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Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

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Vber den Propheten Haggai.
daß Epiphanius sie nur unter die jenigen gesetzt/ welche eine Spal-
tung anrichten/ und eigentlich den Grund nicht ümbreissen/ dahero
ihnen derselbige nur eine Bäwrische Grobheit hette zugeschrieben. Cent. 4.
Magdeb.
c. 5. col. 373.
num. 50.
Luth. Tom.
VI. witeb.
Lat. fol.
3. 4.
& 91. 4.

Sie werden sonst Vadiani und Audiani von ihrem Vrheber oder An-
herrn genennet/ welcher Vadius, oder Audius, oder Audaeus (denn
die Scribenten darinnen allhier in etwas variiren) geheissen. Vnser
seliger Vater Herr Lutherus in seiner Auslegung über das erste und
sechste Capitel des ersten Buchs Mosis/ helt daf[ü]r/ es were ihnen
unrecht geschehen/ daß man ihre Lehre verdammet hette. Denn sie
hetten ja an den allmächtigen GOTT und seinen Sohn unsern
Heyland gegläubet/ wie könte man denn nun an ihnen so hoch ta-
deln/ daß sie gesagt/ Gott hette Augen/ damit Er die Elenden anse-
he/ Ohren/ damit er andächtige Beter hörete. Aber/ das lassen wir
an seinen Ort gestellet seyn/ als dessen wir nur beyleufftig/ und zwar
umb der studirenden Jugend willen/ erwehnet haben. Lasset uns
hingegen in acht nehmen/ wie die heilige Schrifft von dem Auge-
sichte GOttes zu reden pfleget. Augustinus (oder der Autor desAugustin.
Tom. IV.
col.
968.

Büchleins de Essentia divinitatis, wer auch derselbige gewesen/)
bricht uns die Bahne/ wenn er sagt: Das Angesicht GOttes were
so viel/ als der Gottheit Erkäntnüß/ bey und in den Menschen/ da-
von geschrieben stünde Psalm. 80. v. 4. GOTT tröste uns/laßPs. 80. 4.
leuchten dein Antlitz/ so genesen wir; das ist: Gieb uns dein
Erkäntnüß/ welches denen Menschen ist offenbaret/ und kund ge-
than worden durch deinen Sohn/ welcher Matth. 11. v. 27. spricht:Matt. 11, 27.
Niemand kennet den Vater/ denn nur der Sohn/ und
wem es der Sohn wil offenbaren.
Auff eine andere Weise
aber bedentete das Angesichte GOttes das unsichtbare Wesen der
Gottheit des Sohnes Gottes/ davon er selbst zu Mosi Exod. 33.Exod. 33, 22.
v. 22. gesagt: Wenn ich meine Hand von dir thue/ wir stu mir
hinden nachsehen/ ader mein Angesicht kan man nicht sehen;

Als wolt er sprechen: Meine Menschwerdung wirst du sehen/ (ohne
Zweifel mit Glaubens Augen) in den letzten Tagen/ aber meine
Gottheit wirst du nicht sehen können: Wiewol/ scharff dieses aus-

zule-
O 3

Vber den Propheten Haggai.
daß Epiphanius ſie nur unter die jenigen geſetzt/ welche eine Spal-
tung anrichten/ und eigentlich den Grund nicht uͤmbreiſſen/ dahero
ihnen derſelbige nur eine Baͤwriſche Grobheit hette zugeſchrieben. Cent. 4.
Magdeb.
c. 5. col. 373.
num. 50.
Luth. Tom.
VI. witeb.
Lat. fol.
3. 4.
& 91. 4.

Sie werden ſonſt Vadiani und Audiani von ihrem Vrheber oder An-
herrn genennet/ welcher Vadius, oder Audius, oder Audæus (denn
die Scribenten darinnen allhier in etwas variiren) geheiſſen. Vnſer
ſeliger Vater Herr Lutherus in ſeiner Auslegung über das erſte und
ſechſte Capitel des erſten Buchs Moſis/ helt daf[uͤ]r/ es were ihnen
unrecht geſchehen/ daß man ihre Lehre verdammet hette. Denn ſie
hetten ja an den allmaͤchtigen GOTT und ſeinen Sohn unſern
Heyland gegläubet/ wie koͤnte man denn nun an ihnen ſo hoch ta-
deln/ daß ſie geſagt/ Gott hette Augen/ damit Er die Elenden anſe-
he/ Ohren/ damit er andaͤchtige Beter hoͤrete. Aber/ das laſſen wir
an ſeinen Ort geſtellet ſeyn/ als deſſen wir nur beyleufftig/ und zwar
umb der ſtudirenden Jugend willen/ erwehnet haben. Laſſet uns
hingegen in acht nehmen/ wie die heilige Schrifft von dem Auge-
ſichte GOttes zu reden pfleget. Auguſtinus (oder der Autor desAuguſtin.
Tom. IV.
col.
968.

