dieſen Charakter in der Monarchie entdecke, ſo iſt es klar
daß ich ſie den andern Regierungsformen vorziehe. Das
iſt das ganze Geheimniß meiner Principien und mein auf-
richtiges Glaubensbekenntniß. Vielleicht gewinne ich bald
Zeit dieſe Frage zu entwickeln und einen ehrlichen Kampf
mit den Republikanern zu beſtehen. Ich will ihnen keine
Gottloſigkeit, keinen Frevel Schuld geben, ſie nicht be-
leidigen. Mehrere unter ihnen kenne ich, die ich von gan-
zem Herzen ehre und liebe. Allein Gründe ſollen ſie ha-
ben, und ich hoffe ihnen zu beweiſen, nicht daß die Mon-
archie unter dieſen und jenen Verhältniſſen vorzuziehen
iſt, ſondern daß man unter jeder Vorausſetzung mit ihr
freier iſt als in der Republik.“ Als nun aber der berühmte
Thomas Payne, nordamerikaniſchen Andenkens, den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0394" n="384"/><note place="left">Juli 6.</note>verbi&#x017F;&#x017F;enes übellauniges Schweigen, erklärte öffentlich im<lb/>
Moniteur, er gebe der Monarchie den Vorzug vor der re-<lb/>
publikani&#x017F;chen Verfa&#x017F;&#x017F;ung, wiewohl er in einer Civilli&#x017F;te<lb/>
von 30 Millionen Gefahr für die Freiheit &#x017F;ehe. &#x201E;Nicht<lb/>
um alten Gewohnheiten zu &#x017F;chmeicheln, auch nicht aus<lb/>
einem abergläubi&#x017F;chen Hange für den Royalismus ziehe<lb/>
ich die Monarchie vor. Ich ziehe &#x017F;ie vor, weil ich für er-<lb/>
wie&#x017F;en halte daß es in der Monarchie mehr Freiheit für<lb/>
den Bürger giebt als in der Republik. Jeden andern Be-<lb/>
weggrund würde ich für kindi&#x017F;ch halten. Die be&#x017F;te Regie-<lb/>
rungsform i&#x017F;t nach meinen Begriffen diejenige, in welcher<lb/>
nicht Einer bloß, auch nicht Einige, &#x017F;ondern Alle die<lb/>
größte Breite der möglichen Freiheit genießen. Wenn ich<lb/>
die&#x017F;en Charakter in der Monarchie entdecke, &#x017F;o i&#x017F;t es klar<lb/>
daß ich &#x017F;ie den andern Regierungsformen vorziehe. Das<lb/>
i&#x017F;t das ganze Geheimniß meiner Principien und mein auf-<lb/>
richtiges Glaubensbekenntniß. Vielleicht gewinne ich bald<lb/>
Zeit die&#x017F;e Frage zu entwickeln und einen ehrlichen Kampf<lb/>
mit den Republikanern zu be&#x017F;tehen. Ich will ihnen keine<lb/>
Gottlo&#x017F;igkeit, keinen Frevel Schuld geben, &#x017F;ie nicht be-<lb/>
leidigen. Mehrere unter ihnen kenne ich, die ich von gan-<lb/>
zem Herzen ehre und liebe. Allein Gründe &#x017F;ollen &#x017F;ie ha-<lb/>
ben, und ich hoffe ihnen zu bewei&#x017F;en, nicht daß die Mon-<lb/>
archie unter die&#x017F;en und jenen Verhältni&#x017F;&#x017F;en vorzuziehen<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;ondern daß man unter jeder Voraus&#x017F;etzung mit ihr<lb/>
freier i&#x017F;t als in der Republik.&#x201C; Als nun aber der berühmte<lb/>
Thomas Payne, nordamerikani&#x017F;chen Andenkens, den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[384/0394] verbiſſenes übellauniges Schweigen, erklärte öffentlich im Moniteur, er gebe der Monarchie den Vorzug vor der re- publikaniſchen Verfaſſung, wiewohl er in einer Civilliſte von 30 Millionen Gefahr für die Freiheit ſehe. „Nicht um alten Gewohnheiten zu ſchmeicheln, auch nicht aus einem abergläubiſchen Hange für den Royalismus ziehe ich die Monarchie vor. Ich ziehe ſie vor, weil ich für er- wieſen halte daß es in der Monarchie mehr Freiheit für den Bürger giebt als in der Republik. Jeden andern Be- weggrund würde ich für kindiſch halten. Die beſte Regie- rungsform iſt nach meinen Begriffen diejenige, in welcher nicht Einer bloß, auch nicht Einige, ſondern Alle die größte Breite der möglichen Freiheit genießen. Wenn ich dieſen Charakter in der Monarchie entdecke, ſo iſt es klar daß ich ſie den andern Regierungsformen vorziehe. Das iſt das ganze Geheimniß meiner Principien und mein auf- richtiges Glaubensbekenntniß. Vielleicht gewinne ich bald Zeit dieſe Frage zu entwickeln und einen ehrlichen Kampf mit den Republikanern zu beſtehen. Ich will ihnen keine Gottloſigkeit, keinen Frevel Schuld geben, ſie nicht be- leidigen. Mehrere unter ihnen kenne ich, die ich von gan- zem Herzen ehre und liebe. Allein Gründe ſollen ſie ha- ben, und ich hoffe ihnen zu beweiſen, nicht daß die Mon- archie unter dieſen und jenen Verhältniſſen vorzuziehen iſt, ſondern daß man unter jeder Vorausſetzung mit ihr freier iſt als in der Republik.“ Als nun aber der berühmte Thomas Payne, nordamerikaniſchen Andenkens, den Juli 6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/394
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/394>, abgerufen am 22.12.2024.