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Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

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Vber den Propheten Haggai.

Wolte man ferner ansehen desselbigen Glantz/ ist aus dem1. Chron. 6.
sechsten Capitel des ersten Buchs der Könige bekant/ daß das gantze
Hauß/ welches Salomo GOtt dem Herrn gebawet hat/ inwen-
dig mit Golde ist überzogen gewesen/ welches von dem andern Tem-
pel nirgends in heiliger Schrifft gelesen wird. Vielmehr stehet ge-
schrieben Esrae 3. v. 12. daß damahls/ als desselbigen GrundEsrae 3, 12.
geleget worden/ darbey das Volck laut gethönet mit Loben
den Herrn/ viel der alten Priester und Leviten/ und
obersten-Väter/ die das vorige Hauß gesehen hatten/ und
diß Hauß für ihren Augen gegründet ward/ laut geweinet
haben.
So haben auch ferner in dem andern Tempel fünff
Stücke gefehlet/
als 1. das Fewer/ welches vom Himmel gefal-
len/ und das Opffer verzehret hat. 2. Die Lade des Bundes. 3. Urim
& Thummim,
dadurch GOtt ohne Mittel Antwort gegeben und
Bescheid ertheilet hat. 4. Das heilige Oel/ und 5. der heilige
Geist/ das ist/ die unmittelbahre Weissagung/ welche mit Malachia
sich geendet/ wie die Rabinen ins gemein selbsten hiervon schreiben/
und solches keines Weges verneinen.

So kan ja der ander Tempel durch nichts anders dem ersten
vorgezogen werden/ als durch die Erscheinung Christi/ der im an-
dern Tempel sichhatgeoffenbahret.

So viel betrifft die zehen Jahr/ damit das andere Hauß
dem ersten Hause der Währung nach/ soll seyn überlegen gewest/ ist
es ein recht alberes und nichtiges Vorgeben: Denn dieses verloh-
nete sich traun der Mühe nicht/ daß man so viel Wort davon machen
wolte. Was were doch dieses für eine Herrligkeit/ die man so hoch
hette preysen müssen? Solte deswegen Gott der Herr Him-
mel und Erden/ das Meer und das Trockene/ ja alle
Heyden bewegt haben?
Es reimet sich solches im geringsten
nicht/ wie ieder Vernünfftiger (will geschweigen/ in heiliger Schrifft
Erfahrner) leichte siehet/ und mercket. Gar sehr ist aber auch der
andere Tempel verunehret und entweihet worden. Es hat ihn schänd-

licher
C c 3
Vber den Propheten Haggai.

Wolte man ferner anſehen deſſelbigen Glantz/ iſt aus dem1. Chron. 6.
ſechſten Capitel des erſten Buchs der Koͤnige bekant/ daß das gantze
Hauß/ welches Salomo GOtt dem Herrn gebawet hat/ inwen-
dig mit Golde iſt uͤberzogen geweſen/ welches von dem andern Tem-
pel nirgends in heiliger Schrifft geleſen wird. Vielmehr ſtehet ge-
ſchrieben Eſræ 3. v. 12. daß damahls/ als deſſelbigen GrundEſræ 3, 12.
geleget worden/ darbey das Volck laut gethoͤnet mit Loben
den Herrn/ viel der alten Prieſter und Leviten/ und
oberſten-Vaͤter/ die das vorige Hauß geſehen hatten/ und
diß Hauß fuͤr ihren Augen gegruͤndet ward/ laut geweinet
haben.
So haben auch ferner in dem andern Tempel fuͤnff
Stuͤcke gefehlet/
als 1. das Fewer/ welches vom Himmel gefal-
len/ und das Opffer verzehret hat. 2. Die Lade des Bundes. 3. Urim
& Thummim,
dadurch GOtt ohne Mittel Antwort gegeben und
Beſcheid ertheilet hat. 4. Das heilige Oel/ und 5. der heilige
Geiſt/ das iſt/ die unmittelbahre Weiſſagung/ welche mit Malachia
ſich geendet/ wie die Rabinen ins gemein ſelbſten hiervon ſchreiben/
und ſolches keines Weges verneinen.

