Man fehlt bei der Wahl des Standes für den Sohn, indem man zu wenig oder gar nicht Rücksicht nimmt auf die Neigung desselben. Hält man mit Recht eine gewisse Hinneigung zu diesem oder jenem Stande für ein Zeichen des Berufes zu demselben, so liegt darin zugleich eine gewisse Bürgschaft dafür, daß der Mensch in diesem Stande sich am leichtesten und meisten zufrieden finden und die Pflichten dessel- ben am besten erfüllen werde. Höchst bedenklich ist es in allen Fällen, den Sohn zu einem Stande zu drängen, dem er gradzu abhold ist.
Man fehlt bei der Wahl des Standes, indem man nicht gebührend die Gaben und Fähigkeiten des Sohnes, seine körperliche und geistige Beschaffenheit beachtet. Dadurch wird dann derselbe in einen Stand gebracht, für welchen ihm die entsprechende Begabung abgeht, für den er die nöthigen Kenntnisse und Fer- tigkeiten sich nicht erworben hat und nicht hat erwer- ben können, dessen Anforderungen er also nicht ge- wachsen ist. Wie übel für ihn und für Andere!
Es wird bei der Standeswahl dadurch gefehlt, daß man sich die Frage nicht in erwünschter Art beantwortet, ob der gewählte Stand auch hinlängliche Aussichten und Bürgschaften für das zeitliche Fort- kommen und für eine entsprechende Lebensstellung biete.
Je mehr es sich also bei der Wahl des künftigen Lebensstandes recht eigentlich um das Wohl des Soh- nes für Zeit und Ewigkeit handelt, je Mehreres dabei zu berücksichtigen steht und je schwieriger leicht ein gesichertes und richtiges Urtheil ist, desto ernster und verantwortlicher erscheint die Aufgabe des Va- ters, der eine solche Wahl leiten und vollführen soll, wichtig genug, um sie bei sich selbst in die ernsteste
Man fehlt bei der Wahl des Standes für den Sohn, indem man zu wenig oder gar nicht Rücksicht nimmt auf die Neigung desselben. Hält man mit Recht eine gewisse Hinneigung zu diesem oder jenem Stande für ein Zeichen des Berufes zu demselben, so liegt darin zugleich eine gewisse Bürgschaft dafür, daß der Mensch in diesem Stande sich am leichtesten und meisten zufrieden finden und die Pflichten dessel- ben am besten erfüllen werde. Höchst bedenklich ist es in allen Fällen, den Sohn zu einem Stande zu drängen, dem er gradzu abhold ist.
Man fehlt bei der Wahl des Standes, indem man nicht gebührend die Gaben und Fähigkeiten des Sohnes, seine körperliche und geistige Beschaffenheit beachtet. Dadurch wird dann derselbe in einen Stand gebracht, für welchen ihm die entsprechende Begabung abgeht, für den er die nöthigen Kenntnisse und Fer- tigkeiten sich nicht erworben hat und nicht hat erwer- ben können, dessen Anforderungen er also nicht ge- wachsen ist. Wie übel für ihn und für Andere!
Es wird bei der Standeswahl dadurch gefehlt, daß man sich die Frage nicht in erwünschter Art beantwortet, ob der gewählte Stand auch hinlängliche Aussichten und Bürgschaften für das zeitliche Fort- kommen und für eine entsprechende Lebensstellung biete.
