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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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Aber ach, wie sehr habe ich es daran fehlen lassen. Wegen
meiner Kälte gegen Dich, wegen meiner Nachlässigkeit in
Deinem Dienste, wegen meiner Sünden ist auch meine
Lehre und Ermahnung und Anleitung ohne Kraft und
Wirkung an meinen Kindern und ohne den Segen Deiner
Gnade geblieben. Und wie viel Verkehrtes, Unchristliches
und Böses haben sie von Tag zu Tag an mir wahrnehmen
müssen - zum Schaden ihrer Seele! Ueberdies sind sie
arm geblieben an Gnade, weil ich das Gebet für sie ver-
nachlässigt, oder nur so wenig, so lässig für sie gebetet habe
und mein Gebet so unwürdig war! O mein Gott, wie
wird es mir einst vor Deinem Richterstuhle ergehen, wenn
ich dann erkennen muß, daß ich denen, welche Du mir an-
vertrauet hast, um sie zu allem Guten anzuleiten, Anlaß
zur Sünde und Verkehrtheit geworden. Und wehe mir,
wenn die, welche ich zum Himmel führen sollte, durch
meine Schuld verloren gingen!

Und wie beschämt muß ich vor Dir stehen! Wie theuer
sind Dir meine Kinder; wie liebst Du sie! Was hast
Du nicht Alles für sie gethan! Deinen eingebornen Sohn
hast Du für sie hingegeben; und Dein göttlicher Sohn hat
nicht Anstand genommen, für sie die größten Leiden zu
übernehmen und selbst in den Tod zu gehen; Er hat in
Seiner h. Kirche alle Heilsgüter und alle Schätze der
Gnade hinterlassen; ja Er ist stets bereit, in der h. Com-
munion Sich selbst ihnen zu schenken, um sie zum Heile
zu führen. Und ich habe diese vor Dir so kostbaren, von
Dir so geliebten Seelen gering geachtet, verwahrloset, ja
zu ihrem Verderben beigetragen! O, ich Undankbare! Wie
habe ich Dein göttliches Vaterherz beleidigt und betrübet!

Auch aus Liebe zu mir hast Du mir den Beruf einer
Mutter gegeben. Welche kostbare Gelegenheit bietet er mir,
durch die Erfüllung meiner Pflichten an den Kindern mir
Dein göttliches Wohlgefallen, die reichsten Verdienste und
den höchsten Himmelslohn zu erwerben, ja ewig an Deiner
göttlichen Freude, die Du in der Beglückung Deiner Kin-
der verkostet, Theil zu nehmen, wenn auch ich dazu beitrüge,
daß meine Kinder zur ewigen Glückseligkeit gelangten. Und
ich habe den Absichten Deiner Vaterhuld so wenig entsprochen!

O Gott, ich habe gesündigt vor Dir. Aber jetzt bereue

Aber ach, wie sehr habe ich es daran fehlen lassen. Wegen
meiner Kälte gegen Dich, wegen meiner Nachlässigkeit in
Deinem Dienste, wegen meiner Sünden ist auch meine
Lehre und Ermahnung und Anleitung ohne Kraft und
Wirkung an meinen Kindern und ohne den Segen Deiner
Gnade geblieben. Und wie viel Verkehrtes, Unchristliches
und Böses haben sie von Tag zu Tag an mir wahrnehmen
müssen – zum Schaden ihrer Seele! Ueberdies sind sie
arm geblieben an Gnade, weil ich das Gebet für sie ver-
nachlässigt, oder nur so wenig, so lässig für sie gebetet habe
und mein Gebet so unwürdig war! O mein Gott, wie
wird es mir einst vor Deinem Richterstuhle ergehen, wenn
ich dann erkennen muß, daß ich denen, welche Du mir an-
vertrauet hast, um sie zu allem Guten anzuleiten, Anlaß
zur Sünde und Verkehrtheit geworden. Und wehe mir,
wenn die, welche ich zum Himmel führen sollte, durch
meine Schuld verloren gingen!