So kan ja der ander Tempel durch nichts anders dem erſten
vorgezogen werden/ als durch die Erſcheinung Chriſti/ der im an-
dern Tempel ſichhatgeoffenbahret.

So viel betrifft die zehen Jahr/ damit das andere Hauß
dem erſten Hauſe der Waͤhrung nach/ ſoll ſeyn uͤberlegen geweſt/ iſt
es ein recht alberes und nichtiges Vorgeben: Denn dieſes verloh-
nete ſich traun der Muͤhe nicht/ daß man ſo viel Wort davon machen
wolte. Was were doch dieſes fuͤr eine Herrligkeit/ die man ſo hoch
hette preyſen muͤſſen? Solte deswegen Gott der Herr Him-
mel und Erden/ das Meer und das Trockene/ ja alle
Heyden bewegt haben?
Es reimet ſich ſolches im geringſten
nicht/ wie ieder Vernuͤnfftiger (will geſchweigen/ in heiliger Schrifft
Erfahrner) leichte ſiehet/ und mercket. Gar ſehr iſt aber auch der
andere Tempel verunehret und entweihet wordẽ. Es hat ihn ſchaͤnd-

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[205/0225] Vber den Propheten Haggai. Wolte man ferner anſehen deſſelbigen Glantz/ iſt aus dem ſechſten Capitel des erſten Buchs der Koͤnige bekant/ daß das gantze Hauß/ welches Salomo GOtt dem Herrn gebawet hat/ inwen- dig mit Golde iſt uͤberzogen geweſen/ welches von dem andern Tem- pel nirgends in heiliger Schrifft geleſen wird. Vielmehr ſtehet ge- ſchrieben Eſræ 3. v. 12. daß damahls/ als deſſelbigen Grund geleget worden/ darbey das Volck laut gethoͤnet mit Loben den Herrn/ viel der alten Prieſter und Leviten/ und oberſten-Vaͤter/ die das vorige Hauß geſehen hatten/ und diß Hauß fuͤr ihren Augen gegruͤndet ward/ laut geweinet haben. So haben auch ferner in dem andern Tempel fuͤnff Stuͤcke gefehlet/ als 1. das Fewer/ welches vom Himmel gefal- len/ und das Opffer verzehret hat. 2. Die Lade des Bundes. 3. Urim & Thummim, dadurch GOtt ohne Mittel Antwort gegeben und Beſcheid ertheilet hat. 4. Das heilige Oel/ und 5. der heilige Geiſt/ das iſt/ die unmittelbahre Weiſſagung/ welche mit Malachia ſich geendet/ wie die Rabinen ins gemein ſelbſten hiervon ſchreiben/ und ſolches keines Weges verneinen. 1. Chron. 6. Eſræ 3, 12. So kan ja der ander Tempel durch nichts anders dem erſten vorgezogen werden/ als durch die Erſcheinung Chriſti/ der im an- dern Tempel ſichhatgeoffenbahret. So viel betrifft die zehen Jahr/ damit das andere Hauß dem erſten Hauſe der Waͤhrung nach/ ſoll ſeyn uͤberlegen geweſt/ iſt es ein recht alberes und nichtiges Vorgeben: Denn dieſes verloh- nete ſich traun der Muͤhe nicht/ daß man ſo viel Wort davon machen wolte. Was were doch dieſes fuͤr eine Herrligkeit/ die man ſo hoch hette preyſen muͤſſen? Solte deswegen Gott der Herr Him- mel und Erden/ das Meer und das Trockene/ ja alle Heyden bewegt haben? Es reimet ſich ſolches im geringſten nicht/ wie ieder Vernuͤnfftiger (will geſchweigen/ in heiliger Schrifft Erfahrner) leichte ſiehet/ und mercket. Gar ſehr iſt aber auch der andere Tempel verunehret und entweihet wordẽ. Es hat ihn ſchaͤnd- licher C c 3

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Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/225>, abgerufen am 24.11.2024.