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Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

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Die andere Predigt/
dem Allmächtigen spielen. Gleichwol gehet es bey dem meisten
Hauffen anders nicht daher. Hat iemand eine gute Gelegenheit/ dar-
bey er etwas gutes hette stifften können/ aus den Händen gelassen/ und
wird ihm solches vorgehalten/ findet er bald diese Ausrede: Was
wolte ich machen? Es war in meinem Vermögen nicht/ so ists auch
Gottes Wille nicht gewesen. Hat mancher sein Ampt überschrit-
ten/ und der Sache zu viel gethan/ brauchet er bald diese Ausflucht:
Vielleicht ist die Stunde kommen/ darinnen Gott diesen Menschen
durch mich hat straffen wollen. O wie offt muß man sich auch heu-
tiges Tages an stat der Hülffe mit der gemeinen Antwort abweisen
lassen/ daß man sagt: Es ist itzo Krieg; Welches (leider) ohne dis
gar gnug bekant ist. Dahin gehöret/ daß manche sprecken: ratio
stataus
bringets anders nicht mit sich/ itziger Zustand erfodert dieses/
oder jenes/ es lesset sich nicht endern. Dis sind die undützen Aertz-
Job. 13. v. 4.
Cap. 16 v. 2.
Amos. 6. v.
6.
te/ und leidige Tröster/ Job. 13. v. 4. Cap. 16. v. 2. die sich nicht
bekümmern umb den Schaden Josephs/
Amos 6. v. 6. Gehet
man durch die drey Häuptstände/ so finden sich bald Leute/ die das
Lied anstimmen/ und sagen: Die Zeit ist noch nicht da/ daß man
des Herrn Haus bawe. Jm geistlichen Stande wollen manche
nicht dran/ wenn in der Kirchen etwas gutes sol angeordnet wer-
den/ ungeacht es der Lutherischen Religion im geringsten nicht zu-
wider/ sondern vielmehr derselbigen allerdings gemeß ist. Jm
weltlichen und Regierstande weiß man auch allerhand Auffschub zu
nehmen/ wenn man das Werck des Herrn befördern/ Lehrern und
Predigern/ Professorn und Schuldienern Vnterhalt verschaffen/
der studierenden Jugend Stipendia reichen/ und sonst dero Vestes
suchen sol. Da wil immer noch nicht Zeit seyn das Haus des
Herrn zu bawen. Jst ein Collegium auszubessern/ ist eine
Pfarr- oder Schulgebäwde wieder in Stand zu bringen/ wil fast
niemand darzu thun. (Von newen einen Kirchenbaw auffzuführen/
nimmet ihm ohne dis niemand für/ und müste wunderlich sich schicken/
daß heuriges Tages Geld darauff gewendet würde.) Jm Hausstan-
de besinden sich ihrer viel/ welche umb den Tempelbaw unbeküm-
mert sind/ und dahero weder die ihrigen CHristo zuführen/ noch

selbst

Die andere Predigt/
dem Allmaͤchtigen ſpielen. Gleichwol gehet es bey dem meiſten
Hauffen anders nicht daher. Hat iemand eine gute Gelegenheit/ dar-
bey er etwas gutes hette ſtifften koͤnnen/ aus den Händen gelaſſen/ und
wird ihm ſolches vorgehalten/ findet er bald dieſe Ausrede: Was
wolte ich machen? Es war in meinem Vermoͤgen nicht/ ſo iſts auch
Gottes Wille nicht geweſen. Hat mancher ſein Ampt überſchrit-
ten/ und der Sache zu viel gethan/ brauchet er bald dieſe Ausflucht:
Vielleicht iſt die Stunde kommen/ darinnen Gott dieſen Menſchen
durch mich hat ſtraffen wollen. O wie offt muß man ſich auch heu-
tiges Tages an ſtat der Huͤlffe mit der gemeinen Antwort abweiſen
laſſen/ daß man ſagt: Es iſt itzo Krieg; Welches (leider) ohne dis
gar gnug bekant iſt. Dahin gehoͤret/ daß manche ſprecken: ratio
ſtatûs
bringets anders nicht mit ſich/ itziger Zuſtand erfodert dieſes/
oder jenes/ es leſſet ſich nicht endern. Dis ſind die uñuͤtzen Aertz-
Job. 13. v. 4.
Cap. 16 v. 2.
Amos. 6. v.
6.
te/ und leidige Troͤſter/ Job. 13. v. 4. Cap. 16. v. 2. die ſich nicht
bekuͤmmern umb den Schaden Joſephs/
Amos 6. v. 6. Gehet
man durch die drey Häuptſtände/ ſo finden ſich bald Leute/ die das
Lied anſtimmen/ und ſagen: Die Zeit iſt noch nicht da/ daß man
des Herrn Haus bawe. Jm geiſtlichen Stande wollen manche
nicht dran/ wenn in der Kirchen etwas gutes ſol angeordnet wer-
den/ ungeacht es der Lutheriſchen Religion im geringſten nicht zu-
wider/ ſondern vielmehr derſelbigen allerdings gemeß iſt. Jm
weltlichen und Regierſtande weiß man auch allerhand Auffſchub zu
nehmen/ wenn man das Werck des Herrn befoͤrdern/ Lehrern und
Predigern/ Profeſſorn und Schuldienern Vnterhalt verſchaffen/
der ſtudierenden Jugend Stipendia reichen/ und ſonſt dero Veſtes
ſuchen ſol. Da wil immer noch nicht Zeit ſeyn das Haus des
Herrn zu bawen. Jſt ein Collegium auszubeſſern/ iſt eine
Pfarr- oder Schulgebaͤwde wieder in Stand zu bringen/ wil faſt
niemand darzu thun. (Von newen einen Kirchenbaw auffzufuͤhren/
nim̃et ihm ohne dis niemand fuͤr/ und muͤſte wunderlich ſich ſchicken/
daß heuriges Tages Geld darauff gewendet wuͤrde.) Jm Hausſtan-
de beſinden ſich ihrer viel/ welche umb den Tempelbaw unbekuͤm-
mert ſind/ und dahero weder die ihrigen CHriſto zufuͤhren/ noch

