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Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

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Die andere Predigt/
USUS.

Sehet/ meine Allerliebsten in dem Herrn/ wie die Men-
schen sich gegen GOtt zu bezeigen pflegen. Sie wollen zuvor ihre
Lusthäuser haben ehe sie dem Herrn ein Haus bawen/ und heisset
offt mit ihnen: Stultitiam patiuntur opes; das ist: Reiche Leu-
te wissen offt nicht was sie für Thorheit und Vbermuth
thun sollen/
ihr Geld muß offt zur Offenbarung ihrer Narrheit an-
gewendet werden. Man weiß auch wol/ wohin folgende Reime
zielen:

Wir bawen alle feste/
Vnd sind doch frembde Gäste/
Wo wir solten ewig seyn/
Da bawen wir gar selten ein.

Jst das nicht Schande/ ist das nicht Jammer und Elend/ daß solche
Eitelkeit muß den Vorzug haben/ und die Er[b]awung im Christen-
thumb entweder gar nachbleiben/ oder doch hindan gesetzt werden?
Anders unterrichtet uns der Prophet Haggai/ welcher/ dem h[e]im-
lichen Verstande nach/ so viel wil andeuten/ daß man der getäffel-
ten Häuser vergessen/ und mit seiner Andacht in die Höhe sich schwin-
gen soll.

Dis fasse wol/ O du gläubige Seele; Du vernimmest/ daß du
nicht solst an der Erde kleben/ sondern nach der Ewigkeit streben/
und mit geistlichen Gedancken umbgehen. Denn dis erfodert S.
Col. 3. v. 2.Paulus/ Coloss 3. v. 2. Trachtet nach dem das droben ist/ nicht
nach dem/ das auff Erden ist.
Was sind auch getäffelte
Häuser/ die leichte vom Fewer können verzehret/ oder sonst nieder-
gerissen/ und verwüstet werden? Was sind schöne Schlösser? Was
sind Königliche Palläste/ und Fürstliche Zimmer? Sind nicht in
diesen beharrlichen Kriegsleufften/ derselbigen viel geschleiffet/
und lüber einen Hauffen geworffen/ oder verderbet worden? Eine
lautere Vnbedachtsamkeit ist es/ daß auff solche Dinge die Men-
schen gaffen/ und sich in denenselbigen verlieben wollen. Zu dem

so
Die andere Predigt/
USUS.

Sehet/ meine Allerliebſten in dem Herrn/ wie die Men-
ſchen ſich gegen GOtt zu bezeigen pflegen. Sie wollen zuvor ihre
Luſthäuſer haben ehe ſie dem Herrn ein Haus bawen/ und heiſſet
offt mit ihnen: Stultitiam patiuntur opes; das iſt: Reiche Leu-
te wiſſen offt nicht was ſie fuͤr Thorheit und Vbermuth
thun ſollen/
ihr Geld muß offt zur Offenbarung ihrer Narrheit an-
gewendet werden. Man weiß auch wol/ wohin folgende Reime
zielen:

Wir bawen alle feſte/
Vnd ſind doch frembde Gaͤſte/
Wo wir ſolten ewig ſeyn/
Da bawen wir gar ſelten ein.

Jſt das nicht Schande/ iſt das nicht Jammer und Elend/ daß ſolche
Eitelkeit muß den Vorzug haben/ und die Er[b]awung im Chriſten-
thumb entweder gar nachbleiben/ oder doch hindan geſetzt werden?
Anders unterrichtet uns der Prophet Haggai/ welcher/ dem h[e]im-
lichen Verſtande nach/ ſo viel wil andeuten/ daß man der getaͤffel-
ten Haͤuſer vergeſſen/ und mit ſeiner Andacht in die Hoͤhe ſich ſchwin-
gen ſoll.

Dis faſſe wol/ O du gläubige Seele; Du vernimmeſt/ daß du
nicht ſolſt an der Erde kleben/ ſondern nach der Ewigkeit ſtreben/
und mit geiſtlichen Gedancken umbgehen. Denn dis erfodert S.
Col. 3. v. 2.Paulus/ Coloſſ 3. v. 2. Trachtet nach dem das droben iſt/ nicht
nach dem/ das auff Erden iſt.
Was ſind auch getaͤffelte
Haͤuſer/ die leichte vom Fewer koͤnnen verzehret/ oder ſonſt nieder-
geriſſen/ und verwuͤſtet werden? Was ſind ſchoͤne Schloͤſſer? Was
ſind Koͤnigliche Palläſte/ und Fuͤrſtliche Zimmer? Sind nicht in
dieſen beharrlichen Kriegsleufften/ derſelbigen viel geſchleiffet/
und luͤber einen Hauffen geworffen/ oder verderbet worden? Eine
lautere Vnbedachtſamkeit iſt es/ daß auff ſolche Dinge die Men-
ſchen gaffen/ und ſich in denenſelbigen verlieben wollen. Zu dem

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[42/0062] Die andere Predigt/ Sehet/ meine Allerliebſten in dem Herrn/ wie die Men- ſchen ſich gegen GOtt zu bezeigen pflegen. Sie wollen zuvor ihre Luſthäuſer haben ehe ſie dem Herrn ein Haus bawen/ und heiſſet offt mit ihnen: Stultitiam patiuntur opes; das iſt: Reiche Leu- te wiſſen offt nicht was ſie fuͤr Thorheit und Vbermuth thun ſollen/ ihr Geld muß offt zur Offenbarung ihrer Narrheit an- gewendet werden. Man weiß auch wol/ wohin folgende Reime zielen: Wir bawen alle feſte/ Vnd ſind doch frembde Gaͤſte/ Wo wir ſolten ewig ſeyn/ Da bawen wir gar ſelten ein. Jſt das nicht Schande/ iſt das nicht Jammer und Elend/ daß ſolche Eitelkeit muß den Vorzug haben/ und die Erbawung im Chriſten- thumb entweder gar nachbleiben/ oder doch hindan geſetzt werden? Anders unterrichtet uns der Prophet Haggai/ welcher/ dem heim- lichen Verſtande nach/ ſo viel wil andeuten/ daß man der getaͤffel- ten Haͤuſer vergeſſen/ und mit ſeiner Andacht in die Hoͤhe ſich ſchwin- gen ſoll. Dis faſſe wol/ O du gläubige Seele; Du vernimmeſt/ daß du nicht ſolſt an der Erde kleben/ ſondern nach der Ewigkeit ſtreben/ und mit geiſtlichen Gedancken umbgehen. Denn dis erfodert S. Paulus/ Coloſſ 3. v. 2. Trachtet nach dem das droben iſt/ nicht nach dem/ das auff Erden iſt. Was ſind auch getaͤffelte Haͤuſer/ die leichte vom Fewer koͤnnen verzehret/ oder ſonſt nieder- geriſſen/ und verwuͤſtet werden? Was ſind ſchoͤne Schloͤſſer? Was ſind Koͤnigliche Palläſte/ und Fuͤrſtliche Zimmer? Sind nicht in dieſen beharrlichen Kriegsleufften/ derſelbigen viel geſchleiffet/ und luͤber einen Hauffen geworffen/ oder verderbet worden? Eine lautere Vnbedachtſamkeit iſt es/ daß auff ſolche Dinge die Men- ſchen gaffen/ und ſich in denenſelbigen verlieben wollen. Zu dem ſo Col. 3. v. 2.

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Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/62>, abgerufen am 24.11.2024.