Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875.Die Weihe des Siegs. sind. Und das ist ja die besondere Freude, welcher wir andiesem Siegesfeste so gerne Ausdruck geben, daß die Liebe zur Wahrheit, die der Genius dieses Hauses ist, sich als eine Quelle der Siegeskraft bewährt hat und daß das viel bespöttelte Denkervolk sich nicht umzuwandeln brauchte, sondern daß es mit seinem ganzen Idealismus, mit seinem in Natur und Geschichte sich versenkenden Forschersinne, mit seiner ganzen Gedankenwelt in den Krieg gezogen ist und nach dem Urtheile unsers Königs und Seiner Heerführer nicht trotzdem, sondern deswegen gesiegt hat. Auch ist unser Reich kein solches, welches auf Unterwerfung Was uns aber am meisten mit frohem Vertrauen erfüllt Oder können wir daran zweifeln, wenn wir der Führung Curtius, Alterthum. 23
Die Weihe des Siegs. ſind. Und das iſt ja die beſondere Freude, welcher wir andieſem Siegesfeſte ſo gerne Ausdruck geben, daß die Liebe zur Wahrheit, die der Genius dieſes Hauſes iſt, ſich als eine Quelle der Siegeskraft bewährt hat und daß das viel beſpöttelte Denkervolk ſich nicht umzuwandeln brauchte, ſondern daß es mit ſeinem ganzen Idealismus, mit ſeinem in Natur und Geſchichte ſich verſenkenden Forſcherſinne, mit ſeiner ganzen Gedankenwelt in den Krieg gezogen iſt und nach dem Urtheile unſers Königs und Seiner Heerführer nicht trotzdem, ſondern deswegen geſiegt hat. Auch iſt unſer Reich kein ſolches, welches auf Unterwerfung Was uns aber am meiſten mit frohem Vertrauen erfüllt Oder können wir daran zweifeln, wenn wir der Führung Curtius, Alterthum. 23
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Die Weihe des Siegs.
ſind. Und das iſt ja die beſondere Freude, welcher wir an
dieſem Siegesfeſte ſo gerne Ausdruck geben, daß die Liebe zur
Wahrheit, die der Genius dieſes Hauſes iſt, ſich als eine
Quelle der Siegeskraft bewährt hat und daß das viel beſpöttelte
Denkervolk ſich nicht umzuwandeln brauchte, ſondern daß es
mit ſeinem ganzen Idealismus, mit ſeinem in Natur und
Geſchichte ſich verſenkenden Forſcherſinne, mit ſeiner ganzen
Gedankenwelt in den Krieg gezogen iſt und nach dem Urtheile
unſers Königs und Seiner Heerführer nicht trotzdem, ſondern
deswegen geſiegt hat.
Auch iſt unſer Reich kein ſolches, welches auf Unterwerfung
ausgeht und deſſen Beſtand von der Erſchöpfung der umwoh¬
nenden Völker abhängt. Es iſt von Anfang ein Friedensreich
und ein Bollwerk der Freiheit. Den Alten ſchien die Erde
zu eng, um mehrere Herrſchaften gleichzeitig zu tragen. Den
Großen Alexander ſtellte man dar, wie er zum Zeus ſagte:
»Die Erde beſorge ich, behalte du deinen Himmel!« In
gleichem Sinne wollte Rom herrſchen, und überall wo römiſche
Traditionen fortleben, ſind immer von Neuem Weltherrſchafts¬
gedanken aufgetaucht. Die Deutſchen aber ſind die berufenen
Vertreter der Völkerfreiheit; ſie haben den heiligen Beruf,
dem Zwange jeder Weltherrſchaft entgegenzutreten, mag er
vom alten oder vom neuen Rom, von Römern oder Romanen
ausgehen, und je feſter wir daran halten, nur unſer Volk zu
einigen und unſere Volksgüter zu verwerthen, um ſo weniger
brauchen wir vor dem Wankelmuthe des Siegesglücks zu zittern.
Was uns aber am meiſten mit frohem Vertrauen erfüllt
und dem heutigen Feſttage ſeine beſondere Weihe giebt, iſt
das Bewußtſein, daß in den Ereigniſſen der Gegenwart nicht
der Zufall ſein unheimliches Spiel treibt, ſondern göttliche
Rathſchlüſſe ſich mit wunderbarer Klarheit vor unſern Augen
vollziehn.
Oder können wir daran zweifeln, wenn wir der Führung
der Hohenzollern nachdenken, wie ſie von der ſchwäbiſchen
Alp niederſteigen mußten, um in langer Arbeit die Stämme
des Nordens zu ſtaatlicher Macht zu erziehen, und nun als
Curtius, Alterthum. 23
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