Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

LXI. Betrachtung.
seyn, nicht muthlos verzagen, sondern sich fest an
Gott halten, und durch erleuchtetes Vertrauen auf
ihn, sich beruhigen. Suchst du in Zeiten mit lie-
bevollem theilnehmendem Herzen deine Freunde auf
künftige traurige Veränderungen vorzubereiten: so
werden sie es dir einst Dank wissen, daß du dadurch
für ihre ruhige Gemüthsverfassung gesorgt hast; du
wirst noch die Freude haben, daß sie dich für ihren
Wohlthäter und für einen weisen treuen Rathgeber
erkennen werden. Bey dem allen aber hüte dich,
daß du den Deinigen nicht ohne Noth Betrübniß ver-
ursachest, und ihre Gemüther nicht mit bangen Er-
wartungen erfüllest, sondern schone vielmehr ihre
Gemüthsruhe, so viel du kannst. Denn Jesus ent-
deckte seinen Jüngern auch nicht mehr, als nöthig
war, und schonte sie mit möglichster Behutsamkeit.

Gieb mir den Willen, gieb mir Lust,
Dein Bildniß auszudrücken,
Wie du, so sanft an meine Brust
Den Leidenden zu drücken.
Der schwachen Brüder Stab zu seyn,
Mich mit dem Fröhlichen zu freun,
Mit Weinenden zu klagen.
Laß mich dem, der sein Herz mir weiht,
Ein Herz voll frommer Redlichkeit
Und Treue nicht versagen.

Zwey-
C c 5

LXI. Betrachtung.
ſeyn, nicht muthlos verzagen, ſondern ſich feſt an
Gott halten, und durch erleuchtetes Vertrauen auf
ihn, ſich beruhigen. Suchſt du in Zeiten mit lie-
bevollem theilnehmendem Herzen deine Freunde auf
künftige traurige Veränderungen vorzubereiten: ſo
werden ſie es dir einſt Dank wiſſen, daß du dadurch
für ihre ruhige Gemüthsverfaſſung geſorgt haſt; du
wirſt noch die Freude haben, daß ſie dich für ihren
Wohlthäter und für einen weiſen treuen Rathgeber
erkennen werden. Bey dem allen aber hüte dich,
daß du den Deinigen nicht ohne Noth Betrübniß ver-
urſacheſt, und ihre Gemüther nicht mit bangen Er-
wartungen erfülleſt, ſondern ſchone vielmehr ihre
Gemüthsruhe, ſo viel du kannſt. Denn Jeſus ent-
deckte ſeinen Jüngern auch nicht mehr, als nöthig
war, und ſchonte ſie mit möglichſter Behutſamkeit.

Gieb mir den Willen, gieb mir Luſt,
Dein Bildniß auszudrücken,
Wie du, ſo ſanft an meine Bruſt
Den Leidenden zu drücken.
Der ſchwachen Brüder Stab zu ſeyn,
Mich mit dem Fröhlichen zu freun,
Mit Weinenden zu klagen.
Laß mich dem, der ſein Herz mir weiht,
Ein Herz voll frommer Redlichkeit
Und Treue nicht verſagen.

Zwey-
C c 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0435" n="409"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">LXI.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
&#x017F;eyn, nicht muthlos verzagen, &#x017F;ondern &#x017F;ich fe&#x017F;t an<lb/>
Gott halten, und durch erleuchtetes Vertrauen auf<lb/>
ihn, &#x017F;ich beruhigen. Such&#x017F;t du in Zeiten mit lie-<lb/>
bevollem theilnehmendem Herzen deine Freunde auf<lb/>
künftige traurige Veränderungen vorzubereiten: &#x017F;o<lb/>
werden &#x017F;ie es dir ein&#x017F;t Dank wi&#x017F;&#x017F;en, daß du dadurch<lb/>
für ihre ruhige Gemüthsverfa&#x017F;&#x017F;ung ge&#x017F;orgt ha&#x017F;t; du<lb/>
wir&#x017F;t noch die Freude haben, daß &#x017F;ie dich für ihren<lb/>
Wohlthäter und für einen wei&#x017F;en treuen Rathgeber<lb/>
erkennen werden. Bey dem allen aber hüte dich,<lb/>
daß du den Deinigen nicht ohne Noth Betrübniß ver-<lb/>
ur&#x017F;ache&#x017F;t, und ihre Gemüther nicht mit bangen Er-<lb/>
wartungen erfülle&#x017F;t, &#x017F;ondern &#x017F;chone vielmehr ihre<lb/>
Gemüthsruhe, &#x017F;o viel du kann&#x017F;t. Denn Je&#x017F;us ent-<lb/>
deckte &#x017F;einen Jüngern auch nicht mehr, als nöthig<lb/>
war, und &#x017F;chonte &#x017F;ie mit möglich&#x017F;ter Behut&#x017F;amkeit.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Gieb mir den Willen, gieb mir Lu&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Dein Bildniß auszudrücken,</l><lb/>
            <l>Wie du, &#x017F;o &#x017F;anft an meine Bru&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Den Leidenden zu drücken.</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;chwachen Brüder Stab zu &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>Mich mit dem Fröhlichen zu freun,</l><lb/>
            <l>Mit Weinenden zu klagen.</l><lb/>
            <l>Laß mich dem, der &#x017F;ein Herz mir weiht,</l><lb/>
            <l>Ein Herz voll frommer Redlichkeit</l><lb/>
            <l>Und Treue nicht ver&#x017F;agen.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">C c 5</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Zwey-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0435] LXI. Betrachtung. ſeyn, nicht muthlos verzagen, ſondern ſich feſt an Gott halten, und durch erleuchtetes Vertrauen auf ihn, ſich beruhigen. Suchſt du in Zeiten mit lie- bevollem theilnehmendem Herzen deine Freunde auf künftige traurige Veränderungen vorzubereiten: ſo werden ſie es dir einſt Dank wiſſen, daß du dadurch für ihre ruhige Gemüthsverfaſſung geſorgt haſt; du wirſt noch die Freude haben, daß ſie dich für ihren Wohlthäter und für einen weiſen treuen Rathgeber erkennen werden. Bey dem allen aber hüte dich, daß du den Deinigen nicht ohne Noth Betrübniß ver- urſacheſt, und ihre Gemüther nicht mit bangen Er- wartungen erfülleſt, ſondern ſchone vielmehr ihre Gemüthsruhe, ſo viel du kannſt. Denn Jeſus ent- deckte ſeinen Jüngern auch nicht mehr, als nöthig war, und ſchonte ſie mit möglichſter Behutſamkeit. Gieb mir den Willen, gieb mir Luſt, Dein Bildniß auszudrücken, Wie du, ſo ſanft an meine Bruſt Den Leidenden zu drücken. Der ſchwachen Brüder Stab zu ſeyn, Mich mit dem Fröhlichen zu freun, Mit Weinenden zu klagen. Laß mich dem, der ſein Herz mir weiht, Ein Herz voll frommer Redlichkeit Und Treue nicht verſagen. Zwey- C c 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/435
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/435>, abgerufen am 16.07.2024.