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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

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LXII. Betrachtung.
auferlegt, werden von ihm auch wieder weggenom-
men, und unter seiner väterlichen Leitung gemeini-
glich zu Beförderungsmitteln meiner Glückseligkeit
gebraucht. Um mich nun bey Zeiten an Leiden und
Unglücksfälle, an die Unbeständigkeit des äußern
Wohlstandes und an die Hinfälligkeit meiner Güter
zu gewöhnen, will ich, so wie Jesus, den Umgang
mit Leidenden nicht fliehen; ich will an ihren trauri-
gen Schicksalen wahren Antheil nehmen, und ihr Be-
tragen dabey weislich nutzen. Vor allen Dingen
aber will ich mir die tröstlichen Lehren der Religion
bekannt machen, und mich im Vertrauen auf Gott
stärken; dann wird kein Leiden, kein Unfall mich un-
bereitet finden, und es wird mir nie an Beruhigung
und Trost fehlen. Jch werde dann muthig, wie
Jesus, allen Widerwärtigkeiten entgegen gehn, und
selbige, wie er, gelassen und geduldig ertragen. Ver-
schont mich Gott mit künftigen Leiden und Unfällen,
so wird die Vorbereitung darauf deswegen doch nicht
vergeblich seyn; ich werde vielmehr mein Glück und
die Güte Gottes desto lebhafter empfinden, und ihm
desto eifriger und freudiger dafür danken. Habe
ich auch weiter keinen Gewinn von dieser Vorberei-
tung, so werde ich doch im Wohlstande nicht sicher
und leichtsinnig werden, und nie hart und fühllos
bey fremder Noth bleiben, sondern gerne helfen,
gerne trösten.

Mir

LXII. Betrachtung.
auferlegt, werden von ihm auch wieder weggenom-
men, und unter ſeiner väterlichen Leitung gemeini-
glich zu Beförderungsmitteln meiner Glückſeligkeit
gebraucht. Um mich nun bey Zeiten an Leiden und
Unglücksfälle, an die Unbeſtändigkeit des äußern
Wohlſtandes und an die Hinfälligkeit meiner Güter
zu gewöhnen, will ich, ſo wie Jeſus, den Umgang
mit Leidenden nicht fliehen; ich will an ihren trauri-
gen Schickſalen wahren Antheil nehmen, und ihr Be-
tragen dabey weislich nutzen. Vor allen Dingen
aber will ich mir die tröſtlichen Lehren der Religion
bekannt machen, und mich im Vertrauen auf Gott
ſtärken; dann wird kein Leiden, kein Unfall mich un-
bereitet finden, und es wird mir nie an Beruhigung
und Troſt fehlen. Jch werde dann muthig, wie
Jeſus, allen Widerwärtigkeiten entgegen gehn, und
ſelbige, wie er, gelaſſen und geduldig ertragen. Ver-
ſchont mich Gott mit künftigen Leiden und Unfällen,
ſo wird die Vorbereitung darauf deswegen doch nicht
vergeblich ſeyn; ich werde vielmehr mein Glück und
die Güte Gottes deſto lebhafter empfinden, und ihm
deſto eifriger und freudiger dafür danken. Habe
ich auch weiter keinen Gewinn von dieſer Vorberei-
tung, ſo werde ich doch im Wohlſtande nicht ſicher
und leichtſinnig werden, und nie hart und fühllos
bey fremder Noth bleiben, ſondern gerne helfen,
gerne tröſten.

Mir
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[414/0440] LXII. Betrachtung. auferlegt, werden von ihm auch wieder weggenom- men, und unter ſeiner väterlichen Leitung gemeini- glich zu Beförderungsmitteln meiner Glückſeligkeit gebraucht. Um mich nun bey Zeiten an Leiden und Unglücksfälle, an die Unbeſtändigkeit des äußern Wohlſtandes und an die Hinfälligkeit meiner Güter zu gewöhnen, will ich, ſo wie Jeſus, den Umgang mit Leidenden nicht fliehen; ich will an ihren trauri- gen Schickſalen wahren Antheil nehmen, und ihr Be- tragen dabey weislich nutzen. Vor allen Dingen aber will ich mir die tröſtlichen Lehren der Religion bekannt machen, und mich im Vertrauen auf Gott ſtärken; dann wird kein Leiden, kein Unfall mich un- bereitet finden, und es wird mir nie an Beruhigung und Troſt fehlen. Jch werde dann muthig, wie Jeſus, allen Widerwärtigkeiten entgegen gehn, und ſelbige, wie er, gelaſſen und geduldig ertragen. Ver- ſchont mich Gott mit künftigen Leiden und Unfällen, ſo wird die Vorbereitung darauf deswegen doch nicht vergeblich ſeyn; ich werde vielmehr mein Glück und die Güte Gottes deſto lebhafter empfinden, und ihm deſto eifriger und freudiger dafür danken. Habe ich auch weiter keinen Gewinn von dieſer Vorberei- tung, ſo werde ich doch im Wohlſtande nicht ſicher und leichtſinnig werden, und nie hart und fühllos bey fremder Noth bleiben, ſondern gerne helfen, gerne tröſten. Mir

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/440>, abgerufen am 23.11.2024.