aufrichtige und eifrige Liebe gegen meine Brü- der zu einem Kennzeichen meiner Liebe gegen ihn. Sie können meiner Liebe bedürfen, und mei- ner Liebe würdig seyn. Jhre Bedürfnisse sol- len mich reizen, ihnen mit den Gaben, die mir Gott verliehen hat, beyzustehen, ihre Vollkom- menheit und Wohlfarth zu befördern. Jhre Vorzüge sollen mich nicht zum Neide versuchen, sondern mich aufmuntern, Gott, der sie ihnen gegeben hat, zu preisen, und mich zu freuen, daß er so gnädig gegen seine Menschen ist. Aber aus Zuneigung, Liebe und Freundschaft gegen sie will ich niemals vergessen, daß ich meinem Schöpfer und unendlichen Wohlthäter meine höchste Zuneigung schuldig bin. Nichts außer dem einigen wahren Gott, nichts außer dem Vater, und seinem eingebohrnen Sohne, und seinem heiligen Geiste will ich über alles lieben. Der Mensch rühme sich, wie er will, daß er nur den Einigen wahren Gott erkenne, verehre, an- bete und liebe; er baue immerhin keinem Geschö- pfe Altäre und Tempel, falle vor keinem Götzen- bilde nieder, ist er darum weniger strafbar, als der Abgötter, wenn er die Ehre bey den Men- schen mehr liebt, als die Ehre bey Gott; wenn Sinnlichkeit, Wollust und Geiz die Götzen sei- nes Herzens sind; wenn er die Wohlthaten seines
Gottes
aufrichtige und eifrige Liebe gegen meine Brü- der zu einem Kennzeichen meiner Liebe gegen ihn. Sie können meiner Liebe bedürfen, und mei- ner Liebe würdig ſeyn. Jhre Bedürfniſſe ſol- len mich reizen, ihnen mit den Gaben, die mir Gott verliehen hat, beyzuſtehen, ihre Vollkom- menheit und Wohlfarth zu befördern. Jhre Vorzüge ſollen mich nicht zum Neide verſuchen, ſondern mich aufmuntern, Gott, der ſie ihnen gegeben hat, zu preiſen, und mich zu freuen, daß er ſo gnädig gegen ſeine Menſchen iſt. Aber aus Zuneigung, Liebe und Freundſchaft gegen ſie will ich niemals vergeſſen, daß ich meinem Schöpfer und unendlichen Wohlthäter meine höchſte Zuneigung ſchuldig bin. Nichts außer dem einigen wahren Gott, nichts außer dem Vater, und ſeinem eingebohrnen Sohne, und ſeinem heiligen Geiſte will ich über alles lieben. Der Menſch rühme ſich, wie er will, daß er nur den Einigen wahren Gott erkenne, verehre, an- bete und liebe; er baue immerhin keinem Geſchö- pfe Altäre und Tempel, falle vor keinem Götzen- bilde nieder, iſt er darum weniger ſtrafbar, als der Abgötter, wenn er die Ehre bey den Men- ſchen mehr liebt, als die Ehre bey Gott; wenn Sinnlichkeit, Wolluſt und Geiz die Götzen ſei- nes Herzens ſind; wenn er die Wohlthaten ſeines
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aufrichtige und eifrige Liebe gegen meine Brü-
der zu einem Kennzeichen meiner Liebe gegen ihn.
Sie können meiner Liebe bedürfen, und mei-
ner Liebe würdig ſeyn. Jhre Bedürfniſſe ſol-
len mich reizen, ihnen mit den Gaben, die mir
Gott verliehen hat, beyzuſtehen, ihre Vollkom-
menheit und Wohlfarth zu befördern. Jhre
Vorzüge ſollen mich nicht zum Neide verſuchen,
ſondern mich aufmuntern, Gott, der ſie ihnen
gegeben hat, zu preiſen, und mich zu freuen,
daß er ſo gnädig gegen ſeine Menſchen iſt. Aber
aus Zuneigung, Liebe und Freundſchaft gegen
ſie will ich niemals vergeſſen, daß ich meinem
Schöpfer und unendlichen Wohlthäter meine
höchſte Zuneigung ſchuldig bin. Nichts außer
dem einigen wahren Gott, nichts außer dem
Vater, und ſeinem eingebohrnen Sohne, und
ſeinem heiligen Geiſte will ich über alles lieben.
Der Menſch rühme ſich, wie er will, daß er nur
den Einigen wahren Gott erkenne, verehre, an-
bete und liebe; er baue immerhin keinem Geſchö-
pfe Altäre und Tempel, falle vor keinem Götzen-
bilde nieder, iſt er darum weniger ſtrafbar, als
der Abgötter, wenn er die Ehre bey den Men-
ſchen mehr liebt, als die Ehre bey Gott; wenn
Sinnlichkeit, Wolluſt und Geiz die Götzen ſei-
nes Herzens ſind; wenn er die Wohlthaten ſeines
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/393>, abgerufen am 22.11.2024.
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