der wachsenden Freigeisterei gegenüber ein politisches Glau- bensbekenntniß aufzustellen. Nachdem er also in her- kömmlicher Entwickelung der kurzen Rede des Königs ei- nige Ersparnisse aufgezählt, aber zugleich bemerkt hat daß diese aus mehreren Gründen ihre volle Wirksamkeit erst im Verlaufe der nächsten fünf Jahre würden entfalten kön- nen, verkündigt er den Willen des Monarchen die erbe- tenen Generalstaaten nach fünf Jahren zu berufen, nur daß diese nie etwas mehr als Rathgeber der Krone, als ein erweiterter Staatsrath bedeuten könnten; denn so ver- lange es die ihm von Gott verliehene Hoheit, deren Rechte ungeschmälert zu erhalten er der Nation, seinen Nach- folgern und sich selber schuldig. "Dem Könige allein ge- hört die souveräne Gewalt in seinem Königreiche, er ist in Hinsicht auf ihre Ausübung Gott allein verantwortlich. Kraft dieser souveränen Gewalt gehört ihm die Gesetzge- bung, unabhängig und ungetheilt." Gaben nun auch die Würdenträger und Mitglieder der großen Kammer und überhaupt die älteren Räthe ihre laute Beistimmung zu der Einzeichnung, und sah man schon wohin die Mehr- heit sich neige, so ließen sich doch andere Mitglieder nicht abhalten nur einen Theil der Anleihe zu genehmigen und die Bitte um eine frühere Einberufung der Reichsstände dringend auszusprechen. Auch mußte der Premierminister ziemlich deutlich vernehmen daß man ihm den Plan wohl zutraue mit der königlichen Verheißung der Reichsstände ein leeres Gaukelspiel zu treiben, und seinen Untergebenen
der wachſenden Freigeiſterei gegenüber ein politiſches Glau- bensbekenntniß aufzuſtellen. Nachdem er alſo in her- kömmlicher Entwickelung der kurzen Rede des Königs ei- nige Erſparniſſe aufgezählt, aber zugleich bemerkt hat daß dieſe aus mehreren Gründen ihre volle Wirkſamkeit erſt im Verlaufe der nächſten fünf Jahre würden entfalten kön- nen, verkündigt er den Willen des Monarchen die erbe- tenen Generalſtaaten nach fünf Jahren zu berufen, nur daß dieſe nie etwas mehr als Rathgeber der Krone, als ein erweiterter Staatsrath bedeuten könnten; denn ſo ver- lange es die ihm von Gott verliehene Hoheit, deren Rechte ungeſchmälert zu erhalten er der Nation, ſeinen Nach- folgern und ſich ſelber ſchuldig. „Dem Könige allein ge- hört die ſouveräne Gewalt in ſeinem Königreiche, er iſt in Hinſicht auf ihre Ausübung Gott allein verantwortlich. Kraft dieſer ſouveränen Gewalt gehört ihm die Geſetzge- bung, unabhängig und ungetheilt.“ Gaben nun auch die Würdenträger und Mitglieder der großen Kammer und überhaupt die älteren Räthe ihre laute Beiſtimmung zu der Einzeichnung, und ſah man ſchon wohin die Mehr- heit ſich neige, ſo ließen ſich doch andere Mitglieder nicht abhalten nur einen Theil der Anleihe zu genehmigen und die Bitte um eine frühere Einberufung der Reichsſtände dringend auszuſprechen. Auch mußte der Premierminiſter ziemlich deutlich vernehmen daß man ihm den Plan wohl zutraue mit der königlichen Verheißung der Reichsſtände ein leeres Gaukelſpiel zu treiben, und ſeinen Untergebenen
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der wachſenden Freigeiſterei gegenüber ein politiſches Glau-
bensbekenntniß aufzuſtellen. Nachdem er alſo in her-
kömmlicher Entwickelung der kurzen Rede des Königs ei-
nige Erſparniſſe aufgezählt, aber zugleich bemerkt hat daß
dieſe aus mehreren Gründen ihre volle Wirkſamkeit erſt
im Verlaufe der nächſten fünf Jahre würden entfalten kön-
nen, verkündigt er den Willen des Monarchen die erbe-
tenen Generalſtaaten nach fünf Jahren zu berufen, nur
daß dieſe nie etwas mehr als Rathgeber der Krone, als
ein erweiterter Staatsrath bedeuten könnten; denn ſo ver-
lange es die ihm von Gott verliehene Hoheit, deren Rechte
ungeſchmälert zu erhalten er der Nation, ſeinen Nach-
folgern und ſich ſelber ſchuldig. „Dem Könige allein ge-
hört die ſouveräne Gewalt in ſeinem Königreiche, er iſt
in Hinſicht auf ihre Ausübung Gott allein verantwortlich.
Kraft dieſer ſouveränen Gewalt gehört ihm die Geſetzge-
bung, unabhängig und ungetheilt.“ Gaben nun auch
die Würdenträger und Mitglieder der großen Kammer und
überhaupt die älteren Räthe ihre laute Beiſtimmung zu
der Einzeichnung, und ſah man ſchon wohin die Mehr-
heit ſich neige, ſo ließen ſich doch andere Mitglieder nicht
abhalten nur einen Theil der Anleihe zu genehmigen und
die Bitte um eine frühere Einberufung der Reichsſtände
dringend auszuſprechen. Auch mußte der Premierminiſter
ziemlich deutlich vernehmen daß man ihm den Plan wohl
zutraue mit der königlichen Verheißung der Reichsſtände
ein leeres Gaukelſpiel zu treiben, und ſeinen Untergebenen
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/133>, abgerufen am 23.11.2024.
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