Zu den Reichsständen ließ sich nun Alles vorschriftsmäßig an. Die große Stadt Versailles füllte sich Anfang Mai mit Fremden, die allmählig angereisten Abgeordneten wurden mit den jedem Stande gebührenden Förmlichkeiten dem Mai 4.Könige vorgestellt, und schon zu der kirchlichen Feier in der Kirche des heiligen Ludwig strömten die Hauptstäd- ter herbei, die große ständische Procession zu sehen, die vom dritten Stande voran, Alle ganz schwarz nach Vor- schrift, mit einem schmalen seidenen Mäntelchen hinten herabhängend angethan, bis auf einen Bauer aus der Bretagne, der in der Landestracht einherging; dann der Adel mit reich galonirtem Mantel, mit Degen und Feder- hut wie zur Zeit Heinrichs des Vierten, in dessen Reihen man nur einen Prinzen vom Geblüt, den Herzog von Or- leans bemerkte, denn der Graf von Artois hatte auf die Wahl, welche ihn getroffen, auf königlichen Befehl verzichten müssen. Langsam folgte zuletzt der Klerus; aber die Prä- laten in farbigen Prachtgewanden und weißen Chorhemden
3. Der Geburtstag der Revolution.
Zu den Reichsſtänden ließ ſich nun Alles vorſchriftsmäßig an. Die große Stadt Verſailles füllte ſich Anfang Mai mit Fremden, die allmählig angereiſten Abgeordneten wurden mit den jedem Stande gebührenden Förmlichkeiten dem Mai 4.Könige vorgeſtellt, und ſchon zu der kirchlichen Feier in der Kirche des heiligen Ludwig ſtrömten die Hauptſtäd- ter herbei, die große ſtändiſche Proceſſion zu ſehen, die vom dritten Stande voran, Alle ganz ſchwarz nach Vor- ſchrift, mit einem ſchmalen ſeidenen Mäntelchen hinten herabhängend angethan, bis auf einen Bauer aus der Bretagne, der in der Landestracht einherging; dann der Adel mit reich galonirtem Mantel, mit Degen und Feder- hut wie zur Zeit Heinrichs des Vierten, in deſſen Reihen man nur einen Prinzen vom Geblüt, den Herzog von Or- leans bemerkte, denn der Graf von Artois hatte auf die Wahl, welche ihn getroffen, auf königlichen Befehl verzichten müſſen. Langſam folgte zuletzt der Klerus; aber die Prä- laten in farbigen Prachtgewanden und weißen Chorhemden
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3. Der Geburtstag der Revolution.
Zu den Reichsſtänden ließ ſich nun Alles vorſchriftsmäßig
an. Die große Stadt Verſailles füllte ſich Anfang Mai mit
Fremden, die allmählig angereiſten Abgeordneten wurden
mit den jedem Stande gebührenden Förmlichkeiten dem
Könige vorgeſtellt, und ſchon zu der kirchlichen Feier in
der Kirche des heiligen Ludwig ſtrömten die Hauptſtäd-
ter herbei, die große ſtändiſche Proceſſion zu ſehen, die
vom dritten Stande voran, Alle ganz ſchwarz nach Vor-
ſchrift, mit einem ſchmalen ſeidenen Mäntelchen hinten
herabhängend angethan, bis auf einen Bauer aus der
Bretagne, der in der Landestracht einherging; dann der
Adel mit reich galonirtem Mantel, mit Degen und Feder-
hut wie zur Zeit Heinrichs des Vierten, in deſſen Reihen
man nur einen Prinzen vom Geblüt, den Herzog von Or-
leans bemerkte, denn der Graf von Artois hatte auf die
Wahl, welche ihn getroffen, auf königlichen Befehl verzichten
müſſen. Langſam folgte zuletzt der Klerus; aber die Prä-
laten in farbigen Prachtgewanden und weißen Chorhemden
Mai 4.
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. [190]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/200>, abgerufen am 23.11.2024.
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