Hofes leihend, eine neue Verschwörung gegen sein frei gewordenes Volk anspinnt? eines Königs, der sein Flehn um Verzeihung vergessend, sobald er sich wieder mächtig glaubt, wieder im Tone des Herrn zu reden wagte, An- stalt zur Niedermetzelung der Unzufriedenen machte, auf den Fall aber daß das Glück ihm nicht günstig wäre, zum Entrinnen? eines Königs, welcher genöthigt zum zweiten Mal um Gnade zu bitten kaum seine Verzeihung erlangt hatte, als er auch wieder Ränke spann? eines Königs, der für die unzähligen Anklagen gegen seine tausendfach verrätherischen und pflichtvergessenen Minister stets sein Ohr verschloß? eines Königs, der statt sie mit Schmach bedeckt fortzujagen, sie unter das Obdach seines Schutzes stellte, gleich als ob er selbst der Urheber aller ihrer schreck- lichen Complotte wäre, und der zu ihrer Entlassung erst dann seine Einwilligung gab als das Volk mit Geschrei ihre schuldigen Köpfe forderte?
"Sehen Sie da das treue Gemälde Ihres Verhaltens seit achtzehn Monaten. Seyn Sie also Ihr eigener Rich- ter und sagen Sie uns, wenn Sie den Muth haben, ob ein solcher König einen anderen Namen als den eines dummen Automaten oder eines treulosen Betrügers ver- dient! Und Sie reden uns von Ihrer Anhänglichkeit an die Constitution, und Sie erinnern uns an Ihren Eid treu dem Vaterlande zu seyn, und Sie reden uns von dem Bürgersinne Ihrer Frau, und Sie begehren von uns, wir sollen Ihrem Worte vertrauen? Ja wollte der Himmel
Hofes leihend, eine neue Verſchwörung gegen ſein frei gewordenes Volk anſpinnt? eines Königs, der ſein Flehn um Verzeihung vergeſſend, ſobald er ſich wieder mächtig glaubt, wieder im Tone des Herrn zu reden wagte, An- ſtalt zur Niedermetzelung der Unzufriedenen machte, auf den Fall aber daß das Glück ihm nicht günſtig wäre, zum Entrinnen? eines Königs, welcher genöthigt zum zweiten Mal um Gnade zu bitten kaum ſeine Verzeihung erlangt hatte, als er auch wieder Ränke ſpann? eines Königs, der für die unzähligen Anklagen gegen ſeine tauſendfach verrätheriſchen und pflichtvergeſſenen Miniſter ſtets ſein Ohr verſchloß? eines Königs, der ſtatt ſie mit Schmach bedeckt fortzujagen, ſie unter das Obdach ſeines Schutzes ſtellte, gleich als ob er ſelbſt der Urheber aller ihrer ſchreck- lichen Complotte wäre, und der zu ihrer Entlaſſung erſt dann ſeine Einwilligung gab als das Volk mit Geſchrei ihre ſchuldigen Köpfe forderte?
