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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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Gebet um Weisheit.*)

Wie groß, o Gott, und wie wichtig ist der Beruf, den
Du mir gegeben hast, und wie schwer seine Aufgabe: Ich
soll die Kinder, welche Du mir anvertrauet hast, ein jedes
nach seiner Art erziehen und sie zur Ablegung ihrer Fehler
und zur Uebung der christlichen Tugenden anleiten. O mein
Gott, ich bin unwissend und unvermögend. Wie soll ich
zu jeder Zeit den rechten Weg erkennen, der zum Ziele
führt, wenn Du nicht hilfst? So sende denn, o Gott des
Lichtes und der Erkenntniß, von Deinem himmlischen
Throne einen Strahl Deiner göttlichen Weisheit in mein
Herz, gleich wie Du einst dem Salomon auf sein Flehen
ein weises und einsichtsvolles Herz gegeben hast, auf daß
er sein Volk heilsam regieren könne. Erleuchte mich, auf
daß ich erkenne, wie ich meine Kinder, ein jedes nach seiner
Art, behandeln muß, damit sie von ihren Fehlern befreiet
und vor dem, was ihnen nachtheilig und gefährlich ist,
bewahrt werden; zeige mir die Mittel und Wege, sie wahr-
haft gut zu erziehen; führe mich, daß ich gleich fern bleibe
von schädlicher Nachsicht und unzeitiger Strenge; gib mir
das rechte Wort, wenn ich sie belehre, rüge und ermahne;
zeige mir Deinen h. Willen, wenn ich ihnen zu rathen
habe. So laß mich das Werk der Erziehung vollführen,
wie an Deiner Hand, der Du Deine Kinder mit unend-
licher Weisheit auf den besten Wegen ihrem Heile entgegen-
zuführen weißt.

O heiliger Geist, Du Spender der Gnaden und Gaben

*) "Salomon aber," so erzählt die h. Schrift (3. B. d. Kön. 3.) "liebte
den Herrn; und der Herr erschien ihm zur Nachtzeit im Schlafe und
sprach: Begehre, was du willst, das ich dir geben möge. Und Sa-
lomon sprach: Du hast mich, mein Herr und Gott, zum Könige ge-
macht anstatt meines Vaters David; ich aber bin noch jung und un-
erfahren; so gib denn Deinem Diener ein gelehriges Herz, daß er
Dein Volk zu regieren und zu unterscheiden wisse zwischen Gut und
Bös; denn wer vermöchte ohne dieses das Volk zu regieren, dieses
große Volk?! Und der Herr sprach zu Salomon: Weil du solches
begehrt hast, und hast um Weisheit gebeten, so hab' ich dir gethan
nach deinem Worte und dir ein weises und verständiges Herz gege-
ben."
Welche Aufforderung für die christliche Mutter zu ähnlicher
Bitte. Wird der Herr nicht auch sie erhören?
Gebet um Weisheit.*)

Wie groß, o Gott, und wie wichtig ist der Beruf, den
Du mir gegeben hast, und wie schwer seine Aufgabe: Ich
soll die Kinder, welche Du mir anvertrauet hast, ein jedes
nach seiner Art erziehen und sie zur Ablegung ihrer Fehler
und zur Uebung der christlichen Tugenden anleiten. O mein
Gott, ich bin unwissend und unvermögend. Wie soll ich
zu jeder Zeit den rechten Weg erkennen, der zum Ziele
führt, wenn Du nicht hilfst? So sende denn, o Gott des
Lichtes und der Erkenntniß, von Deinem himmlischen
Throne einen Strahl Deiner göttlichen Weisheit in mein
Herz, gleich wie Du einst dem Salomon auf sein Flehen
ein weises und einsichtsvolles Herz gegeben hast, auf daß
er sein Volk heilsam regieren könne. Erleuchte mich, auf
daß ich erkenne, wie ich meine Kinder, ein jedes nach seiner
Art, behandeln muß, damit sie von ihren Fehlern befreiet
und vor dem, was ihnen nachtheilig und gefährlich ist,
bewahrt werden; zeige mir die Mittel und Wege, sie wahr-
haft gut zu erziehen; führe mich, daß ich gleich fern bleibe
von schädlicher Nachsicht und unzeitiger Strenge; gib mir
das rechte Wort, wenn ich sie belehre, rüge und ermahne;
zeige mir Deinen h. Willen, wenn ich ihnen zu rathen
habe. So laß mich das Werk der Erziehung vollführen,
wie an Deiner Hand, der Du Deine Kinder mit unend-
licher Weisheit auf den besten Wegen ihrem Heile entgegen-
zuführen weißt.

