An diese freundliche Finanzaussicht schloß sich ein Drit- tes an, gleichfalls noch vor dem Jahresschlusse vollbracht. Letzter Zeit ging überhaupt wenig an Steuern ein, am wenigsten von jener außerordentlichen Steuer, dem Triumphe der Beredsamkeit Mirabeau's, viele Barschaf- ten wanderten mit den Auswanderern aus, andere ver- bargen sich. Als Necker, schwer niedergedrückt von der Lage der Dinge, seine Vorschläge machte, abermals Hülfe bei der Discontocasse suchend, verwarf die Nationalver- sammlung diese, setzte eine Anleihe von 80 MillionenDec. 17. und den Verkauf von Kirchengütern und Domänen bis zum Belaufe von 400 Millionen an die Stelle. Zu gleicher Zeit sollen für 400 Millionen Scheine, Assignaten ge- nannt, ausgegeben werden, denen sich ein guter Curs versprechen läßt, weil der Staat sich bereit erklärt, sie nicht allein mit 5 Procent zu verzinsen, sondern auch gleich wieder bei jenen Verkäufen an Zahlungsstatt anzuneh- men. Keine Assignate unter 1000 Livres; so können sie nicht in den kleinen Verkehr übergehen. Niemand ist ver- pflichtet sie anzunehmen, auch sollen sie schon 1795 ver- nichtet werden. Als nun die Stadt Paris mit gutem Bei- spiele voranging, sich bereit erklärte für 200 Millionen Nationalgüter zu kaufen, um diese dann vereinzelt wieder1790 März. loszuschlagen, so folgten andere Municipalitäten nach und die Maßregel hatte Fortgang. Weil aber der Quell des Übels blieb, die Steuereinnahmen versiegten, mußte man dennoch bald zum gezwungenen Curs seine Zuflucht neh-
An dieſe freundliche Finanzausſicht ſchloß ſich ein Drit- tes an, gleichfalls noch vor dem Jahresſchluſſe vollbracht. Letzter Zeit ging überhaupt wenig an Steuern ein, am wenigſten von jener außerordentlichen Steuer, dem Triumphe der Beredſamkeit Mirabeau’s, viele Barſchaf- ten wanderten mit den Auswanderern aus, andere ver- bargen ſich. Als Necker, ſchwer niedergedrückt von der Lage der Dinge, ſeine Vorſchläge machte, abermals Hülfe bei der Discontocaſſe ſuchend, verwarf die Nationalver- ſammlung dieſe, ſetzte eine Anleihe von 80 MillionenDec. 17. und den Verkauf von Kirchengütern und Domänen bis zum Belaufe von 400 Millionen an die Stelle. Zu gleicher Zeit ſollen für 400 Millionen Scheine, Aſſignaten ge- nannt, ausgegeben werden, denen ſich ein guter Curs verſprechen läßt, weil der Staat ſich bereit erklärt, ſie nicht allein mit 5 Procent zu verzinſen, ſondern auch gleich wieder bei jenen Verkäufen an Zahlungsſtatt anzuneh- men. Keine Aſſignate unter 1000 Livres; ſo können ſie nicht in den kleinen Verkehr übergehen. Niemand iſt ver- pflichtet ſie anzunehmen, auch ſollen ſie ſchon 1795 ver- nichtet werden. Als nun die Stadt Paris mit gutem Bei- ſpiele voranging, ſich bereit erklärte für 200 Millionen Nationalgüter zu kaufen, um dieſe dann vereinzelt wieder1790 März. loszuſchlagen, ſo folgten andere Municipalitäten nach und die Maßregel hatte Fortgang. Weil aber der Quell des Übels blieb, die Steuereinnahmen verſiegten, mußte man dennoch bald zum gezwungenen Curs ſeine Zuflucht neh-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0307"n="297"/><p>An dieſe freundliche Finanzausſicht ſchloß ſich ein Drit-<lb/>
tes an, gleichfalls noch vor dem Jahresſchluſſe vollbracht.<lb/>
