setzt er hinzu, "wenn Gott euch züchtigt, so behandelt Er euch als Seine Söhne," so erweist Er, will er sagen, sich gegen euch als Vater; "die Er liebt, die züchtigt Er; Er schlägt" (sucht mit Leiden heim) "jeglichen Sohn, dessen Er sich annimmt," d. i. den Er gnädig im Guten voran und zum Heile zu führen sucht. Das könnte freilich, wie Widerspruch zu lauten scheinen: "Die Gott liebt, die züchtigt Er." Und dennoch ist es volle Wahrheit. Der Apostel erklärt's im 11. Verse: "Jegliche Züchtigung scheint zwar für den Augenblick vielmehr Anlaß zur Betrüb- niß, als zur Freude zu sein; nachher aber wird sie denen, welche durch sie" (die Züchtigung) "geübt", d. i. zur christlichen Vollkommenheit gefördert "sind, die friedenvolle Frucht der Gerechtigkeit bringen". Das Wehe und das Leid, womit Gott Seine Kinder heimsucht, um sie vor der Sünde zu bewahren, um sie von ihren bösen Neigungen los zu machen, um sie zur christlichen Vollkommenheit oder in derselben weiter zu bringen, kommt gar nicht in Vergleich mit dem Leid und Wehe, was ohne dies die Sünde über sie bringen würde, nicht in Vergleich mit dem großen Heile, was Er ihnen dadurch bereitet. Ist also die Züchtigung das Mittel zu einem solchen Heile, so ist es Erweis der göttlichen Liebe, sie anzuwenden.
Darin ist also der große Himmelsvater das er- habene Vorbild für menschliche Väter. Die von Gott, durch Gottes Gebot, durch Vorschrift und Anordnung der h. Kirche oder vom Vater selbst nach reiflicher christlicher Ueberlegung festgesetzte Regel und Ordnung des Hauses, wie auch alles das, was der Vater ver- möge seiner so viel größern, durch Erfahrung gereiften Einsicht in den einzelnen Beziehungen für das Kind
setzt er hinzu, „wenn Gott euch züchtigt, so behandelt Er euch als Seine Söhne,“ so erweist Er, will er sagen, sich gegen euch als Vater; „die Er liebt, die züchtigt Er; Er schlägt“ (sucht mit Leiden heim) „jeglichen Sohn, dessen Er sich annimmt,“ d. i. den Er gnädig im Guten voran und zum Heile zu führen sucht. Das könnte freilich, wie Widerspruch zu lauten scheinen: „Die Gott liebt, die züchtigt Er.“ Und dennoch ist es volle Wahrheit. Der Apostel erklärt's im 11. Verse: „Jegliche Züchtigung scheint zwar für den Augenblick vielmehr Anlaß zur Betrüb- niß, als zur Freude zu sein; nachher aber wird sie denen, welche durch sie“ (die Züchtigung) „geübt“, d. i. zur christlichen Vollkommenheit gefördert „sind, die friedenvolle Frucht der Gerechtigkeit bringen“. Das Wehe und das Leid, womit Gott Seine Kinder heimsucht, um sie vor der Sünde zu bewahren, um sie von ihren bösen Neigungen los zu machen, um sie zur christlichen Vollkommenheit oder in derselben weiter zu bringen, kommt gar nicht in Vergleich mit dem Leid und Wehe, was ohne dies die Sünde über sie bringen würde, nicht in Vergleich mit dem großen Heile, was Er ihnen dadurch bereitet. Ist also die Züchtigung das Mittel zu einem solchen Heile, so ist es Erweis der göttlichen Liebe, sie anzuwenden.
Darin ist also der große Himmelsvater das er- habene Vorbild für menschliche Väter. Die von Gott, durch Gottes Gebot, durch Vorschrift und Anordnung der h. Kirche oder vom Vater selbst nach reiflicher christlicher Ueberlegung festgesetzte Regel und Ordnung des Hauses, wie auch alles das, was der Vater ver- möge seiner so viel größern, durch Erfahrung gereiften Einsicht in den einzelnen Beziehungen für das Kind
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setzt er hinzu, „wenn Gott euch züchtigt, so behandelt
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sagen, sich gegen euch als Vater; „die Er liebt,
die züchtigt Er; Er schlägt“ (sucht mit Leiden heim)
„jeglichen Sohn, dessen Er sich annimmt,“ d. i. den
Er gnädig im Guten voran und zum Heile zu führen
sucht. Das könnte freilich, wie Widerspruch zu lauten
scheinen: „Die Gott liebt, die züchtigt Er.“ Und
dennoch ist es volle Wahrheit. Der Apostel erklärt's
im 11. Verse: „Jegliche Züchtigung scheint zwar
für den Augenblick vielmehr Anlaß zur Betrüb-
niß, als zur Freude zu sein; nachher aber wird sie
denen, welche durch sie“ (die Züchtigung) „geübt“,
d. i. zur christlichen Vollkommenheit gefördert „sind,
die friedenvolle Frucht der Gerechtigkeit bringen“.
Das Wehe und das Leid, womit Gott Seine Kinder
heimsucht, um sie vor der Sünde zu bewahren, um
sie von ihren bösen Neigungen los zu machen, um
sie zur christlichen Vollkommenheit oder in derselben
weiter zu bringen, kommt gar nicht in Vergleich mit
dem Leid und Wehe, was ohne dies die Sünde über
sie bringen würde, nicht in Vergleich mit dem großen
Heile, was Er ihnen dadurch bereitet. Ist also die
Züchtigung das Mittel zu einem solchen Heile, so ist
es Erweis der göttlichen Liebe, sie anzuwenden.
Darin ist also der große Himmelsvater das er-
habene Vorbild für menschliche Väter. Die von Gott,
durch Gottes Gebot, durch Vorschrift und Anordnung
der h. Kirche oder vom Vater selbst nach reiflicher
christlicher Ueberlegung festgesetzte Regel und Ordnung
des Hauses, wie auch alles das, was der Vater ver-
möge seiner so viel größern, durch Erfahrung gereiften
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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/108>, abgerufen am 23.11.2024.
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