Buͤchleins de Eſſentiâ divinitatis, wer auch derſelbige geweſen/)
bricht uns die Bahne/ wenn er ſagt: Das Angeſicht GOttes were
ſo viel/ als der Gottheit Erkäntnuͤß/ bey und in den Menſchen/ da-
von geſchrieben ſtuͤnde Pſalm. 80. v. 4. GOTT troͤſte uns/laßPſ. 80. 4.
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Erkaͤntnuͤß/ welches denen Menſchen iſt offenbaret/ und kund ge-
than worden durch deinen Sohn/ welcher Matth. 11. v. 27. ſpricht:Matt. 11, 27.
Niemand kennet den Vater/ denn nur der Sohn/ und
wem es der Sohn wil offenbaren.
Auff eine andere Weiſe
aber bedentete das Angeſichte GOttes das unſichtbare Weſen der
Gottheit des Sohnes Gottes/ davon er ſelbſt zu Moſi Exod. 33.Exod. 33, 22.
v. 22. geſagt: Wenn ich meine Hand von dir thue/ wir ſtu mir
hinden nachſehen/ ader mein Angeſicht kan man nicht ſehen;

Als wolt er ſprechen: Meine Menſchwerdung wirſt du ſehen/ (ohne
Zweifel mit Glaubens Augen) in den letzten Tagen/ aber meine
Gottheit wirſt du nicht ſehen koͤnnen: Wiewol/ ſcharff dieſes aus-

zule-
O 3
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[109/0129] Vber den Propheten Haggai. daß Epiphanius ſie nur unter die jenigen geſetzt/ welche eine Spal- tung anrichten/ und eigentlich den Grund nicht uͤmbreiſſen/ dahero ihnen derſelbige nur eine Baͤwriſche Grobheit hette zugeſchrieben. Sie werden ſonſt Vadiani und Audiani von ihrem Vrheber oder An- herrn genennet/ welcher Vadius, oder Audius, oder Audæus (denn die Scribenten darinnen allhier in etwas variiren) geheiſſen. Vnſer ſeliger Vater Herr Lutherus in ſeiner Auslegung über das erſte und ſechſte Capitel des erſten Buchs Moſis/ helt dafuͤr/ es were ihnen unrecht geſchehen/ daß man ihre Lehre verdammet hette. Denn ſie hetten ja an den allmaͤchtigen GOTT und ſeinen Sohn unſern Heyland gegläubet/ wie koͤnte man denn nun an ihnen ſo hoch ta- deln/ daß ſie geſagt/ Gott hette Augen/ damit Er die Elenden anſe- he/ Ohren/ damit er andaͤchtige Beter hoͤrete. Aber/ das laſſen wir an ſeinen Ort geſtellet ſeyn/ als deſſen wir nur beyleufftig/ und zwar umb der ſtudirenden Jugend willen/ erwehnet haben. Laſſet uns hingegen in acht nehmen/ wie die heilige Schrifft von dem Auge- ſichte GOttes zu reden pfleget. Auguſtinus (oder der Autor des Buͤchleins de Eſſentiâ divinitatis, wer auch derſelbige geweſen/) bricht uns die Bahne/ wenn er ſagt: Das Angeſicht GOttes were ſo viel/ als der Gottheit Erkäntnuͤß/ bey und in den Menſchen/ da- von geſchrieben ſtuͤnde Pſalm. 80. v. 4. GOTT troͤſte uns/laß leuchten dein Antlitz/ ſo geneſen wir; das iſt: Gieb uns dein Erkaͤntnuͤß/ welches denen Menſchen iſt offenbaret/ und kund ge- than worden durch deinen Sohn/ welcher Matth. 11. v. 27. ſpricht: Niemand kennet den Vater/ denn nur der Sohn/ und wem es der Sohn wil offenbaren. Auff eine andere Weiſe aber bedentete das Angeſichte GOttes das unſichtbare Weſen der Gottheit des Sohnes Gottes/ davon er ſelbſt zu Moſi Exod. 33. v. 22. geſagt: Wenn ich meine Hand von dir thue/ wir ſtu mir hinden nachſehen/ ader mein Angeſicht kan man nicht ſehen; Als wolt er ſprechen: Meine Menſchwerdung wirſt du ſehen/ (ohne Zweifel mit Glaubens Augen) in den letzten Tagen/ aber meine Gottheit wirſt du nicht ſehen koͤnnen: Wiewol/ ſcharff dieſes aus- zule- Cent. 4. Magdeb. c. 5. col. 373. num. 50. Luth. Tom. VI. witeb. Lat. fol. 3. 4. & 91. 4. Auguſtin. Tom. IV. col. 968. Pſ. 80. 4. Matt. 11, 27. Exod. 33, 22. O 3

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Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/129>, abgerufen am 02.05.2024.