gen, zweifelte er nicht, da er von der Wahrheit berichtet, und nun kä- me, ihn seiner Rache aufzuopfern. Er stund demnach ganz erschrocken auf, da er einen kalten Schweiß hat- te; und seine Furcht war um desto stärker, weil die Kammer keinen an- dern Ausgang hatte, und die Fenster mit Gittern vermacht waren. Es fehlte wenig, daß er nicht seinen Herrn zu Fusse fiel, indem er die Thür aufmachte, und ihn nicht um Verzeihung seiner Untreue bar. Da er ihn aber bey dem Monden-Schein so bleich und erschrocken sahe, daß er Mühe gehabt hätte, ihn zu erkennen, und an ihm kein Zeichen der Eifer- sucht gewahr wurde: so sammlete er die Kräfte seines Geistes, um zu wis- sen, was er ihm befehlen wollte. Ohngeachtet seiner Bemühung, sich zu zwingen, merkte Don Ferdi- nand seine Verwirrung, und frug ihn um die Ursache. Valerio sag- te ihm mit zitternder und undeutli- cher Stimme, daß der Zustand, in welchem er ihn fände, wie er voll
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gen, zweifelte er nicht, da er von der Wahrheit berichtet, und nun kaͤ- me, ihn ſeiner Rache aufzuopfern. Er ſtund demnach ganz erſchrocken auf, da er einen kalten Schweiß hat- te; und ſeine Furcht war um deſto ſtaͤrker, weil die Kammer keinen an- dern Ausgang hatte, und die Fenſter mit Gittern vermacht waren. Es fehlte wenig, daß er nicht ſeinen Herrn zu Fuſſe fiel, indem er die Thuͤr aufmachte, und ihn nicht um Verzeihung ſeiner Untreue bar. Da er ihn aber bey dem Monden-Schein ſo bleich und erſchrocken ſahe, daß er Muͤhe gehabt haͤtte, ihn zu erkennen, und an ihm kein Zeichen der Eifer- ſucht gewahr wurde: ſo ſammlete er die Kraͤfte ſeines Geiſtes, um zu wiſ- ſen, was er ihm befehlen wollte. Ohngeachtet ſeiner Bemuͤhung, ſich zu zwingen, merkte Don Ferdi- nand ſeine Verwirrung, und frug ihn um die Urſache. Valerio ſag- te ihm mit zitternder und undeutli- cher Stimme, daß der Zuſtand, in welchem er ihn faͤnde, wie er voll
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gen, zweifelte er nicht, da er von
der Wahrheit berichtet, und nun kaͤ-
me, ihn ſeiner Rache aufzuopfern.
Er ſtund demnach ganz erſchrocken
auf, da er einen kalten Schweiß hat-
te; und ſeine Furcht war um deſto
ſtaͤrker, weil die Kammer keinen an-
dern Ausgang hatte, und die Fenſter
mit Gittern vermacht waren. Es
fehlte wenig, daß er nicht ſeinen
Herrn zu Fuſſe fiel, indem er die
Thuͤr aufmachte, und ihn nicht um
Verzeihung ſeiner Untreue bar. Da
er ihn aber bey dem Monden-Schein
ſo bleich und erſchrocken ſahe, daß er
Muͤhe gehabt haͤtte, ihn zu erkennen,
und an ihm kein Zeichen der Eifer-
ſucht gewahr wurde: ſo ſammlete er
die Kraͤfte ſeines Geiſtes, um zu wiſ-
ſen, was er ihm befehlen wollte.
Ohngeachtet ſeiner Bemuͤhung, ſich
zu zwingen, merkte Don Ferdi-
nand ſeine Verwirrung, und frug
ihn um die Urſache. Valerio ſag-
te ihm mit zitternder und undeutli-
cher Stimme, daß der Zuſtand, in
welchem er ihn faͤnde, wie er voll
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Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/37>, abgerufen am 16.02.2025.
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