Je mehr es sich also bei der Wahl des künftigen Lebensstandes recht eigentlich um das Wohl des Soh- nes für Zeit und Ewigkeit handelt, je Mehreres dabei zu berücksichtigen steht und je schwieriger leicht ein gesichertes und richtiges Urtheil ist, desto ernster und verantwortlicher erscheint die Aufgabe des Va- ters, der eine solche Wahl leiten und vollführen soll, wichtig genug, um sie bei sich selbst in die ernsteste
<TEI><text><body><div><div><div><pbfacs="#f0137"xml:id="C889V3_001_1874_pb0134_0001"n="134"/><p>Man fehlt bei der Wahl des Standes für den<lb/>
Sohn, indem man zu wenig oder gar nicht Rücksicht<lb/>
nimmt auf die Neigung desselben. Hält man mit<lb/>
Recht eine gewisse Hinneigung zu diesem oder jenem<lb/>
Stande für ein Zeichen des Berufes zu demselben,<lb/>
so liegt darin zugleich eine gewisse Bürgschaft dafür,<lb/>
daß der Mensch in diesem Stande sich am leichtesten<lb/>
und meisten zufrieden finden und die Pflichten dessel-<lb/>
ben am besten erfüllen werde. Höchst bedenklich ist<lb/>
es in allen Fällen, den Sohn zu einem Stande zu<lb/>
drängen, dem er gradzu abhold ist.</p><p>Man fehlt bei der Wahl des Standes, indem<lb/>
man nicht gebührend die Gaben und Fähigkeiten des<lb/>
Sohnes, seine körperliche und geistige Beschaffenheit<lb/>
beachtet. Dadurch wird dann derselbe in einen Stand<lb/>
gebracht, für welchen ihm die entsprechende Begabung<lb/>
abgeht, für den er die nöthigen Kenntnisse und Fer-<lb/>
tigkeiten sich nicht erworben hat und nicht hat erwer-<lb/>
ben können, dessen Anforderungen er also nicht ge-<lb/>
wachsen ist. Wie übel für ihn und für Andere!</p><p>Es wird bei der Standeswahl dadurch gefehlt,<lb/>
daß man sich die Frage nicht in erwünschter Art<lb/>
beantwortet, ob der gewählte Stand auch hinlängliche<lb/>
Aussichten und Bürgschaften für das zeitliche Fort-<lb/>
kommen und für eine entsprechende Lebensstellung biete.</p><p>Je mehr es sich also bei der Wahl des künftigen<lb/>
Lebensstandes recht eigentlich um das Wohl des Soh-<lb/>
nes für Zeit und Ewigkeit handelt, je Mehreres<lb/>
dabei zu berücksichtigen steht und je schwieriger leicht<lb/>
ein gesichertes und richtiges Urtheil ist, desto ernster<lb/>
und verantwortlicher erscheint die Aufgabe des Va-<lb/>
ters, der eine solche Wahl leiten und vollführen soll,<lb/>
wichtig genug, um sie bei sich selbst in die ernsteste<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[134/0137]
Man fehlt bei der Wahl des Standes für den
Sohn, indem man zu wenig oder gar nicht Rücksicht
nimmt auf die Neigung desselben. Hält man mit
Recht eine gewisse Hinneigung zu diesem oder jenem
Stande für ein Zeichen des Berufes zu demselben,
so liegt darin zugleich eine gewisse Bürgschaft dafür,
daß der Mensch in diesem Stande sich am leichtesten
und meisten zufrieden finden und die Pflichten dessel-
ben am besten erfüllen werde. Höchst bedenklich ist
es in allen Fällen, den Sohn zu einem Stande zu
drängen, dem er gradzu abhold ist.
Man fehlt bei der Wahl des Standes, indem
man nicht gebührend die Gaben und Fähigkeiten des
Sohnes, seine körperliche und geistige Beschaffenheit
beachtet. Dadurch wird dann derselbe in einen Stand
gebracht, für welchen ihm die entsprechende Begabung
abgeht, für den er die nöthigen Kenntnisse und Fer-
tigkeiten sich nicht erworben hat und nicht hat erwer-
ben können, dessen Anforderungen er also nicht ge-
wachsen ist. Wie übel für ihn und für Andere!
Es wird bei der Standeswahl dadurch gefehlt,
daß man sich die Frage nicht in erwünschter Art
beantwortet, ob der gewählte Stand auch hinlängliche
Aussichten und Bürgschaften für das zeitliche Fort-
kommen und für eine entsprechende Lebensstellung biete.
Je mehr es sich also bei der Wahl des künftigen
Lebensstandes recht eigentlich um das Wohl des Soh-
nes für Zeit und Ewigkeit handelt, je Mehreres
dabei zu berücksichtigen steht und je schwieriger leicht
ein gesichertes und richtiges Urtheil ist, desto ernster
und verantwortlicher erscheint die Aufgabe des Va-
ters, der eine solche Wahl leiten und vollführen soll,
wichtig genug, um sie bei sich selbst in die ernsteste
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/137>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.