ſelbſt
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[38/0058] Die andere Predigt/ dem Allmaͤchtigen ſpielen. Gleichwol gehet es bey dem meiſten Hauffen anders nicht daher. Hat iemand eine gute Gelegenheit/ dar- bey er etwas gutes hette ſtifften koͤnnen/ aus den Händen gelaſſen/ und wird ihm ſolches vorgehalten/ findet er bald dieſe Ausrede: Was wolte ich machen? Es war in meinem Vermoͤgen nicht/ ſo iſts auch Gottes Wille nicht geweſen. Hat mancher ſein Ampt überſchrit- ten/ und der Sache zu viel gethan/ brauchet er bald dieſe Ausflucht: Vielleicht iſt die Stunde kommen/ darinnen Gott dieſen Menſchen durch mich hat ſtraffen wollen. O wie offt muß man ſich auch heu- tiges Tages an ſtat der Huͤlffe mit der gemeinen Antwort abweiſen laſſen/ daß man ſagt: Es iſt itzo Krieg; Welches (leider) ohne dis gar gnug bekant iſt. Dahin gehoͤret/ daß manche ſprecken: ratio ſtatûs bringets anders nicht mit ſich/ itziger Zuſtand erfodert dieſes/ oder jenes/ es leſſet ſich nicht endern. Dis ſind die uñuͤtzen Aertz- te/ und leidige Troͤſter/ Job. 13. v. 4. Cap. 16. v. 2. die ſich nicht bekuͤmmern umb den Schaden Joſephs/ Amos 6. v. 6. Gehet man durch die drey Häuptſtände/ ſo finden ſich bald Leute/ die das Lied anſtimmen/ und ſagen: Die Zeit iſt noch nicht da/ daß man des Herrn Haus bawe. Jm geiſtlichen Stande wollen manche nicht dran/ wenn in der Kirchen etwas gutes ſol angeordnet wer- den/ ungeacht es der Lutheriſchen Religion im geringſten nicht zu- wider/ ſondern vielmehr derſelbigen allerdings gemeß iſt. Jm weltlichen und Regierſtande weiß man auch allerhand Auffſchub zu nehmen/ wenn man das Werck des Herrn befoͤrdern/ Lehrern und Predigern/ Profeſſorn und Schuldienern Vnterhalt verſchaffen/ der ſtudierenden Jugend Stipendia reichen/ und ſonſt dero Veſtes ſuchen ſol. Da wil immer noch nicht Zeit ſeyn das Haus des Herrn zu bawen. Jſt ein Collegium auszubeſſern/ iſt eine Pfarr- oder Schulgebaͤwde wieder in Stand zu bringen/ wil faſt niemand darzu thun. (Von newen einen Kirchenbaw auffzufuͤhren/ nim̃et ihm ohne dis niemand fuͤr/ und muͤſte wunderlich ſich ſchicken/ daß heuriges Tages Geld darauff gewendet wuͤrde.) Jm Hausſtan- de beſinden ſich ihrer viel/ welche umb den Tempelbaw unbekuͤm- mert ſind/ und dahero weder die ihrigen CHriſto zufuͤhren/ noch ſelbſt Job. 13. v. 4. Cap. 16 v. 2. Amos. 6. v. 6.

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Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/58>, abgerufen am 23.11.2024.