Letzter Zeit ging überhaupt wenig an Steuern ein, am<lb/>
wenigſten von jener außerordentlichen Steuer, dem<lb/>
Triumphe der Beredſamkeit Mirabeau’s, viele Barſchaf-<lb/>
ten wanderten mit den Auswanderern aus, andere ver-<lb/>
bargen ſich. Als Necker, ſchwer niedergedrückt von der<lb/>
Lage der Dinge, ſeine Vorſchläge machte, abermals Hülfe<lb/>
bei der Discontocaſſe ſuchend, verwarf die Nationalver-<lb/>ſammlung dieſe, ſetzte eine Anleihe von 80 Millionen<noteplace="right">Dec. 17.</note><lb/>
und den Verkauf von Kirchengütern und Domänen bis zum<lb/>
Belaufe von 400 Millionen an die Stelle. Zu gleicher<lb/>
Zeit ſollen für 400 Millionen Scheine, Aſſignaten ge-<lb/>
nannt, ausgegeben werden, denen ſich ein guter Curs<lb/>
verſprechen läßt, weil der Staat ſich bereit erklärt, ſie<lb/>
nicht allein mit 5 Procent zu verzinſen, ſondern auch gleich<lb/>
wieder bei jenen Verkäufen an Zahlungsſtatt anzuneh-<lb/>
men. Keine Aſſignate unter 1000 Livres; ſo können ſie<lb/>
nicht in den kleinen Verkehr übergehen. Niemand iſt ver-<lb/>
pflichtet ſie anzunehmen, auch ſollen ſie ſchon 1795 ver-<lb/>
nichtet werden. Als nun die Stadt Paris mit gutem Bei-<lb/>ſpiele voranging, ſich bereit erklärte für 200 Millionen<lb/>
Nationalgüter zu kaufen, um dieſe dann vereinzelt wieder<noteplace="right">1790<lb/>
März.</note><lb/>
loszuſchlagen, ſo folgten andere Municipalitäten nach und<lb/>
die Maßregel hatte Fortgang. Weil aber der Quell des<lb/>
Übels blieb, die Steuereinnahmen verſiegten, mußte man<lb/>
dennoch bald zum gezwungenen Curs ſeine Zuflucht neh-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[297/0307]
An dieſe freundliche Finanzausſicht ſchloß ſich ein Drit-
tes an, gleichfalls noch vor dem Jahresſchluſſe vollbracht.
Letzter Zeit ging überhaupt wenig an Steuern ein, am
wenigſten von jener außerordentlichen Steuer, dem
Triumphe der Beredſamkeit Mirabeau’s, viele Barſchaf-
ten wanderten mit den Auswanderern aus, andere ver-
bargen ſich. Als Necker, ſchwer niedergedrückt von der
Lage der Dinge, ſeine Vorſchläge machte, abermals Hülfe
bei der Discontocaſſe ſuchend, verwarf die Nationalver-
ſammlung dieſe, ſetzte eine Anleihe von 80 Millionen
und den Verkauf von Kirchengütern und Domänen bis zum
Belaufe von 400 Millionen an die Stelle. Zu gleicher
Zeit ſollen für 400 Millionen Scheine, Aſſignaten ge-
nannt, ausgegeben werden, denen ſich ein guter Curs
verſprechen läßt, weil der Staat ſich bereit erklärt, ſie
nicht allein mit 5 Procent zu verzinſen, ſondern auch gleich
wieder bei jenen Verkäufen an Zahlungsſtatt anzuneh-
men. Keine Aſſignate unter 1000 Livres; ſo können ſie
nicht in den kleinen Verkehr übergehen. Niemand iſt ver-
pflichtet ſie anzunehmen, auch ſollen ſie ſchon 1795 ver-
nichtet werden. Als nun die Stadt Paris mit gutem Bei-
ſpiele voranging, ſich bereit erklärte für 200 Millionen
Nationalgüter zu kaufen, um dieſe dann vereinzelt wieder
loszuſchlagen, ſo folgten andere Municipalitäten nach und
die Maßregel hatte Fortgang. Weil aber der Quell des
Übels blieb, die Steuereinnahmen verſiegten, mußte man
dennoch bald zum gezwungenen Curs ſeine Zuflucht neh-
Dec. 17.
1790
März.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/307>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.