Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.LXVII. Betrachtung. Verhalten schönes bemerke. Bald will ich die Rei-nigkeit und Heiligkeit seines Charakters bewundern, bald auf die standhafte und ungeheuchelte Frömmig- keit hinsehen, die ihn gegen Gott, seinen himmlischen Vater, beseelte, und die sich in allen seinen Reden und Handlungen äußerte; bald will ich die allgemeine thätige Menschenliebe betrachten, die ihn antrieb, Betrübte zu trösten, Elenden zu helfen, und jeder- mann auf die edelste Art wohlzuthun; bald soll mir der Gedanke gegenwärtig seyn: Jesus war stets be- müht, Jrrende zu belehren, Unwissende zu unter- richten, Lasterhafte zu bessern. Werde ich mich auf diese Art mit dem Nachdenken über das schöne Leben Jesu recht oft beschäftigen, so werde ich einsehen, wie nöthig es sey, daß sein Andenken von einem Men- schengeschlecht auf das andere erhalten und verewiget werde; Sein Bild wird sich meiner Seele immer tiefer eindrücken, und mir stets gegenwärtig bleiben. Hätte ich alsdann weiter keinen Nutzen von der Fey- er des Abendmahls, als diesen, so würde ich schon dadurch unendlich viel gewinnen. Fühle ich nun zu gleicher Zeit, wie viel Jesus als Mittler und Selig- macher für mich gethan und gelitten hat, so werde ich gewiß von Dankbarkeit und Gegenliebe durch- drungen werden. Nichts wird mir mehr an Her- zen liegen, als das Bestreben, meinen Sinn und mein Verhalten nach seinem Bilde zu veredeln, da ich E e 5
LXVII. Betrachtung. Verhalten ſchönes bemerke. Bald will ich die Rei-nigkeit und Heiligkeit ſeines Charakters bewundern, bald auf die ſtandhafte und ungeheuchelte Frömmig- keit hinſehen, die ihn gegen Gott, ſeinen himmliſchen Vater, beſeelte, und die ſich in allen ſeinen Reden und Handlungen äußerte; bald will ich die allgemeine thätige Menſchenliebe betrachten, die ihn antrieb, Betrübte zu tröſten, Elenden zu helfen, und jeder- mann auf die edelſte Art wohlzuthun; bald ſoll mir der Gedanke gegenwärtig ſeyn: Jeſus war ſtets be- müht, Jrrende zu belehren, Unwiſſende zu unter- richten, Laſterhafte zu beſſern. Werde ich mich auf dieſe Art mit dem Nachdenken über das ſchöne Leben Jeſu recht oft beſchäftigen, ſo werde ich einſehen, wie nöthig es ſey, daß ſein Andenken von einem Men- ſchengeſchlecht auf das andere erhalten und verewiget werde; Sein Bild wird ſich meiner Seele immer tiefer eindrücken, und mir ſtets gegenwärtig bleiben. Hätte ich alsdann weiter keinen Nutzen von der Fey- er des Abendmahls, als dieſen, ſo würde ich ſchon dadurch unendlich viel gewinnen. Fühle ich nun zu gleicher Zeit, wie viel Jeſus als Mittler und Selig- macher für mich gethan und gelitten hat, ſo werde ich gewiß von Dankbarkeit und Gegenliebe durch- drungen werden. Nichts wird mir mehr an Her- zen liegen, als das Beſtreben, meinen Sinn und mein Verhalten nach ſeinem Bilde zu veredeln, da ich E e 5
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LXVII. Betrachtung.
Verhalten ſchönes bemerke. Bald will ich die Rei-
nigkeit und Heiligkeit ſeines Charakters bewundern,
bald auf die ſtandhafte und ungeheuchelte Frömmig-
keit hinſehen, die ihn gegen Gott, ſeinen himmliſchen
Vater, beſeelte, und die ſich in allen ſeinen Reden und
Handlungen äußerte; bald will ich die allgemeine
thätige Menſchenliebe betrachten, die ihn antrieb,
Betrübte zu tröſten, Elenden zu helfen, und jeder-
mann auf die edelſte Art wohlzuthun; bald ſoll mir
der Gedanke gegenwärtig ſeyn: Jeſus war ſtets be-
müht, Jrrende zu belehren, Unwiſſende zu unter-
richten, Laſterhafte zu beſſern. Werde ich mich auf
dieſe Art mit dem Nachdenken über das ſchöne Leben
Jeſu recht oft beſchäftigen, ſo werde ich einſehen, wie
nöthig es ſey, daß ſein Andenken von einem Men-
ſchengeſchlecht auf das andere erhalten und verewiget
werde; Sein Bild wird ſich meiner Seele immer
tiefer eindrücken, und mir ſtets gegenwärtig bleiben.
Hätte ich alsdann weiter keinen Nutzen von der Fey-
er des Abendmahls, als dieſen, ſo würde ich ſchon
dadurch unendlich viel gewinnen. Fühle ich nun zu
gleicher Zeit, wie viel Jeſus als Mittler und Selig-
macher für mich gethan und gelitten hat, ſo werde
ich gewiß von Dankbarkeit und Gegenliebe durch-
drungen werden. Nichts wird mir mehr an Her-
zen liegen, als das Beſtreben, meinen Sinn und
mein Verhalten nach ſeinem Bilde zu veredeln, da
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