„Sehen Sie da das treue Gemälde Ihres Verhaltens ſeit achtzehn Monaten. Seyn Sie alſo Ihr eigener Rich- ter und ſagen Sie uns, wenn Sie den Muth haben, ob ein ſolcher König einen anderen Namen als den eines dummen Automaten oder eines treuloſen Betrügers ver- dient! Und Sie reden uns von Ihrer Anhänglichkeit an die Conſtitution, und Sie erinnern uns an Ihren Eid treu dem Vaterlande zu ſeyn, und Sie reden uns von dem Bürgerſinne Ihrer Frau, und Sie begehren von uns, wir ſollen Ihrem Worte vertrauen? Ja wollte der Himmel
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0378"n="368"/>
Hofes leihend, eine neue Verſchwörung gegen ſein frei<lb/>
gewordenes Volk anſpinnt? eines Königs, der ſein Flehn<lb/>
um Verzeihung vergeſſend, ſobald er ſich wieder mächtig<lb/>
glaubt, wieder im Tone des Herrn zu reden wagte, An-<lb/>ſtalt zur Niedermetzelung der Unzufriedenen machte, auf<lb/>
den Fall aber daß das Glück ihm nicht günſtig wäre, zum<lb/>
Entrinnen? eines Königs, welcher genöthigt zum zweiten<lb/>
Mal um Gnade zu bitten kaum ſeine Verzeihung erlangt<lb/>
hatte, als er auch wieder Ränke ſpann? eines Königs,<lb/>
der für die unzähligen Anklagen gegen ſeine tauſendfach<lb/>
verrätheriſchen und pflichtvergeſſenen Miniſter ſtets ſein<lb/>
Ohr verſchloß? eines Königs, der ſtatt ſie mit Schmach<lb/>
bedeckt fortzujagen, ſie unter das Obdach ſeines Schutzes<lb/>ſtellte, gleich als ob er ſelbſt der Urheber aller ihrer ſchreck-<lb/>
lichen Complotte wäre, und der zu ihrer Entlaſſung erſt<lb/>
dann ſeine Einwilligung gab als das Volk mit Geſchrei<lb/>
ihre ſchuldigen Köpfe forderte?</p><lb/><p>„Sehen Sie da das treue Gemälde Ihres Verhaltens<lb/>ſeit achtzehn Monaten. Seyn Sie alſo Ihr eigener Rich-<lb/>
ter und ſagen Sie uns, wenn Sie den Muth haben, ob<lb/>
ein ſolcher König einen anderen Namen als den eines<lb/>
dummen Automaten oder eines treuloſen Betrügers ver-<lb/>
dient! Und Sie reden uns von Ihrer Anhänglichkeit an<lb/>
die Conſtitution, und Sie erinnern uns an Ihren Eid<lb/>
treu dem Vaterlande zu ſeyn, und Sie reden uns von dem<lb/>
Bürgerſinne Ihrer Frau, und Sie begehren von uns, wir<lb/>ſollen Ihrem Worte vertrauen? Ja wollte der Himmel<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[368/0378]
Hofes leihend, eine neue Verſchwörung gegen ſein frei
gewordenes Volk anſpinnt? eines Königs, der ſein Flehn
um Verzeihung vergeſſend, ſobald er ſich wieder mächtig
glaubt, wieder im Tone des Herrn zu reden wagte, An-
ſtalt zur Niedermetzelung der Unzufriedenen machte, auf
den Fall aber daß das Glück ihm nicht günſtig wäre, zum
Entrinnen? eines Königs, welcher genöthigt zum zweiten
Mal um Gnade zu bitten kaum ſeine Verzeihung erlangt
hatte, als er auch wieder Ränke ſpann? eines Königs,
der für die unzähligen Anklagen gegen ſeine tauſendfach
verrätheriſchen und pflichtvergeſſenen Miniſter ſtets ſein
Ohr verſchloß? eines Königs, der ſtatt ſie mit Schmach
bedeckt fortzujagen, ſie unter das Obdach ſeines Schutzes
ſtellte, gleich als ob er ſelbſt der Urheber aller ihrer ſchreck-
lichen Complotte wäre, und der zu ihrer Entlaſſung erſt
dann ſeine Einwilligung gab als das Volk mit Geſchrei
ihre ſchuldigen Köpfe forderte?
„Sehen Sie da das treue Gemälde Ihres Verhaltens
ſeit achtzehn Monaten. Seyn Sie alſo Ihr eigener Rich-
ter und ſagen Sie uns, wenn Sie den Muth haben, ob
ein ſolcher König einen anderen Namen als den eines
dummen Automaten oder eines treuloſen Betrügers ver-
dient! Und Sie reden uns von Ihrer Anhänglichkeit an
die Conſtitution, und Sie erinnern uns an Ihren Eid
treu dem Vaterlande zu ſeyn, und Sie reden uns von dem
Bürgerſinne Ihrer Frau, und Sie begehren von uns, wir
ſollen Ihrem Worte vertrauen? Ja wollte der Himmel
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/378>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.