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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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daß wir Ihnen endlich glauben könnten! Aber könnten
wir das, ohne uns selbst für Dummköpfe zu geben, ohne
auf unsere Freiheit, unsere Ruhe, unser Glück zu verzich-
ten, ohne unsere Freunde, Eltern, Brüder, Kinder, Wei-
ber, ohne uns selbst zu opfern? Sire, Sie sind der Freund
unserer Freiheit, wie Ihre Gattin die Freundin der Fran-
zosen ist. Selbst der Ton, in welchem Sie sich darüber
ausdrücken, muß Argwohn erwecken. Denn wie wäre es
wohl der Würde eines Königs, dem nicht Verstellung zur
Gewohnheit geworden ist, irgend angemessen uns zu sa-
gen: "ich will offen und freimüthig mit Euch reden!"
Die Wahrheit, die Sie uns schuldig sind und uns verber-
gen, wollen wir Ihnen sagen; haben Sie den Muth zu-
zuhören und lernen Sie davon.

"Ihre gegenwärtigen Minister sind Spitzbuben, treu-
lose Verräther, wie ihre Vorgänger, auf deren Irrwegen
sie fortgehen. Ein abscheuliches Complott ward seit eini-
ger Zeit in Ihrem Cabinet gesponnen, man wollte die pa-
triotischen Bürger ermorden und mit bewaffneter Hand
Ihren Despotismus herstellen. Die bestochene Mehrzahl
der Nationalversammlung, die Häupter des Heeres und
der pariser Municipalität, alle Befehlshaber der Linien-
truppen, Ihre Agenten und Trabanten rings im ganzen
Königreiche legten Hand an für den günstigen Erfolg. Ihr
Schwager der Österreicher und Ihre Mitbrüder, die Kö-
nige von Spanien Neapel und Sardinien, zogen Truppen
zu Ihrer Unterstützung zusammen. Die entflohenen Capets

Französische Revolution. 24

daß wir Ihnen endlich glauben könnten! Aber könnten
wir das, ohne uns ſelbſt für Dummköpfe zu geben, ohne
auf unſere Freiheit, unſere Ruhe, unſer Glück zu verzich-
ten, ohne unſere Freunde, Eltern, Brüder, Kinder, Wei-
ber, ohne uns ſelbſt zu opfern? Sire, Sie ſind der Freund
unſerer Freiheit, wie Ihre Gattin die Freundin der Fran-
zoſen iſt. Selbſt der Ton, in welchem Sie ſich darüber
ausdrücken, muß Argwohn erwecken. Denn wie wäre es
wohl der Würde eines Königs, dem nicht Verſtellung zur
Gewohnheit geworden iſt, irgend angemeſſen uns zu ſa-
gen: „ich will offen und freimüthig mit Euch reden!“
Die Wahrheit, die Sie uns ſchuldig ſind und uns verber-
gen, wollen wir Ihnen ſagen; haben Sie den Muth zu-
zuhören und lernen Sie davon.

„Ihre gegenwärtigen Miniſter ſind Spitzbuben, treu-
loſe Verräther, wie ihre Vorgänger, auf deren Irrwegen
ſie fortgehen. Ein abſcheuliches Complott ward ſeit eini-
ger Zeit in Ihrem Cabinet geſponnen, man wollte die pa-
triotiſchen Bürger ermorden und mit bewaffneter Hand
Ihren Despotismus herſtellen. Die beſtochene Mehrzahl
der Nationalverſammlung, die Häupter des Heeres und
der pariſer Municipalität, alle Befehlshaber der Linien-
truppen, Ihre Agenten und Trabanten rings im ganzen
Königreiche legten Hand an für den günſtigen Erfolg. Ihr
Schwager der Öſterreicher und Ihre Mitbrüder, die Kö-
nige von Spanien Neapel und Sardinien, zogen Truppen
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[369/0379] daß wir Ihnen endlich glauben könnten! Aber könnten wir das, ohne uns ſelbſt für Dummköpfe zu geben, ohne auf unſere Freiheit, unſere Ruhe, unſer Glück zu verzich- ten, ohne unſere Freunde, Eltern, Brüder, Kinder, Wei- ber, ohne uns ſelbſt zu opfern? Sire, Sie ſind der Freund unſerer Freiheit, wie Ihre Gattin die Freundin der Fran- zoſen iſt. Selbſt der Ton, in welchem Sie ſich darüber ausdrücken, muß Argwohn erwecken. Denn wie wäre es wohl der Würde eines Königs, dem nicht Verſtellung zur Gewohnheit geworden iſt, irgend angemeſſen uns zu ſa- gen: „ich will offen und freimüthig mit Euch reden!“ Die Wahrheit, die Sie uns ſchuldig ſind und uns verber- gen, wollen wir Ihnen ſagen; haben Sie den Muth zu- zuhören und lernen Sie davon. „Ihre gegenwärtigen Miniſter ſind Spitzbuben, treu- loſe Verräther, wie ihre Vorgänger, auf deren Irrwegen ſie fortgehen. Ein abſcheuliches Complott ward ſeit eini- ger Zeit in Ihrem Cabinet geſponnen, man wollte die pa- triotiſchen Bürger ermorden und mit bewaffneter Hand Ihren Despotismus herſtellen. Die beſtochene Mehrzahl der Nationalverſammlung, die Häupter des Heeres und der pariſer Municipalität, alle Befehlshaber der Linien- truppen, Ihre Agenten und Trabanten rings im ganzen Königreiche legten Hand an für den günſtigen Erfolg. Ihr Schwager der Öſterreicher und Ihre Mitbrüder, die Kö- nige von Spanien Neapel und Sardinien, zogen Truppen zu Ihrer Unterſtützung zuſammen. Die entflohenen Capets Franzöſiſche Revolution. 24

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/379>, abgerufen am 14.05.2024.