Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875.Rom und die Deutschen. Auf Niebuhr's Anregung traten nun deutsche Gelehrte in dieseArbeit ein; er selbst schrieb seinen Abriß der Stadtgeschichte Roms; sein Nachfolger im Amte, Bunsen, war der thätigste Förderer des deutschen Werks über die dortigen Alterthümer, und wie die älteste Quelle christlicher Zeit über Rom das Wan¬ derbuch eines nordischen Pilgers, des Anonymus vom Kloster Einsiedeln, ist, so ist auch der ganze Ausbau der Geschichte Roms im Alterthum und Mittelalter und die wissenschaftliche Behandlung seiner Denkmäler, so weit sie bis jetzt gelungen ist, in der Hauptsache eine Frucht deutscher Arbeit. Das Capitol, welches nach dem Theater des Marcellus Rom und die Deutſchen. Auf Niebuhr's Anregung traten nun deutſche Gelehrte in dieſeArbeit ein; er ſelbſt ſchrieb ſeinen Abriß der Stadtgeſchichte Roms; ſein Nachfolger im Amte, Bunſen, war der thätigſte Förderer des deutſchen Werks über die dortigen Alterthümer, und wie die älteſte Quelle chriſtlicher Zeit über Rom das Wan¬ derbuch eines nordiſchen Pilgers, des Anonymus vom Kloſter Einſiedeln, iſt, ſo iſt auch der ganze Ausbau der Geſchichte Roms im Alterthum und Mittelalter und die wiſſenſchaftliche Behandlung ſeiner Denkmäler, ſo weit ſie bis jetzt gelungen iſt, in der Hauptſache eine Frucht deutſcher Arbeit. Das Capitol, welches nach dem Theater des Marcellus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0071" n="55"/><fw place="top" type="header">Rom und die Deutſchen.<lb/></fw> Auf Niebuhr's Anregung traten nun deutſche Gelehrte in dieſe<lb/> Arbeit ein; er ſelbſt ſchrieb ſeinen Abriß der Stadtgeſchichte<lb/> Roms; ſein Nachfolger im Amte, Bunſen, war der thätigſte<lb/> Förderer des deutſchen Werks über die dortigen Alterthümer,<lb/> und wie die älteſte Quelle chriſtlicher Zeit über Rom das Wan¬<lb/> derbuch eines nordiſchen Pilgers, des Anonymus vom Kloſter<lb/> Einſiedeln, iſt, ſo iſt auch der ganze Ausbau der Geſchichte<lb/> Roms im Alterthum und Mittelalter und die wiſſenſchaftliche<lb/> Behandlung ſeiner Denkmäler, ſo weit ſie bis jetzt gelungen iſt,<lb/> in der Hauptſache eine Frucht deutſcher Arbeit.</p><lb/> <p>Das Capitol, welches nach dem Theater des Marcellus<lb/> der Sitz unſrer Geſandtſchaft geworden war, ſollte aber in<lb/> noch ganz andrer Weiſe eine Stätte deutſcher Wiſſenſchaft<lb/> werden. 1825 vereinigte ſich eine Anzahl junger Gelehrter<lb/> — darunter Gerhard, Stackelberg, Panofka — und bildete<lb/> unter dem Namen der »hyperboreiſchen Freunde« in Rom eine<lb/> fröhlich forſchende Genoſſenſchaft. Man erkannte die Noth¬<lb/> wendigkeit, für ein Studium, welches ſo ſehr wie die Denk¬<lb/> mälerkunde regſamen und weitverbreiteten Austauſch verlangt,<lb/> einen Mittelpunkt zu ſchaffen, von welchem aus alle Erweite¬<lb/> rungen archäologiſcher Kenntniß in Wort und Bild raſch zur<lb/> Kenntniß aller Mitforſcher und Alterthumsfreunde gelangen<lb/> könnten. So erwuchs das römiſche Inſtitut. Auf dem tar¬<lb/> peiſchen Felſen gründete nun die deutſche Wiſſenſchaft ihren<lb/> eigenen Herd, nicht in einem Palaſte, wie ihn Frankreich ſei¬<lb/> nen Kunſtjüngern in Rom einrichtete, ſondern in beſcheidenen<lb/> Räumen, von kleinen Anfängen beginnend. Aber von Jahr<lb/> zu Jahr iſt es unter dem Schutze der preußiſchen Krone kräf¬<lb/> tiger ausgewachſen und wirkſamer geworden, auf fremdem<lb/> Boden die Wiſſenſchaft in deutſchem Geiſte pflegend, In- und<lb/> Ausländer, ſo weit das Intereſſe für klaſſiſche Denkmälerkunde<lb/> reicht, zu gemeinſamer Thätigkeit vereinigend. Die jungen<lb/> Deutſchen eignen ſich hier alle Vortheile an, welche ſonſt den<lb/> gebornen Italiänern vorbehalten waren, und dieſe wiederum<lb/> werden durch deutſchen Geiſt gehoben. Die Engherzigkeit iſt<lb/> verſchwunden, mit welcher man ſich früher in Italien gegen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0071]
Rom und die Deutſchen.
