oder weniger Gott seyn, als er ist. Nichts entsteht, nichts vergeht in seinem nothwendigen und voll- kommensten Wesen; jede seiner Eigenschaften, jeder seiner Gedanken, jede seiner Entschließungen und Rathschlüsse, eins ist so ewig als das andre; nichts ist früher oder später in dem Unendlichen. Jn Gott ist nichts vergangen, nichts zukünftig; er weiß alles Vergangene; er weiß alles Zukünf- tige; aber er weiß es allezeit, und alles allezeit, wie es ist; er empfängt niemals neue Vorstellun- gen; er fasset niemals neue Rathschlüsse und Vorsätze, wie niemals Vorstellungen ihm ver- dunkelt, niemals die Entschließungen seines Wil- lens verändert werden, ob sie gleich sich in der Zeit offenbaren und nach der Verschiedenheit sei- ner endlichen Geschöpfe und ihres Zustandes ver- schieden sind.
Welch ein tiefer, unermeßlicher Abgrund ist nicht die Ewigkeit Gottes für meinen schwachen und eingeschränkten Verstand! Darf ich mich verwundern, daß ich keiner sinnlichen Vorstellung davon fähig bin; daß ich mir durch meine Ein- bildung keinen Begriff davon machen kann, kei- nen Begriff, der aus einer Errinnerung ähnlicher Dinge entstünde, welche ich durch die Empfin- dung der Sinne erkenne? Wo ist in mir oder in
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oder weniger Gott ſeyn, als er iſt. Nichts entſteht, nichts vergeht in ſeinem nothwendigen und voll- kommenſten Weſen; jede ſeiner Eigenſchaften, jeder ſeiner Gedanken, jede ſeiner Entſchließungen und Rathſchlüſſe, eins iſt ſo ewig als das andre; nichts iſt früher oder ſpäter in dem Unendlichen. Jn Gott iſt nichts vergangen, nichts zukünftig; er weiß alles Vergangene; er weiß alles Zukünf- tige; aber er weiß es allezeit, und alles allezeit, wie es iſt; er empfängt niemals neue Vorſtellun- gen; er faſſet niemals neue Rathſchlüſſe und Vorſätze, wie niemals Vorſtellungen ihm ver- dunkelt, niemals die Entſchließungen ſeines Wil- lens verändert werden, ob ſie gleich ſich in der Zeit offenbaren und nach der Verſchiedenheit ſei- ner endlichen Geſchöpfe und ihres Zuſtandes ver- ſchieden ſind.
Welch ein tiefer, unermeßlicher Abgrund iſt nicht die Ewigkeit Gottes für meinen ſchwachen und eingeſchränkten Verſtand! Darf ich mich verwundern, daß ich keiner ſinnlichen Vorſtellung davon fähig bin; daß ich mir durch meine Ein- bildung keinen Begriff davon machen kann, kei- nen Begriff, der aus einer Errinnerung ähnlicher Dinge entſtünde, welche ich durch die Empfin- dung der Sinne erkenne? Wo iſt in mir oder in
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oder weniger Gott ſeyn, als er iſt. Nichts entſteht,
nichts vergeht in ſeinem nothwendigen und voll-
kommenſten Weſen; jede ſeiner Eigenſchaften,
jeder ſeiner Gedanken, jede ſeiner Entſchließungen
und Rathſchlüſſe, eins iſt ſo ewig als das andre;
nichts iſt früher oder ſpäter in dem Unendlichen.
Jn Gott iſt nichts vergangen, nichts zukünftig;
er weiß alles Vergangene; er weiß alles Zukünf-
tige; aber er weiß es allezeit, und alles allezeit,
wie es iſt; er empfängt niemals neue Vorſtellun-
gen; er faſſet niemals neue Rathſchlüſſe und
Vorſätze, wie niemals Vorſtellungen ihm ver-
dunkelt, niemals die Entſchließungen ſeines Wil-
lens verändert werden, ob ſie gleich ſich in der
Zeit offenbaren und nach der Verſchiedenheit ſei-
ner endlichen Geſchöpfe und ihres Zuſtandes ver-
ſchieden ſind.
Welch ein tiefer, unermeßlicher Abgrund iſt
nicht die Ewigkeit Gottes für meinen ſchwachen
und eingeſchränkten Verſtand! Darf ich mich
verwundern, daß ich keiner ſinnlichen Vorſtellung
davon fähig bin; daß ich mir durch meine Ein-
bildung keinen Begriff davon machen kann, kei-
nen Begriff, der aus einer Errinnerung ähnlicher
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/406>, abgerufen am 24.11.2024.
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