Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.LIII. Betrachtung. solchen Personen meiden. Sehe ich, daß die Ver-änderung meiner äußern Glücksumstände für meine Tugend gefährlich werden könnte, so will ich recht auf meiner Hut seyn, und mich in acht nehmen, daß ich nicht wider Gott sündige. Komme ich in solche Umstände, wo ich mir weder zu rathen noch zu hel- fen weis, so will ich nicht zum Betrug, und über- haupt nicht zu unrechtmäßigen Mitteln meine Zu- flucht nehmen, um mir aus der Noth zu helfen, ge- setzt auch, ich könnte von keinem Menschen entdeckt werden. Jch will lieber arm bleiben und Noth lei- den, als mein Gewissen verletzen, und wenn mir auch der Reiche goldene Berge verspräche, um ihm mei- ne Unschuld preis zu geben, oder um ihm zu einer bö- sen That behülflich zu seyn, so will ich ihn als einen schändlichen Verführer verabscheuen, und lieber al- les dulden, als mich nach seinen Willen bequemen. Sollte ich auch die unverdientesten Schmähungen, sollte ich die boshaftesten Beleidigungen erdulden müssen; so will ich doch nicht zur Selbstrache mich hinreissen lassen, und nicht Böses mit Bösem vergel- ten. Gefällt es Gott, mich in größern Wohlstand zu versetzen, so will ich nicht Gottesvergessen und übermüthig werden, sondern immer dankbar gegen meinen Vater im Himmel bleiben, und nie will ich die verachten, die weniger glücklich sind, als ich. Kann ich den Versuchungen zum Bösen nicht auswei- chen,
LIII. Betrachtung. ſolchen Perſonen meiden. Sehe ich, daß die Ver-änderung meiner äußern Glücksumſtände für meine Tugend gefährlich werden könnte, ſo will ich recht auf meiner Hut ſeyn, und mich in acht nehmen, daß ich nicht wider Gott ſündige. Komme ich in ſolche Umſtände, wo ich mir weder zu rathen noch zu hel- fen weis, ſo will ich nicht zum Betrug, und über- haupt nicht zu unrechtmäßigen Mitteln meine Zu- flucht nehmen, um mir aus der Noth zu helfen, ge- ſetzt auch, ich könnte von keinem Menſchen entdeckt werden. Jch will lieber arm bleiben und Noth lei- den, als mein Gewiſſen verletzen, und wenn mir auch der Reiche goldene Berge verſpräche, um ihm mei- ne Unſchuld preis zu geben, oder um ihm zu einer bö- ſen That behülflich zu ſeyn, ſo will ich ihn als einen ſchändlichen Verführer verabſcheuen, und lieber al- les dulden, als mich nach ſeinen Willen bequemen. Sollte ich auch die unverdienteſten Schmähungen, ſollte ich die boshafteſten Beleidigungen erdulden müſſen; ſo will ich doch nicht zur Selbſtrache mich hinreiſſen laſſen, und nicht Böſes mit Böſem vergel- ten. Gefällt es Gott, mich in größern Wohlſtand zu verſetzen, ſo will ich nicht Gottesvergeſſen und übermüthig werden, ſondern immer dankbar gegen meinen Vater im Himmel bleiben, und nie will ich die verachten, die weniger glücklich ſind, als ich. Kann ich den Verſuchungen zum Böſen nicht auswei- chen,
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LIII. Betrachtung.
ſolchen Perſonen meiden. Sehe ich, daß die Ver-
änderung meiner äußern Glücksumſtände für meine
Tugend gefährlich werden könnte, ſo will ich recht
auf meiner Hut ſeyn, und mich in acht nehmen, daß
ich nicht wider Gott ſündige. Komme ich in ſolche
Umſtände, wo ich mir weder zu rathen noch zu hel-
fen weis, ſo will ich nicht zum Betrug, und über-
haupt nicht zu unrechtmäßigen Mitteln meine Zu-
flucht nehmen, um mir aus der Noth zu helfen, ge-
ſetzt auch, ich könnte von keinem Menſchen entdeckt
werden. Jch will lieber arm bleiben und Noth lei-
den, als mein Gewiſſen verletzen, und wenn mir auch
der Reiche goldene Berge verſpräche, um ihm mei-
ne Unſchuld preis zu geben, oder um ihm zu einer bö-
ſen That behülflich zu ſeyn, ſo will ich ihn als einen
ſchändlichen Verführer verabſcheuen, und lieber al-
les dulden, als mich nach ſeinen Willen bequemen.
Sollte ich auch die unverdienteſten Schmähungen,
ſollte ich die boshafteſten Beleidigungen erdulden
müſſen; ſo will ich doch nicht zur Selbſtrache mich
hinreiſſen laſſen, und nicht Böſes mit Böſem vergel-
ten. Gefällt es Gott, mich in größern Wohlſtand
zu verſetzen, ſo will ich nicht Gottesvergeſſen und
übermüthig werden, ſondern immer dankbar gegen
meinen Vater im Himmel bleiben, und nie will ich
die verachten, die weniger glücklich ſind, als ich.
Kann ich den Verſuchungen zum Böſen nicht auswei-
chen,
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