Auf Niebuhr's Anregung traten nun deutſche Gelehrte in dieſe
Arbeit ein; er ſelbſt ſchrieb ſeinen Abriß der Stadtgeſchichte
Roms; ſein Nachfolger im Amte, Bunſen, war der thätigſte
Förderer des deutſchen Werks über die dortigen Alterthümer,
und wie die älteſte Quelle chriſtlicher Zeit über Rom das Wan¬
derbuch eines nordiſchen Pilgers, des Anonymus vom Kloſter
Einſiedeln, iſt, ſo iſt auch der ganze Ausbau der Geſchichte
Roms im Alterthum und Mittelalter und die wiſſenſchaftliche
Behandlung ſeiner Denkmäler, ſo weit ſie bis jetzt gelungen iſt,
in der Hauptſache eine Frucht deutſcher Arbeit.
Das Capitol, welches nach dem Theater des Marcellus
der Sitz unſrer Geſandtſchaft geworden war, ſollte aber in
noch ganz andrer Weiſe eine Stätte deutſcher Wiſſenſchaft
werden. 1825 vereinigte ſich eine Anzahl junger Gelehrter
— darunter Gerhard, Stackelberg, Panofka — und bildete
unter dem Namen der »hyperboreiſchen Freunde« in Rom eine
fröhlich forſchende Genoſſenſchaft. Man erkannte die Noth¬
wendigkeit, für ein Studium, welches ſo ſehr wie die Denk¬
mälerkunde regſamen und weitverbreiteten Austauſch verlangt,
einen Mittelpunkt zu ſchaffen, von welchem aus alle Erweite¬
rungen archäologiſcher Kenntniß in Wort und Bild raſch zur
Kenntniß aller Mitforſcher und Alterthumsfreunde gelangen
könnten. So erwuchs das römiſche Inſtitut. Auf dem tar¬
peiſchen Felſen gründete nun die deutſche Wiſſenſchaft ihren
eigenen Herd, nicht in einem Palaſte, wie ihn Frankreich ſei¬
nen Kunſtjüngern in Rom einrichtete, ſondern in beſcheidenen
Räumen, von kleinen Anfängen beginnend. Aber von Jahr
zu Jahr iſt es unter dem Schutze der preußiſchen Krone kräf¬
tiger ausgewachſen und wirkſamer geworden, auf fremdem
Boden die Wiſſenſchaft in deutſchem Geiſte pflegend, In- und
Ausländer, ſo weit das Intereſſe für klaſſiſche Denkmälerkunde
reicht, zu gemeinſamer Thätigkeit vereinigend. Die jungen
Deutſchen eignen ſich hier alle Vortheile an, welche ſonſt den
gebornen Italiänern vorbehalten waren, und dieſe wiederum
werden durch deutſchen Geiſt gehoben. Die Engherzigkeit iſt
verſchwunden, mit welcher man ſich früher in Italien gegen
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