Und wie beschämt muß ich vor Dir stehen! Wie theuer
sind Dir meine Kinder; wie liebst Du sie! Was hast
Du nicht Alles für sie gethan! Deinen eingebornen Sohn
hast Du für sie hingegeben; und Dein göttlicher Sohn hat
nicht Anstand genommen, für sie die größten Leiden zu
übernehmen und selbst in den Tod zu gehen; Er hat in
Seiner h. Kirche alle Heilsgüter und alle Schätze der
Gnade hinterlassen; ja Er ist stets bereit, in der h. Com-
munion Sich selbst ihnen zu schenken, um sie zum Heile
zu führen. Und ich habe diese vor Dir so kostbaren, von
Dir so geliebten Seelen gering geachtet, verwahrloset, ja
zu ihrem Verderben beigetragen! O, ich Undankbare! Wie
habe ich Dein göttliches Vaterherz beleidigt und betrübet!

Auch aus Liebe zu mir hast Du mir den Beruf einer
Mutter gegeben. Welche kostbare Gelegenheit bietet er mir,
durch die Erfüllung meiner Pflichten an den Kindern mir
Dein göttliches Wohlgefallen, die reichsten Verdienste und
den höchsten Himmelslohn zu erwerben, ja ewig an Deiner
göttlichen Freude, die Du in der Beglückung Deiner Kin-
der verkostet, Theil zu nehmen, wenn auch ich dazu beitrüge,
daß meine Kinder zur ewigen Glückseligkeit gelangten. Und
ich habe den Absichten Deiner Vaterhuld so wenig entsprochen!

O Gott, ich habe gesündigt vor Dir. Aber jetzt bereue

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[182/0393] Aber ach, wie sehr habe ich es daran fehlen lassen. Wegen meiner Kälte gegen Dich, wegen meiner Nachlässigkeit in Deinem Dienste, wegen meiner Sünden ist auch meine Lehre und Ermahnung und Anleitung ohne Kraft und Wirkung an meinen Kindern und ohne den Segen Deiner Gnade geblieben. Und wie viel Verkehrtes, Unchristliches und Böses haben sie von Tag zu Tag an mir wahrnehmen müssen – zum Schaden ihrer Seele! Ueberdies sind sie arm geblieben an Gnade, weil ich das Gebet für sie ver- nachlässigt, oder nur so wenig, so lässig für sie gebetet habe und mein Gebet so unwürdig war! O mein Gott, wie wird es mir einst vor Deinem Richterstuhle ergehen, wenn ich dann erkennen muß, daß ich denen, welche Du mir an- vertrauet hast, um sie zu allem Guten anzuleiten, Anlaß zur Sünde und Verkehrtheit geworden. Und wehe mir, wenn die, welche ich zum Himmel führen sollte, durch meine Schuld verloren gingen! Und wie beschämt muß ich vor Dir stehen! Wie theuer sind Dir meine Kinder; wie liebst Du sie! Was hast Du nicht Alles für sie gethan! Deinen eingebornen Sohn hast Du für sie hingegeben; und Dein göttlicher Sohn hat nicht Anstand genommen, für sie die größten Leiden zu übernehmen und selbst in den Tod zu gehen; Er hat in Seiner h. Kirche alle Heilsgüter und alle Schätze der Gnade hinterlassen; ja Er ist stets bereit, in der h. Com- munion Sich selbst ihnen zu schenken, um sie zum Heile zu führen. Und ich habe diese vor Dir so kostbaren, von Dir so geliebten Seelen gering geachtet, verwahrloset, ja zu ihrem Verderben beigetragen! O, ich Undankbare! Wie habe ich Dein göttliches Vaterherz beleidigt und betrübet! Auch aus Liebe zu mir hast Du mir den Beruf einer Mutter gegeben. Welche kostbare Gelegenheit bietet er mir, durch die Erfüllung meiner Pflichten an den Kindern mir Dein göttliches Wohlgefallen, die reichsten Verdienste und den höchsten Himmelslohn zu erwerben, ja ewig an Deiner göttlichen Freude, die Du in der Beglückung Deiner Kin- der verkostet, Theil zu nehmen, wenn auch ich dazu beitrüge, daß meine Kinder zur ewigen Glückseligkeit gelangten. Und ich habe den Absichten Deiner Vaterhuld so wenig entsprochen! O Gott, ich habe gesündigt vor Dir. Aber jetzt bereue

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/393>, abgerufen am 22.11.2024.