O heiliger Geist, Du Spender der Gnaden und Gaben

*) „Salomon aber,“ so erzählt die h. Schrift (3. B. d. Kön. 3.) „liebte
den Herrn; und der Herr erschien ihm zur Nachtzeit im Schlafe und
sprach: Begehre, was du willst, das ich dir geben möge. Und Sa-
lomon sprach: Du hast mich, mein Herr und Gott, zum Könige ge-
macht anstatt meines Vaters David; ich aber bin noch jung und un-
erfahren; so gib denn Deinem Diener ein gelehriges Herz, daß er
Dein Volk zu regieren und zu unterscheiden wisse zwischen Gut und
Bös; denn wer vermöchte ohne dieses das Volk zu regieren, dieses
große Volk?! Und der Herr sprach zu Salomon: Weil du solches
begehrt hast, und hast um Weisheit gebeten, so hab' ich dir gethan
nach deinem Worte und dir ein weises und verständiges Herz gege-
ben.“
Welche Aufforderung für die christliche Mutter zu ähnlicher
Bitte. Wird der Herr nicht auch sie erhören?
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[156/0367] Gebet um Weisheit. *) Wie groß, o Gott, und wie wichtig ist der Beruf, den Du mir gegeben hast, und wie schwer seine Aufgabe: Ich soll die Kinder, welche Du mir anvertrauet hast, ein jedes nach seiner Art erziehen und sie zur Ablegung ihrer Fehler und zur Uebung der christlichen Tugenden anleiten. O mein Gott, ich bin unwissend und unvermögend. Wie soll ich zu jeder Zeit den rechten Weg erkennen, der zum Ziele führt, wenn Du nicht hilfst? So sende denn, o Gott des Lichtes und der Erkenntniß, von Deinem himmlischen Throne einen Strahl Deiner göttlichen Weisheit in mein Herz, gleich wie Du einst dem Salomon auf sein Flehen ein weises und einsichtsvolles Herz gegeben hast, auf daß er sein Volk heilsam regieren könne. Erleuchte mich, auf daß ich erkenne, wie ich meine Kinder, ein jedes nach seiner Art, behandeln muß, damit sie von ihren Fehlern befreiet und vor dem, was ihnen nachtheilig und gefährlich ist, bewahrt werden; zeige mir die Mittel und Wege, sie wahr- haft gut zu erziehen; führe mich, daß ich gleich fern bleibe von schädlicher Nachsicht und unzeitiger Strenge; gib mir das rechte Wort, wenn ich sie belehre, rüge und ermahne; zeige mir Deinen h. Willen, wenn ich ihnen zu rathen habe. So laß mich das Werk der Erziehung vollführen, wie an Deiner Hand, der Du Deine Kinder mit unend- licher Weisheit auf den besten Wegen ihrem Heile entgegen- zuführen weißt. O heiliger Geist, Du Spender der Gnaden und Gaben *) „Salomon aber,“ so erzählt die h. Schrift (3. B. d. Kön. 3.) „liebte den Herrn; und der Herr erschien ihm zur Nachtzeit im Schlafe und sprach: Begehre, was du willst, das ich dir geben möge. Und Sa- lomon sprach: Du hast mich, mein Herr und Gott, zum Könige ge- macht anstatt meines Vaters David; ich aber bin noch jung und un- erfahren; so gib denn Deinem Diener ein gelehriges Herz, daß er Dein Volk zu regieren und zu unterscheiden wisse zwischen Gut und Bös; denn wer vermöchte ohne dieses das Volk zu regieren, dieses große Volk?! Und der Herr sprach zu Salomon: Weil du solches begehrt hast, und hast um Weisheit gebeten, so hab' ich dir gethan nach deinem Worte und dir ein weises und verständiges Herz gege- ben.“ Welche Aufforderung für die christliche Mutter zu ähnlicher Bitte. Wird der Herr nicht auch sie erhören?

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Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/367>, abgerufen am 27.04.2024.