Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.NACHWORT. Indem ich hier diese Betrachtungen abbreche, drängt es Mich leitete theils ein persönliches, theils ein rein sach- Weit überwiegend aber war für mich der sachliche Ge- NACHWORT. Indem ich hier diese Betrachtungen abbreche, drängt es Mich leitete theils ein persönliches, theils ein rein sach- Weit überwiegend aber war für mich der sachliche Ge- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0162" n="[154]"/> <div n="1"> <head>NACHWORT.</head><lb/> <space dim="vertical"/> <p>Indem ich hier diese Betrachtungen abbreche, drängt es<lb/> mich, am Schlüsse derselben ein allgemeines Wort zu sagen.</p><lb/> <p>Mich leitete theils ein persönliches, theils ein rein sach-<lb/> liches Motiv. Das persönliche bestand darin, zu zeigen, dass<lb/> ich eine Reihe von Behauptungen weitgreifender Art nicht<lb/> etwa aus Laune oder aus trägem Beharren beim alten, son-<lb/> dern aus Gründen ablehne, die hier nun zu jedermanns Prü-<lb/> fung vorliegen. Ich habe dabei mit Freuden die Gelegenheit<lb/> benutzt, wo es mir möglich war, meine Zustimmung auszu-<lb/> sprechen oder Missverständnisse zu beseitigen.</p><lb/> <p>Weit überwiegend aber war für mich der sachliche Ge-<lb/> sichtspunkt. Eine so schwierige Wissenschaft, wie die unsrige,<lb/> bedarf einer gewissen Uebereinstimmung in den Kernfragen.<lb/> Zur Gewinnung dieser beizutragen, war ich vor allem bestrebt.<lb/> Die mannichfachen Anregungen und Förderungen, welche der<lb/> Wissenschaft aus den neuesten Arbeiten erwachsen sind, er-<lb/> kenne ich gern an. Aber dass in ihr jemals eine „Katastrophe“<lb/> eingetreten sei, dass man sich jetzt auf einem neuen verläss-<lb/> licheren Boden befinde, von welchem aus alles neu anzugreifen<lb/> sei, kann ich nicht zugeben. Dies zu behaupten, war meines<lb/> Erachtens ein Fehler. In einer verfehlten Nachahmung der<lb/> Naturwissenschaften hat man für die Sprachforschung aus-<lb/> schliesslich in den Lautverhältnissen eine feste Regel zu ge-<lb/> winnen und deren Ausnahmslosigkeit zu erhärten versucht.<lb/> So fest es steht, dass die Lautverhältnisse stets der natürliche<lb/> Ausgangspunkt für jede Einzelfrage sein müssen, so wenig<lb/><lb/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [[154]/0162]
NACHWORT.
Indem ich hier diese Betrachtungen abbreche, drängt es
mich, am Schlüsse derselben ein allgemeines Wort zu sagen.
Mich leitete theils ein persönliches, theils ein rein sach-
liches Motiv. Das persönliche bestand darin, zu zeigen, dass
ich eine Reihe von Behauptungen weitgreifender Art nicht
etwa aus Laune oder aus trägem Beharren beim alten, son-
dern aus Gründen ablehne, die hier nun zu jedermanns Prü-
fung vorliegen. Ich habe dabei mit Freuden die Gelegenheit
benutzt, wo es mir möglich war, meine Zustimmung auszu-
sprechen oder Missverständnisse zu beseitigen.
Weit überwiegend aber war für mich der sachliche Ge-
sichtspunkt. Eine so schwierige Wissenschaft, wie die unsrige,
bedarf einer gewissen Uebereinstimmung in den Kernfragen.
Zur Gewinnung dieser beizutragen, war ich vor allem bestrebt.
Die mannichfachen Anregungen und Förderungen, welche der
Wissenschaft aus den neuesten Arbeiten erwachsen sind, er-
kenne ich gern an. Aber dass in ihr jemals eine „Katastrophe“
eingetreten sei, dass man sich jetzt auf einem neuen verläss-
licheren Boden befinde, von welchem aus alles neu anzugreifen
sei, kann ich nicht zugeben. Dies zu behaupten, war meines
Erachtens ein Fehler. In einer verfehlten Nachahmung der
Naturwissenschaften hat man für die Sprachforschung aus-
schliesslich in den Lautverhältnissen eine feste Regel zu ge-
winnen und deren Ausnahmslosigkeit zu erhärten versucht.
So fest es steht, dass die Lautverhältnisse stets der natürliche
Ausgangspunkt für jede Einzelfrage sein müssen, so wenig
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